Winzer und Obstbauern in Unterfranken blicken mit Sorge auf mögliche Frostschäden. In der Nacht auf Dienstag sind die Temperaturen bei klarem Himmel stellenweise auf bis zu vier Grad minus gesunken. Zu kalt für die schon weit ausgetriebenen Rebstöcke, zu kalt für die gerade in voller Blüte stehenden Erdbeeren und Apfelbäume. Und zu kalt für die kleinen Früchte, die Kirschen und Zwetschgen bereits gebildet hatten.
Die Frostschäden fallen regional sehr unterschiedlich aus. Mancherorts haben die Nachttemperaturen um den Gefrierpunkt betragen. Und es habe Gegenden mit bis zu minus vier Grad unter Null gegeben, sagt Thomas Riehl vom Amt für Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kitzingen. Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbands, rechnet damit, dass 50 Prozent der Flächen in ganz Franken geschädigt worden sind. Allerdings nicht alle im gleichen Ausmaß: Wie groß die Schäden in den Weinbergen am Ende ausfallen, könne man noch nicht sagen.
Mit einem blauen Auge davon gekommen?
Der Kellereifachberater des Bezirks Unterfranken, Ralf Schwarz, blickt vor allem mit Sorge nach Würzburg und Richtung Main-Spessart. Mit Prognosen zu den Schäden ist er zurückhaltend. Glimpflicher sei die Lage an der Mainschleife, wo der Frost weniger stark war, sagt Schwarz. Schäden aber habe es definitiv gegeben.

Laut Hermann Schmitt sind vor allem die Randgebiete der Weinregion Franken betroffen. "Aber wir haben noch eine Nacht vor uns." Für die Nacht auf Mittwoch sagte der Deutsche Wetterdienst (DWD) minus ein Grad voraus. Und auch bis zum Freitag könne es laut DWD noch vereinzelt Nachtfröste bis minus vier Grad geben.
Er sorge sich vor allem um seine ersten Lagen, beispielsweise am Würzburger Stein, sagte Weingutsleiter Joachim Brand vom Juliusspital in Würzburg am Dienstag. Betroffen aber seien alle Rebflächen des Juliusspitals, wenn auch sehr unterschiedlich. Brand rechnet teilweise mit bis zu 100 Prozent Ausfall, in anderen Lagen mit 40 oder 70 Prozent. Offen sei, inwieweit die zweiten Triebe betroffen sind, erklärt der Weingutsleiter. Sie könnten im günstigen Fall noch für etwas Ertrag sorgen.
Weinstöcke in unterfränkischen Weinlagen: So früh wie seit Aufzeichnungsbeginn nie ausgetrieben
Der heuer extrem frühe Austrieb habe die Weinstöcke empfindlich für die Nachtfröste gemacht, sagt Heinrich Hofmann von der Veitshöchheimer Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG). Seit 1968 führe die LWG Aufzeichnungen zum Austrieb. Und noch nie seitdem hätten die Rebstöcke so früh getrieben: Insgesamt waren sie fast 20 Tage früher dran. Da könnten Fröste schon bei minus einem bis zwei Grad zu Schäden führen, sagt Hofmann.

Auch Obstbauberater Thomas Riehl kann sich nicht erinnern, dass die Blüte in den vergangenen 30 Jahren Mitte April schon einmal so weit war. Wenn sie nicht abgedeckt waren, seien vor allem die Erdbeeren in den beiden vergangenen Nächten stark geschädigt worden. Bei den Bäumen seien in Lagen mit weniger als zwei Grad minus alle Obstsorten betroffen.
Kirschen und Zwetschgen: Kleine Früchte sehr empfindlich
Bei Kirschen und Zwetschgen könne man den kleinen, empfindlichen Jungfrüchten ansehen, wenn sie den Frost nicht überstanden haben. Bei den Äpfeln seien die Schäden noch schwer zu beurteilen. Ein Vorteil sei, dass es in diesem Jahr sehr stark geblüht habe, sagt Riehl. Das halte den Ausfall vielleicht in Grenzen.

Kellereifachberater Schwarz befürchtete am Dienstag, dass die frühe Morgensonne nach der Frostnacht die Schäden eher noch vergrößerte. Das schnelle Auftauen schädige die Pflanzenzellen weiter.
Noteinsatz mit Kerzen im Weinberg
Einige Winzer, wie Rudolf May im Landkreis Main-Spessart, versuchten mit Kerzen die ganze Nacht über Schäden zu vermeiden. Doch gerade in den Toplagen oben in den Weinbergen könne man auch damit nichts ausrichten, sagen die Weinexperten. Die leichte Rauchentwicklung sorge immerhin dafür, dass die Sonne am Morgen nicht direkt auf die Reben strahlt.

Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) wird es zum Wochenende wieder deutlich wärmer - bei Temperaturen von bis zu 23 Grad ohne Regen fliegen dann auch wieder Bienen, Hummeln und andere Bestäuber wieder.