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Kitzingen: Kirchenasyl-Prozess: Freispruch für Mönch aus Münsterschwarzach

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Kirchenasyl-Prozess: Freispruch für Mönch aus Münsterschwarzach

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    Bruder Abraham musste sich vor dem Amtsgericht Kitzingen wegen der Gewährung von Kirchenasyl verantworten. Es war die erste Verhandlung dieser Art gegen einen Ordensangehörigen in Bayern.
    Bruder Abraham musste sich vor dem Amtsgericht Kitzingen wegen der Gewährung von Kirchenasyl verantworten. Es war die erste Verhandlung dieser Art gegen einen Ordensangehörigen in Bayern. Foto: Frank Weichhan

    Am Ende wirkte es wie die berühmte Luther-Szene auf dem Wormser Reichstag im Jahr 1521: "Hier stehe ich. Ich kann nicht anders." Umgemünzt auf Bruder Abraham würde der Spruch lauten: Ich stehe dazu, einem Flüchtling Kirchenasyl gewährt zu haben. Ich konnte nicht anders. Mehr noch: Auf die Frage des Gerichts, ob denn die mögliche Höchststrafe von neun Monaten nicht abschreckend sei, betonte der Benediktiner aus dem Kloster Münsterschwarzach (Lkr. Kitzingen), dass ihn das nicht schrecken könne: "Das wäre es mir wert!"

    So weit wird es nicht kommen: Das Kirchenasyl-Verfahren am Kitzinger Amtsgericht vor Richterin Patricia Finkenberger endete mit einem Freispruch. Im Mittelpunkt hatte der Vorwurf der "Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ohne erforderlichen Aufenthaltstitel" gestanden. Es war die erste Verhandlung dieser Art gegen einen Ordensangehörigen in Bayern – und sie endete mit einem Paukenschlag. Das Urteil dürfte wegweisende Bedeutung haben.

    Der 25-Jährige aus Gaza war über Rumänien eingereist

    Die Rollen in dem Verfahren waren klar verteilt: Auf der einen Seite der Staat, der sich nicht bieten lassen will, dass Flüchtlinge, die abgeschoben werden müssten, von der Kirche geschützt werden. In dem konkreten Fall war es um einen 25-Jährigen aus Gaza mit ungeklärter Staatsangehörigkeit gegangen. Er war über Rumänien nach Europa eingereist und hätte dort auch sein Asylverfahren abwarten müssen. Er schlug sich jedoch im Frühjahr 2020 nach Deutschland durch, um hier Asyl zu beantragen.

    Der weitere Gang der Dinge wäre gewesen: Der Flüchtling wäre innerhalb von sechs Monaten zurück nach Rumänien abgeschoben worden. Was aber nicht ging, weil er sich während dieser Zeit im Kirchenasyl in Münsterschwarzach befand. Nach den sechs Monaten hat der 25-Jährige nun aber das Recht auf ein Asylverfahren in Deutschland – und genau das passiert im Moment: Er hat das Kirchenasyl in Münsterschwarzach inzwischen verlassen und befindet sich in einer Aufnahmeeinrichtung in Mittelfranken, um dort das reguläre Verfahren zu durchlaufen.

    Für die Staatsanwaltschaft ein Unding: Es gebe "eine eindeutige Rechtslage", die von dem Kloster "bewusst umgangen wurde". Bei Kirchenasyl gestehe der Staat zudem ein besonderes Prüfungsverfahren zu, in dem der Härtefall noch einmal genau angeschaut werde. Dies sei hier auch geschehen. Das Ergebnis habe erneut gelautet: kein Verfahren in Deutschland, zurück nach Rumänien. Das habe insbesondere Bruder Abraham als Koordinator der Flüchtlingsarbeit im Kloster verhindert. Die Forderung der Staatsanwaltschaft: eine Geldstrafe über 2400 Euro (60 Tagessätze zu je 40 Euro).   

    Die Abtei hatte sich 2014 entschieden, in Notfällen zu helfen

    Die Verteidigung forderte einen Freispruch. Bruder Abraham, der bürgerlich Armin Sauer heißt, aus dem Landkreis Main-Spessart stammt und dem Orden seit 1997 angehört, erläuterte dem Gericht ausführlich, wie er zum Koordinator für die Flüchtlingsfrage wurde. Die Abtei habe sich 2014 prinzipiell entschieden, in begründeten Notfällen zu helfen und dafür ein Platzangebot geschaffen. Seiher werde regelmäßig Kirchenasyl gewährt. Sich für die Menschen am Rande der Gesellschaft einzusetzen, habe etwas "mit christlichen Werten" zu tun.

    Der Orden sei sich vom Abt bis zum Ältestenrat bewusst gewesen, dass die Gewährung von Kirchenasyl für Flüchtlinge für Ärger mit Behörden sorgen würde. Man melde die Daten der Flüchtlinge zwar den Behörden, greifbar seien sie jedoch nicht. Dies sei eine Übereinkunft zwischen Staat und Kirche. Und: Man kümmere ich wirklich nur um "einzelne, wohlbegründete Fälle". Hier gehe es darum, "die Menschenwürde zu erhalten". Diese gebe es in einigen osteuropäischen Staaten wie Rumänien oder Ungarn nicht, betonte der 49-jährige Mönch.

    Man lote zudem vorher immer andere Möglichkeiten aus; das Kirchenasyl sei immer nur "der letzte Weg", betonte der Ordensmann. Und sein Verteidiger ergänzte: Am Ende stünden die Gewissensfreiheit und die innere Überzeugung. Und das bedeute: "Der Sinn staatlichen Strafens greift hier nicht."

    Gericht: Gewissensfreiheit ist ein schrankenloses Grundrecht

    So ähnlich argumentierte am Ende auch das Gericht und stärkte mit dem Freispruch dem Kirchenasyl den Rücken. Der Angeklagte habe zwar die Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt, wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt, rechtswidrig begangen. Die Gewissensfreiheit sei jedoch "ein schrankenloses Grundrecht".

    Bruder Abraham habe gar nicht anders gekonnt, als seinem Gewissen zu folgen und zu helfen. Es sei "ein Handeln ohne Schuld" gewesen, wofür er letztlich nicht bestraft werden sollte. Die "glaubhafte Berufung auf das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit" schließe eine Bestrafung in diesem Fall aus.

    Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft könnte gegen das Urteil Berufung oder direkt Revision einlegen.

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