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Kitzingen: Milliardenumsätze mit Bordnetzen

Kitzingen

Milliardenumsätze mit Bordnetzen

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    Leoni ist seit 50 Jahren in Kitzingen: Das Werk wurde für 30 Millionen Euro erweitert und erneuert, die dort ansässige Bordnetzsparte macht 2017 rund drei Milliarden Euro Umsatz.
    Leoni ist seit 50 Jahren in Kitzingen: Das Werk wurde für 30 Millionen Euro erweitert und erneuert, die dort ansässige Bordnetzsparte macht 2017 rund drei Milliarden Euro Umsatz. Foto: Foto: Leoni AG

    Der M-Dax-Konzern Leoni feiert 2017 Doppeljubiläum: Vor 100 Jahren wurden die Leonischen Kabelwerke in Nürnberg gegründet. Und seit 50 Jahren ist Kitzingen Hauptstandort der Bordnetzsparte: Dort erzielt Leoni mit ganzen Kabelsätzen, die in Autos verbaut werden, Milliardenumsätze. Gespräch mit Standortleiter Michael Rummel über autonomes Fahren, Forschung und Entwicklung, Nähe zum Standort und ein Sommerfest mit 2500 Gästen.

    Frage: Leoni feiert 100 Jahre am Stammsitz Nürnberg, 50 in Kitzingen. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Kitzingen die 100 ebenfalls schafft?

    Michael Rummel: Kitzingen ist die Zentrale des Bordnetzbereichs, die Kopfeinheit. Daran wird sich nichts ändern. Wir forschen und entwickeln, aktuelle Schwerpunkte sind Digitalisierung und Automatisierung. Noch gibt es bei Bordnetzen viel Handarbeit, wir sind dabei, einzelne Schritte über Maschinen effizienter zu machen. Was Kitzingen auszeichnet, ist hohe Kompetenz. Wir beliefern mit Mercedes, Porsche, BMW Fahrzeuge im Hochpreissegment. Dementsprechend geht es um Premiumlösungen, beispielsweise bei der Innenbeleuchtung, deren Farbe Sie je nach Stimmung verändern können. Die Elektronik dafür entwickeln wir in Kitzingen und stellen sie her. Das Schlüsselpersonal bleibt am Standort, wird in Zukunft eher etwas mehr als weniger.

    Was sprach 1967 eigentlich für Kitzingen? Hätte es im Großraum Nürnberg, am Stammsitz, nicht ebenfalls Möglichkeiten gegeben?

    Rummel: Für Kitzingen sprachen zwei Komponenten: Einmal eine steuerliche, zum Beispiel niedrigere Gewerbesteuern. Und es war Kompetenz vorhanden. Heute liegt in Osteuropa der Einzugsbereich der Mitarbeiter oft bei 80 Kilometern, einfache Fahrt. In Kitzingen ist der Umkreis viel kleiner. 1967 waren durch wirtschaftliche Veränderungen Kapazitäten frei, Subventionen gab es obendrauf. Man konnte die Kernmannschaft relativ schnell aufbauen und hat sie nachhaltig als Knowhow-Träger gehabt. Es gab kaum Fluktuation, kurze Wege: Zum Beispiel wurden ja auch Kabelsätze in Heimarbeit gefertigt, abends eingesammelt. Und dann wurden die nachts verpackt und sind weitergeschickt worden.

    Kitzingen hat die Zentrale in Nürnberg, die für das Kabelgeschäft steht, locker abgehängt, steuert auf drei Milliarden Umsatz zu. Wie erklärt sich das?

    Rummel: Der Automarkt wächst, und wir beim Umsatz auch, rasant sogar. Beim Bordnetz haben wir uns über die Jahre Zuwächse erarbeitet. Auch dank der Alleinstellung bei großen Fahrzeugen, wo viel Werthaltigkeit gefragt ist. Oder mit Spezialgebieten – wir verkabeln sogar Mähdrescher.

    In Kitzingen ist durch den Abzug der Amerikaner eine Erweiterung um 2,5 Hektar möglich geworden. Wie ist der Stand der Baumaßnahmen?

    Rummel: Das Budget für das ganze Umbauprojekt beträgt rund 30 Millionen Euro, unter anderem wurden zwei Hallen neu errichtet. Es gibt jetzt ein modernes Büro-Design, dazu Beleuchtung, Klimatisierung und Luftbefeuchtung auf hohem Level. Auch die Großraumbüros sind schallgedämpft – das Gebäude 1 mit Eingangsbereich ist die letzte Einheit, die zum Sommerfest fertig wird. Dann haben wir nur noch Arbeitsplätze in der neuen Form. Es gibt eine Ausstellungsfläche im Untergeschoss und einen neuen Empfang. Wir machen aus Kitzingen heraus in 2017 voraussichtlich knapp drei Milliarden Euro Umsatz, da muss auch das Umfeld passen. Deshalb war mir wichtig, dass wir das Projekt in einem Zug fertig machen. Gut ist ferner, dass wir durch den Zukauf von 2,5 Hektar ehemaligem Kasernengelände Platz für Entwicklung haben. Wo jetzt noch Parkplätze und Grünflächen sind, könnten wir bei Bedarf Zukunftstechnologien ansiedeln.

    Die Bordnetz-Sparte hatte in den letzten Jahren Probleme. Sind die behoben?

