Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kitzingen
Icon Pfeil nach unten

Nordheim/Volkach: Mehrweg für Frankenwein: Warum gibt es kein Pfand auf Bocksbeutel und andere Weinflaschen?

Nordheim/Volkach

Mehrweg für Frankenwein: Warum gibt es kein Pfand auf Bocksbeutel und andere Weinflaschen?

    • |
    • |
    Die allermeisten geleerten Weinflaschen landen im Altglascontainer. Ein Pfandsystem könnte Abhilfe schaffen - warum nicht in Franken?
    Die allermeisten geleerten Weinflaschen landen im Altglascontainer. Ein Pfandsystem könnte Abhilfe schaffen - warum nicht in Franken? Foto: Thomas Obermeier

    Steigende Glaspreise und das Streben nach mehr Nachhaltigkeit bringen die Weinflasche in Verruf. Eine Pfandpflicht für Weinflaschen gibt es nicht. Das Wegwerf-Produkt, das unter großer Hitze und mit viel Energie wieder eingeschmolzen wird, passt nicht mehr in die Zeit. Erste Biowinzer fordern deshalb ein Pfandsystem - auch in Franken. 

    Warum gibt es kein Pfand auf Weinflaschen? 

    Pfand auf Weinflaschen - gar nicht so einfach, heißt es beim fränkische Weinbauverband. Im Weinbereich gebe es rund 250 Flaschenvarianten, die sich in Form, Farbe, Größe und Gewicht unterscheiden. Und an einem Pfandsystem müsse sich auch der Lebensmittelhandel beteiligen, damit die Flaschen nicht nur beim Winzer zurückgegeben werden können. 

    Manfred Rothe, Biowinzer aus Nordheim (Lkr. Kitzingen), hätte sich gerne in diesem Jahr schon einem Mehrweg-System angeschlossen, um seinen Wein in Pfandflaschen zu vermarkten. Einer müsse nun mal den Anfang machen, sagt Rothe. Doch die Hürden seien hoch, in diesem Jahr werde er es nicht mehr schaffen. Für einzelne Winzer sei es sehr teuer, in ein Pfandsystem einzusteigen. Dazu kämen logistische Probleme: Schon die leeren Pfandflaschen, stehend in Kisten, bräuchten doppelt soviel Platz. 

    Über die Hälfte des CO₂-Fußabdrucks macht die Einweg-Glasflasche aus. Erste Biowinzer in Franken fordern deshalb ein Mehrwegsystem. 
    Über die Hälfte des CO₂-Fußabdrucks macht die Einweg-Glasflasche aus. Erste Biowinzer in Franken fordern deshalb ein Mehrwegsystem.  Foto: Thomas Obermeier

    Gibt es Pfandsystem in anderen Weinregionen?

    In Baden-Württemberg werden seit Jahrzehnten Literflaschen für Wein mit einem Pfand versehen. Sie können beim Winzer oder Händler abgegeben werden. Die "Interessengemeinschaft Mehrweg eG" aus Möglingen (Kreis Ludwigsburg) lässt die Flaschen von einer Servicegesellschaft spülen und bringt sie wieder in Umlauf. Pro Jahr werden den Angaben zufolge knapp 26 Millionen Literflaschen gespült. 2023 wurde das System um die 0,75-Liter Schlegelflaschen erweitert.

    Wie stark belasten Wegwerfflaschen die Umwelt? 

    "Die Flasche versaut uns den ganzen CO₂-Fußabdruck", sagt Biowinzer Manfred Rothe. Dr. Helena Ponstein, Agrarwissenschaftlerin aus der rheinland-pfälzischen Weinstadt Boppard, hat effektive Klimaschutzmaßnahmen im Weinbau untersucht und berät Winzer in Sachen Klimaschutz. Bei den fränkischen Weinbautagen 2023 zeigte sie auf, dass die Verpackung mit Flasche, Etikett und  Verschluss für 57 Prozent der CO₂-Emissionen beim Wein verantwortlich sei. Eine einmalig genutzte Glasflasche zu zerschlagen und einzuschmelzen sei weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, sagt Ponstein. Pfandflaschen wären eine sehr gute Lösung. Er wäre sofort dabei, sagt der Würzburger Biowinzer Ludwig Knoll.

    Weniger CO₂-Ausstoß: Ist leichteres Glas eine Alternative?

