Der Mainstockheimer Weg ist die kürzeste Verbindung zwischen Buchbrunn und seiner im Tal gelegenen Nachbargemeinde. Weil die Straße schmal und vor der Bahnunterführung kurvig ist, kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen. Die meisten sind rasch wieder vergessen – Momentaufnahmen, nicht der Rede wert. Diese eine vom 8. Juni 2021 aber nicht. Sie hat jetzt das Kitzinger Amtsgericht beschäftigt. Am Ende der Verhandlung wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und Beleidigung stand für Richterin Ingrid Johann die Schuld des Mannes fest.
Der Mann hatte an diesem Dienstag kurz vor 13 Uhr in einer unübersichtlichen Kurve zwei Radfahrer überholt. Nur mit einer Vollbremsung konnte eine entgegenkommende Busfahrerin einen Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge verhindern. Das Gute an der Sache: Den Schulkindern im Bus ist nichts passiert. Weniger gut war das, was sich kurz nach dem Beinahe-Unfall abspielte. Es kam zu einer lautstarken Auseinandersetzung. Der Autofahrer stellte seinen Wagen ab und holte zu einer Tirade aus. Dabei nutzte er "völlig unangemessene Wortwahl", wie es die Richterin vorsichtig formulierte. Auch die beiden Radfahrer bekamen ihr Fett weg. Sie wurden von dem dunkelhäutigen Mann als "Rassisten" beschimpft.
Die Busfahrerin erstattet nach der Aktion Anzeige
Die Aktion des Mannes war selbst der erfahrenen Busfahrerin zu viel. Die 43-Jährige ist fast täglich auf der Strecke unterwegs. Solche Situationen kämen häufig vor, sagte sie als Zeugin. "Normalerweise gibt es eine entschuldigende Geste, und man fährt weiter", sagte die Frau. So hätte sie es auch diesmal gehalten. Nach der Beleidigung aber erstattete sie Anzeige. Das gilt auch für die Radfahrer, die sich der Busfahrerin als Zeugen zur Verfügung gestellt hatten. Damit landete der 42-Jährige auf der Anklagebank.
Dort zeigte der Mann sich teilweise reuig und einsichtig. "Ich hätte da nicht überholen sollen." Danach wollte er eigentlich nur "Sorry" sagen und weiterfahren, sagte er. Laut sei es geworden, weil ihn die Busfahrerin als "verdammtes Arschloch" bezeichnet habe. Als er bemerkte, dass die Frau seine Autonummer notierte, sei es noch heftiger geworden. Einige der ihm vorgehaltenen Ausdrücke räumte er ein. "Das war keine Glanzleistung, die ich da gebracht habe."
Die Staatsanwältin fordert ein Jahr Führerscheinentzug
Darüber waren sich alle einig. Bei der Frage, ob es auch eine Straßenverkehrsgefährdung war, gingen die Meinungen allerdings auseinander. Ja, sagte die Staatsanwältin. Der Mann habe sich "grob verkehrswidrig und rücksichtlos" verhalten, als er an der unübersichtlichen Stelle überholte. Nur eine Vollbremsung habe Schlimmeres verhindert. Die Beleidigungen waren für sie nach den "absolut glaubwürdigen Zeugenaussagen" ebenfalls erwiesen. 5100 Euro (170 Tagessätze zu 30 Euro) und der Entzug der Fahrerlaubnis für ein Jahr hielt sie für angemessen.
Einen "kompletten Freispruch" forderte der Verteidigter. Sein Mandant habe falsch überholt, sagte er, aber eine "konkrete Gefährdung" sehe er auch wegen der geringen Geschwindigkeiten in der Engstelle nicht. Was die Beleidigungen angeht, so meldete er massive Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Busfahrerin an.
Ein Freispruch wurde es nicht. Dem stand auch ein Bundeszentralregister mit 14 Einträgen entgegen. Auch wenn die Einträge teilweise älter sind – die Verkehrsstraftaten und Beleidigungen finden sich immer wieder. Für das Gericht waren die Vorwürfe der Anklage erwiesen. "Sie haben da nicht zu überholen", machte Johann deutlich, und danach schon gar nicht so aggressiv zu reagieren. 90 Tagessätze zu 30 Euro und ein dreimonatiges Fahrverbot hielt sie allerdings für ausreichend.