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Mainstockheim: Mit dem Roller zum EM-Finale: Der Fußball wurde bei der abenteuerlichen Fahrt durch Deutschland zur Nebensache

Mainstockheim

Mit dem Roller zum EM-Finale: Der Fußball wurde bei der abenteuerlichen Fahrt durch Deutschland zur Nebensache

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    Annemarie Bernhardt kurz vor ihrem Start in Mainstockheim mit Freunden und Familie.
    Annemarie Bernhardt kurz vor ihrem Start in Mainstockheim mit Freunden und Familie. Foto: Janine Unser

    Annemarie Bernhardt liebt das Reisen. Aber nicht irgendwelche Standard-Pauschalreisen, sondern echte Entdeckungsreisen, auf denen sie neue Orte selbstständig erkundet. Am liebsten tut die 35-Jährige das mit dem Zug, Fahrrad, Roller oder zu Fuß.

    Auf diese Weise lerne sie ihre Umgebung viel besser kennen und sehe abseits der bekannten Wege viele interessante Ecken. Außerdem könne sie vom stressigen Alltag abschalten und sich einfach mal entschleunigen, sagt sie. "Und natürlich ist es auch wesentlich besser für die Umwelt."

    Langsames Reisen ohne Auto und Flugzeug als Thema

    Nachhaltigkeit ist Annemarie sehr wichtig. Deshalb ist dieses Thema auch Schwerpunkt in ihrem Beruf als selbstständige Unternehmerin in PR und Marketing. Daneben ist sie Mitgründerin des Draussen-Magazins, das sich auf "Slow Travelling", also langsames Reisen ohne Flugzeug und Auto spezialisiert hat.

    Und genau dieses Motto brachte Annemarie auf die Idee, mit ihrer Honda Lead von 1989 von Mainstockheim nach Berlin zu fahren – mit maximal 50 Kilometern pro Stunde und drei PS. Als Zeitraum bot sich dafür die Fußball-EM an, um dann am 14. Juli zum Finale in der Hauptstadt anzukommen.

    Noch in der Nacht nach dem Abiball nach Berlin gefahren

    Dort lebt Annemarie seit ihrem 18. Lebensjahr, als sie sich mit Freunden noch in der Nacht vom Abiball ins Auto setzte und nach Berlin fuhr – und blieb. Geboren in Kitzingen und aufgewachsen in Kleinlangheim, besucht sie auch heute noch regelmäßig ihre alte Heimat.

    Annemarie Bernhardt zeltete auf dem Campingplatz am Trepplesfelsen am Rennsteig im Thüringer Wald.
    Annemarie Bernhardt zeltete auf dem Campingplatz am Trepplesfelsen am Rennsteig im Thüringer Wald. Foto: Annemarie Bernhardt

    Darum war der Startpunkt für ihre aktuelle Tour das Roadhouse in Mainstockheim, wo ihre Mutter heute lebt und wo auch ihre Honda seit dem Kauf vor zwei Jahren stand. Am 5. Juli schaute sie noch gemeinsam mit Familie und Freunden das EM-Spiel Deutschland gegen Spanien, bevor sie dann am nächsten Tag ihre Reise antrat.

    Immer erst am Abend entschieden, wie die Reise weitergeht

    Ausgestattet mit einem großen Rucksack, einer Satteltasche mit Camping-Ausrüstung sowie einer Kofferbox fuhr sie am 6. Juli los. Sie hatte einen groben Plan für die etwa 600 Kilometer weite Strecke im Kopf, entschied dann aber immer erst am Abend, wo sie am nächsten Tag hinfuhr. "Das hing einerseits vom Wetter ab, andererseits davon, welche Rad- und Feldwege ich nutzen durfte", erklärt die 35-Jährige.

    Am zweiten Tag ihrer Reise bestieg Annemarie Bernhardt den Frankenberg in Bad Staffelstein.
    Am zweiten Tag ihrer Reise bestieg Annemarie Bernhardt den Frankenberg in Bad Staffelstein. Foto: Annemarie Bernhardt

    So musste sie schon am ersten Tag aufgrund eines Gewitters eher einkehren und landete auf einem Campingplatz in Ebrach. Am nächsten Tag ging es weiter nach Bad Staffelstein, wo sie zwei Nächte verbrachte. Hier erkundete sie den Berg der Franken sowie die Basilika Vierzehnheiligen und kreuzte einen Teil des Jakobswegs. "Das war wirklich wunderschön und sehr interessant", schwärmt sie.