    Rummel: Zahl und Zuordnung der Führungsebenen haben nicht optimal gepasst – zwei wurden gekappt, die Struktur erneuert. Trotzdem mussten hier in Kitzingen nur ganz wenige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen: Einige sind in osteuropäische oder afrikanische Länder umgezogen, oder wir haben dort Kompetenzen zusätzlich aufgebaut. Der Standort Kitzingen stand bei alledem nie zur Debatte: Wir waren ja kein Sanierungsfall oder gar pleite. Jetzt haben wir ehrgeizige Wachstumsziele, damit wir künftig mit dem Geld unsere Entwicklungsziele finanzieren können. Das Auto ruht ja nicht, wir müssen auch da weiterkommen.

    Dazu zählt Automatisierung in der Produktion. Gibt es da Fortschritte?

    Rummel: Wie erwähnt, arbeiten wir ja an einem Pilotprojekt. Es gibt verschiedene Schritte in der Fertigung wie etwa der Zurechtschnitt der Kabel – sprich abschneiden und frei machen des Kontakts – dann Zusammenbau und Prüfung. Beim Schneiden kann man vieles mechanisieren, die Konfiguration der Einzelteile hingegen wird Handarbeit bleiben. Wir geben uns zwei bis drei Jahre für einen nennenswerten Fortschritt, auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit. Denn alles muss sich ja rechnen, Ziel ist mehr Effizienz durch schnelleren Durchlass.

    Stichwort Weiterentwicklungen: Werden Sie auf der IAA im September Neuheiten präsentieren?

    Rummel: Ja. Aber den Piloten für mehr Maschineneinsatz anstelle von Handarbeit wahrscheinlich nicht: Da geht es ja um Firmen-Know-how. Wir wollen aber die Plattformen vorstellen, auf denen in Zukunft die Elektrofahrzeuge laufen. In Frankfurt werden wir entsprechende Muster präsentieren.

    Ein komplettes Bordnetzsystem besteht aus bis zu 4000 Leitungen, zwei bis sechs Kilometer Kabel und wiegt bis zu 60 Kilogramm. Was ist an Weiterentwicklung denkbar – zum Beispiel 5000 Leitungen bei 50 Kilogramm Gewicht?

    Rummel: Das Gewicht ist eine Sache. Es gelingt uns unter anderem, mit Aluminiumleitungen das Gewicht zu senken – insbesondere bei stärkeren Leitungen wie der zur Batterie. Auch Kupferlegierungen sind im Einsatz und helfen, das Bordnetz leichter zu machen. Es geht aber auch darum, Elektronik in den Kabelsatz zu bringen, um bis dato mechanische Funktionen neu zu gestalten. Darüber hinaus wird das Auto irgendwann autonom unterwegs sein. Das wiederum erfordert intelligente Lösungen im Kabelsatz. Ein Beispiel: Unsere Produkte tragen dazu bei, dass die sicherheitsrelevanten Systeme autonom fahrender Autos verfügbar bleiben.

    Wir arbeiten an hochkomplexen 'Smart-Boxes', die genau das gewährleisten und mit denen sie ähnlich wie bei einem Computer Befehle in der näheren Umgebung verteilen können.

    Am 8. Juli kommen Gäste aus aller Welt nach Kitzingen. Woher und wie viele?

    Rummel: Rund 2500 Leute aus 15 Ländern, beispielsweise Mittelamerika, Afrika und Osteuropa. Ich selbst bin weder Kitzinger noch 50 Jahre dabei, aber fasziniert davon, dass wir viele Mitarbeiter haben, die über 25 Jahre im Betrieb sind. Der Dienstälteste ist 41 Jahre dabei, arbeitet im Jaguar-Landrover-Bereich und war in vielen Funktionen erfolgreich. Er hat als kleiner Bub bei Leoni angefangen und ist jetzt 57, kommt aus Großlangheim. Mich faszinieren Loyalität und kameradschaftlicher Umgang miteinander. Das Motto unserer Feier lautet: Lasst uns ein bisschen fröhlich sein. Das Jahr hat außerdem ja gut begonnen.“

    Zur Person: Dr. Michael Rummel (geb. 1955) ist kaufmännischer Leiter und Standortchef für das Werk Kitzingen so- wie alle weiteren deutschen Bordnetzstandorte. Rummel ist seit Februar 2016 bei Leoni, vorher war er Europa-Finanzchef bei Leoni-Konkurrent Yazaki in Köln. Von 1986 bis 2008 hatte Rummel Führungsverantwortung in verschiedenen Bereichen bei Daimler. Der Wirtschaftsjurist ist verheiratet und hat zwei Kinder.

    Fakten zum Doppeljubiläum Leoni ist weltweiter Anbieter von Drähten, optischen Fasern, Kabeln und Kabelsystemen bis zum kompletten Bordnetzsystem sowie zugehörigen Dienstleistungen für den Automobilbereich und weitere Industrien. Die im deutschen MDAX börsennotierte Unternehmensgruppe beschäftigt mehr als 79 000 Mitarbeiter in 32 Ländern und erzielte 2016 einen Konzernumsatz von 4,4 Mrd. Euro. Am Donnerstag (6. Juli) feiert Leoni am Stammsitz Nürnberg 100. Geburtstag: Aus einer kleinen Werkstatt ist ein globales Unternehmen geworden. 1967 wurde das Kitzinger Werk eröffnet. Der 50. Geburtstag wird am Samstag (8. Juli) mit einem Mitarbeiterfest gefeiert. Kitzingen ist Zentrum für Forschung & Entwicklung, beherbergt Zentralabteilungen wie Einkauf, Personal oder Controlling. Die Kitzinger Umsatzentwicklung ging von 5,7 Millionen DM (1968) über 572 Millionen DM (1998) auf 1,51 Milliarden Euro (2008) und soll heuer die Drei-Milliarden-Marke erreichen. In Kitzingen gibt es 930 Beschäftige. Noh

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