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Kitzingen: Kitzinger Feuerwehr-Kommandant über die  Angriffe in der Silvesternacht: "Diese Dimension ist für uns neu"

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Kitzinger Feuerwehr-Kommandant über die  Angriffe in der Silvesternacht: "Diese Dimension ist für uns neu"

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    Kitzingens Feuerwehrkommandant Matthias Gernert.
    Kitzingens Feuerwehrkommandant Matthias Gernert. Foto: Hans Will

    Während in der Silvesternacht noch einzelne Raketen den Himmel über der Alten Mainbrücke in Kitzingen erleuchteten, hatte die Feuerwehr unten am Mainkai um 0.30 Uhr den ersten Einsatz des Jahres. Und erlebte dabei Erschreckendes: Unbekannte bewarfen ein Einsatzauto mit Böllern und eine Richtung Drehleiter abgeschossene Rakete explodierte kurz vor dem Maschinisten.

    Im Interview spricht nun Kitzingens Feuerwehrkommandant Matthias Gernert über die Angriffe in dieser Nacht. Und der 61-Jährige erklärt, warum diese eine neue Nummer waren für Kitzingen.

    Frage: Wie haben Sie als Kommandant und Einsatzleiter die Silvesternacht in Kitzingen erlebt?

    Matthias Gernert: Es ging ja schon los bei der Anfahrt an die Brandstelle. Man musste teilweise Slalom fahren durch die Stadt, weil auf den Straßen Raketen-Batterien standen und abgefeuert wurden. Unser zuständiger Kreisbrandmeister ist bei der Anfahrt mit seinem Privatauto, das als Sonderfahrzeug gekennzeichnet war, mit drei Raketen beschossen worden.

    Konnten Sie dann problemlos zur Brandstelle am Mainkai fahren?

    Gernert: Unten am Mainkai war das große Problem, das sich dort viele Personen aufhielten. Wir mussten auf den Balkon hoch und brauchten dafür die Drehleiter, weil wir vorne über das Gebäude nicht herankamen. Als das Löschgruppenfahrzeug dorthin fahren wollte, meinten einige Feierlustige, sie müssten unbedingt ihre Böller hinter dem Fahrzeug zünden und waren dann noch stinkig, dass wir da jetzt rückwärts fahren und sie stören.

    Beim Einsatz der Kitzinger Feuerwehr in der Silvesternacht am Mainkai (im Bild zu sehen) haben Unbekannte eine Rakete auf die Drehleiter geschossen.
    Beim Einsatz der Kitzinger Feuerwehr in der Silvesternacht am Mainkai (im Bild zu sehen) haben Unbekannte eine Rakete auf die Drehleiter geschossen. Foto: Hans Will

    Aber es kam noch schlimmer?

    Gernert: Ja! Die Krönung war, dass die Rakete auf die Leiter geschossen worden ist und wirklich kurz vor dem Gesicht von Stefan (Münch) explodiert ist. Und so etwas kann im wahrsten Sinne des Wortes voll ins Auge gehen. Damit rechnest Du ja nicht.

    Erleben Sie so etwas öfters bei Einsätzen?

    Gernert: In dem Ausmaß nicht. In der Silvesternacht hatten wir schon des Öfteren Einsätze, der bekannteste ist ja der Kitzinger Rathausbrand an Silvester 1984. Da hat man dann man automatisch unheimlich viele Schaulustige und Feuerwehr-Interessierte auf den Straßen, das ist ganz normal. Dass man diese manchmal in die Schranken weisen muss, ist auch normal. Aber dass ein solches Unverständnis herrscht und wir die Leute auf die Seite jagen müssen und diese den Einsatz sogar noch in der Anfangsphase behindern, das ist eine ganz neue Nummer.

    Die Rakete, die Unbekannte auf die Drehleiter der Kitzinger Feuerwehr geschossen haben, blieb darin stecken. Sie explodierte kurz vor Stefan Münch, der die Drehleiter bediente.
    Die Rakete, die Unbekannte auf die Drehleiter der Kitzinger Feuerwehr geschossen haben, blieb darin stecken. Sie explodierte kurz vor Stefan Münch, der die Drehleiter bediente. Foto: Stefan Münch

    Von Zuständen wie in der Hauptstadt sind wir also noch weit entfernt?

    Gernert: Wir hatten so etwas zuvor tatsächlich noch nicht gehabt. Man hört das aus Großstädten wie Berlin oder Hamburg, wo gezielt Rettungskräfte angegriffen wurden. Wir sind hier in Kitzingen ja sozusagen in der Provinz, diese Dimension ist für uns neu. Und dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.

    Immerhin scheinen das viele Menschen ebenso zu verurteilen, wenn man sich die Kommentare zum Einsatzbericht auf der Facebook-Seite der Kitzinger Feuerwehr anschaut.

    Gernert: Ich bin mir sicher, dass der Großteil der feiernden Menschen in der Silvesternacht gut drauf ist und dass diese nichts Vergleichbares im Schilde führen. Da agieren Einzelne aus der Masse heraus und schießen Raketen ab. Denen wird die Polizei nicht habhaft, obwohl sie stark vertreten war in Kitzingen in der Silvesternacht.

    Silvesterparty auf der Alten Mainbrücke in Kitzingen: Am Mainkai nebenan gab es kurz nach Mitternacht einen Feuerwehreinsatz, bei dem die Feuerwehr behindert und mit einer Rakete beschossen wurde.
    Silvesterparty auf der Alten Mainbrücke in Kitzingen: Am Mainkai nebenan gab es kurz nach Mitternacht einen Feuerwehreinsatz, bei dem die Feuerwehr behindert und mit einer Rakete beschossen wurde. Foto: Hans Will

    Wären  Sie für ein generelles Böllerverbot an Silvester?

    Gernert: Wenn ich mir die Bilder aus Berlin anschaue, wäre ich dafür. Aber auf der anderen Seite konnte man wegen der Corona-Zwangspause jetzt zwei Jahre nicht richtig feiern. Ich verstehe, dass die Menschen das jetzt wieder machen und auch ihre Raketen abfeuern wollen, aber das kann man alles mit Maß und Ziel tun. Dafür sind Plätze ausgewiesen und wenn man das vernünftig nach oben steigen lässt, wird niemand gefährdet. Aber wer gezielt auf Menschen schießt, sollte härter bestraft werden. Da müsste die Politik handeln.

    Haben Sie als Kitzinger Feuerwehrkommandant einen Wunsch fürs neue Jahr?

    Gernert: Ich wünsche mir, dass so etwas ein einzelner Vorfall bleibt bei uns in Kitzingen. Und dass solche Angriffe deutschlandweit nicht mehr passieren. Die Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehr machen das ja alles für Gottes Lohn und freiwillig, da bekommt keiner irgendeinen Cent dafür. Deshalb wünschen wir uns mehr Verständnis für unsere Arbeit und wir als Rettungskräfte möchten dabei respektiert werden – und nicht auch noch behindert oder angegriffen.

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