    "Ich bin im Wald stecken geblieben und musste zwischendurch auch mal schieben."

    Annemarie Bernhardt über den Rennsteig

    Der vierte Tag war nach Annemaries Aussage der abenteuerlichste ihrer Tour. Auf ihrem Weg von Bayern nach Thüringen musste sie den knapp 1000 Meter hohen Rennsteig-Kammweg bezwingen, was mit gerade mal drei PS eine ziemliche Herausforderung war. "Es ging die ganze Zeit bergauf und bergab. Ich bin im Wald stecken geblieben und musste zwischendurch auch mal schieben", erzählt sie lächelnd.

    Der Höhenkamm Rennsteig im Thüringer Wald forderte Annemarie und ihren Roller besonders heraus.
    Der Höhenkamm Rennsteig im Thüringer Wald forderte Annemarie und ihren Roller besonders heraus. Foto: Annemarie Bernhardt

    Aber am Ende hat sie es geschafft und kam schließlich bei ihrer nächsten Station an: in Probstzella, einem ehemaligen Grenzübergang zwischen Bayern und Thüringen. Dort hat sie im Bauhaushotel übernachtet – ein Tipp von ihrer besten Freundin, die Annemarie mit ihrem spontanen Besuch überraschte. Probstzella und das "wunderschön renovierte" Hotel aus dem Jahr 1927 fand die Reisebegeisterte besonders beeindruckend.

    "Die sozialen Kontakte mit vielen verschiedenen Menschen sind eine der schönsten Erfahrungen beim ‚Slow Travelling‘."

    Annemarie Bernhardt, Reisende

    Am nächsten Tag fuhr sie weiter nach Jena, wo sie unter anderem den Berg Jenzig bestieg. "Auch hier war ich überrascht, wie schön diese Stadt ist und wie freundlich und offen die Menschen sind", sagt die 35-Jährige mit philippinischen Wurzeln

    Annemarie Bernhardt vor dem Bauhaushotel in Probstzella.
    Annemarie Bernhardt vor dem Bauhaushotel in Probstzella. Foto: Rebecca Stumpf

    Überhaupt habe sie sich während ihrer ganzen Reise niemals allein gefühlt. Vor allem beim Wandern wurde sie oftmals angesprochen und es haben sich ihr sogar andere Frauen angeschlossen. "Die sozialen Kontakte mit vielen verschiedenen Menschen sind eine der schönsten Erfahrungen beim ‚Slow Travelling‘."

    Erst etwas Wellness, dann weiter zum Melt-Festival

    Nach einigen Nächten im Zelt gönnte sich Annemarie am sechsten Tag ein wenig Wellness in den Toskana Thermen in Bad Sulza, bevor sie über Merseburg und Halle nach Gräfenhainichen zum Melt Festival weiterreiste.

    Annemarie Bernhardt besuchte das Melt-Festival in Gräfenhainichen, das dieses Jahr zum letzten Mal stattfand.
    Annemarie Bernhardt besuchte das Melt-Festival in Gräfenhainichen, das dieses Jahr zum letzten Mal stattfand. Foto: Annemarie Bernhardt

    Der Besuch des Festivals war eine spontane Entscheidung. "Vor 18 Jahren war ich dort das letzte Mal zusammen mit meiner besten Freundin. Und als wir erfahren haben, dass es dieses Jahr zum letzten Mal stattfindet, haben wir beschlossen, noch einmal hinzugehen", sagt sie.

    Pünktlich zum EM-Finale in Berlin angekommen

    Nach einer langen Nacht begab sich Annemarie am 14. Juli auf ihre finale Etappe und erreichte nach den letzten 100 Kilometern ihr Ziel: die Stadtgrenze von Berlin, wo sie überschwänglich von ihrem Freund empfangen wurde – pünktlich zum EM-Finale.

    Ihr Fazit nach rund 600 Kilometern durch vier Bundesländer mit durchschnittlich 40 km/h auf ihrem Roller lautet: "Die Reise ist das Ziel." Was sie damit meint? Dass sie wieder einmal viele wunderschöne Städte und Dörfer abseits der großen Städte sowie viele beeindruckende Schlösser, Burgen, Kirchen und Brücken entdeckt hat. Daher freue sie sich schon jetzt auf ihr nächstes Abenteuer.

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