Früher ist er auf Vulkane geklettert. Auf dem Ätna, dem Stromboli oder dem Vesuv hat er Vulkansand gesammelt. Heute packt Richard Fuchs mehrmals pro Woche leere Dosen in einen Rucksack, schwingt sich auf sein Fahrrad und fährt hinauf zum Schwanberg. Wenn er Stunden später heimkehrt in sein Atelier in der Casteller August-Sperl-Straße, sind die Dosen gefüllt mit rotem Casteller Schwanbergsboden oder mit Bröseln von graugrünem Schilfssandstein aus dem Steinbruch. Es sind die Grundlagen für Fuchs' Bilder.
In Castell gibt es einen Künstler, der mit Naturmaterialien malt? Und der auch als Grafik-Designer arbeitet? Solche Fragen stellen viele Bürger, denn Richard Fuchs ist in der Region noch nicht besonders bekannt. Der 41-Jährige stammt aus München und ist vor einem Jahr mit seiner Frau nach Castell gezogen.
„Wichtig ist, dass ein Bild Magie verströmt, dass es schwingt.“
Richard Fuchs, Künstler
Seit Dienstagabend ist er stolzer Vater eines Jungen. Der kleine Hannes scheint sich extra beeilt zu haben: Er kam einige Tage vor der errechneten Termin zu Welt, rechtzeitig zur ersten Ausstellung seines Papas in Castell.
Richard Fuchs hatte das Gefühl, nach vier Jahrzehnten sei es Zeit, München zu verlassen. „Ich wollte weg von der elitären Grundeinstellung der Kunst gegenüber.“ Auf dem großen Kunstmarkt vermisste er den gewissen Zauber: „Kunst fungiert oft nur als Aktie. Sie ist so unfrei wie noch nie.“
Für Richard Fuchs dagegen ist Freisein ganz wichtig. Ideen eine Chance geben, das will er. Deshalb geht er seinen eigenen Weg, sowohl am Maltisch als auch am Computer, seinen beiden Arbeitsplätzen.
Wie passt das überhaupt zusammen, die sachliche Arbeit am Computerbildschirm und das handwerkliche, emotionale Tun? Der Grafik-Designer und freischaffende Künstler überlegt kurz. Dann sagt er: „Das sind zwei ganz verschiedene Paar Stiefel, die sich gar nicht überlappen. Aber toll ergänzen.“
Derzeit ist Fuchs vor allem Maler. Die tolle Aussicht von seinem Atelier in Castell hat ihn zu zahlreichen Werken inspiriert. Waren seine Bildwelten vorher meist statisch, mit klarem Horizont, löst sich dieser nun oft in verschiedene Ebenen auf. Die Bilder wirken wilder.
Fuchs selbst sagt, er habe sich hier in Franken weiterentwickelt. Seine Art zu malen, die Verwendung von chemischen und mineralischen Pigmenten, könne man überhaupt nur lernen, „indem man's tut“. Bis zu zehn Schichten erhält jede Leinwand, ehe Fuchs mit seinem Werk zufrieden ist und ihm Namen gibt wie „Traumland“, „Schwarze Sterne“ oder „Monument“. „Wichtig ist, dass ein Bild Magie verströmt, dass es schwingt.“
„Wenn ich meine Pigmente zur Hand nehme, ist das wie Kochen“, findet der 41-Jährige. Schicht für Schicht würzt er sein Bild. Ob mit farbigem Marmor-Staub, Vulkansand, Edelmetall oder nun auch Schwanbergs-Erde: Stets rührt der Künstler zunächst einen Farbteig an; er mischt die Pigmente mit Öl, zum Beispiel Leinöl, um sie zu binden.
„Die Landschaften sollen nicht nur abgebildet werden, sondern ihre Wirkung soll auf der Leinwand noch größer werden.“ Je nach Perspektive des Betrachters ergeben sich unterschiedliche Eindrücke von Farbe und Beschaffenheit. Die Leinwand wirkt lebendig.
Schon als er in Grafikagenturen angestellt war, habe er nie lange von Pinseln und Pigmenten lassen können, erzählt der leidenschaftliche Theaterfreund und Experimentierer. „Ich habe dann halt nachts gemalt.“
Seit über zwölf Jahren ist er mittlerweile selbstständig. Als freischaffender Künstler sei das Leben zwar nicht immer so einfach. „Aber ich bereue den Schritt in die Selbstständigkeit nicht.“ Im Gegenteil. „Ich bin dankbar dafür, frei sein zu können. Was Stile angeht, bin ich betont hemmungslos und ignoriere vieles, was die akademische Fachwelt behauptet.“
Richard Fuchs lebt das, was ihm wichtig ist: Die Freiheit der Kunst.
Maler und Grafiker
Richard Fuchs, Jahrgang 1972, wuchs in München auf und wurde dort als Teenager „legaler Graffiti-Sprayer“ in der Euro-Graffiti-Union. Nach der Fachhochschul-Reife (Fachoberschule für Gestaltung) war er Mitbegründer des „Wandlandtheaters“, verfasste und inszenierte zahlreiche eigene Theaterstücke und realisierte Bühnenbilder. Nach der Ausbildung zum Schauwerbegestalter arbeitete er als Grafik-Designer in Verlagen und Werbeagenturen, ehe er sich mit 29 Jahren als freischaffender Künstler selbstständig machte. Im Sommer 2013 zog er mit seiner Frau von München nach Castell.
In seiner neuen Heimat lädt die Kulturgemeinde Castell am heutigen Samstag, 13. September, 18 Uhr, zur Vernissage im Rathaus ein. Richard Fuchs' Ausstellung „Stadtwelten und Landschaften – Malerei mit Naturmaterialien“ ist danach bis 21. September jeweils samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet.
Weitere Info: www.richardfuchs.com. ldk