    Winzer Manfred Rothe setzt nun erst einmal auf Leichtglasflaschen. Manche großen Weine würden in üppiges Glas gefüllt, das mehr wiege als der Inhalt selbst. "Hier darf die Eitelkeit dem Umweltgedanken nicht länger im Wege stehen." Alle im Verband der Prädikatsweingüter (VDP) zusammengeschlossenen Weingüter haben sich dazu verpflichtet, bis 2025 ihre Gutsweine in Leichtglasflaschen abzufüllen. Das Würzburger Juliusspital, das zum VDP gehört, fülle auch höherwertige Weinlinien in leichtere Burgunderflaschen ab, sagt Weingutsleiter Joachim Brand.

    Wie bei Bier und anderen Getränken: Ist Wein aus der Dose eine Alternative?

    Eine weitere Alternative seien Bag-in-Box-Verpackungen, also Weinschläuche im Karton, sagt Expertin Helena Ponstein. In skandinavischen Ländern würden bereits über 50 Prozent aller Weine so verkauft. Bei Glasflaschen wiege schon der Drehverschluss so viel wie eine ganze Getränkedose, sagt Joachim Brand. Das spreche aus Gründen der Nachhaltigkeit eigentlich für eine Abfüllung auf Getränkedosen. Das könne er sich allerdings höchstens für spezielle Produkte und Zielgruppen vorstellen, meint der Leiter des Juliusspitals.

    Im Fass zum Kunden: Michael Herbig bei der KEG-Fassabfüllung im Weingut Juliusspital.
    Im Fass zum Kunden: Michael Herbig bei der KEG-Fassabfüllung im Weingut Juliusspital. Foto: Silvia Gralla

    Fast zehn Prozent der Juliusspital-Weine kämen gar nicht mehr über die Flasche zum Konsumenten, sagt Brand. Sie würden für die Gastronomie in Mehrwegfässer abgefüllt, die auf der eigenen Abfüllanlage gereinigt und wieder befüllt würden. 

    Spülmaschine: Können Weinflaschen in Franken gespült werden? 

    Seit 1985 spült die Firma Höfer in Volkach (Lkr. Kitzingen) Wein- und andere Flaschen für die Wiederverwendung. Bis zu einer gewissen Höhe können hier alle Größen gereinigt werden, sagt Betriebsleiter Christian Höfer. Doch immer weniger Winzer und Weinbaubetriebe würden den Service nutzen.

    Die große Spülanlage der Firma Höfer in Volkach steht inzwischen öfter still, als dass sie läuft. Vorne rechts sind die gelben Flaschenzellen zu sehen, in denen die Flaschen gespült werden
    Die große Spülanlage der Firma Höfer in Volkach steht inzwischen öfter still, als dass sie läuft. Vorne rechts sind die gelben Flaschenzellen zu sehen, in denen die Flaschen gespült werden Foto: Thomas Obermeier

    Bis zu 40.000 Flaschen schaffe die Anlage am Tag, sagt Höfer. Früher sei sie an fünf oder sechs Tagen in der Woche gelaufen - heute gerade noch an zwei Tagen und selbst das nicht das ganze Jahr über. Maximal eine Million Flaschen würden pro Jahr noch gereinigt und ausgeliefert. Um den Betrieb zu sichern, arbeitet die Volkacher Firma auch mit kleinen Brauereien, Saftabfüllern und Brennereien zusammen.

    Größtes Problem für Höfer: Die neuen selbstklebenden Permanent-Haftetiketten seien meist gar nicht oder nur in mühsamer Handarbeit ablösbar.Viele Flaschen, die zum Spülen kommen, würden deshalb im Altglas landen, sagt der Firmenchef. Auch die neuen verlängerten Drehverschlüsse würden Mehrarbeit bedeuten, weil sie nicht automatisch abgedreht werden könnten. 

    Christian Höfer mit einer Weinflasche, die er nach dem Spülen entsorgen muss: Der Kleber des Permanent-Etiketts hat sich nicht abgelöst.
    Christian Höfer mit einer Weinflasche, die er nach dem Spülen entsorgen muss: Der Kleber des Permanent-Etiketts hat sich nicht abgelöst. Foto: Thomas Obermeier

    Warum gibt es kein fränkisches Bocksbeutel-Pfand?

    Mit dem Bocksbeutel habe Franken eine echte Chance, zumindest beim regionalen Verbrauch ein Kreislaufsystem zu etablieren, sagt Helena Ponstein. Winzer und Weinbauverwand verweisen jedoch auf die Schwachstellen: "Viel zu anfällig" sei die Flaschenform, sagt Manfred Rothe, der Bocksbeutel würde nur wenige Wiederbefüllungen aushalten. Joachim Brand sieht auch den nötigen Rücklauf der leeren Bocksbeutel nicht ausreichend gegeben. Frankenwein ist beliebt - und die typischen Flaschen verlassen oft als Geschenk die Region. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden