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KITZINGEN: Naturkosmetik aus Kitzingen: Ein Trio mit Visionen und Zielen

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Naturkosmetik aus Kitzingen: Ein Trio mit Visionen und Zielen

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    Vor etwa 15 Jahren hat Marianne Lewandowski damit angefangen, sich mit Naturkosmetik zu befassen. Daraus ist die Manufaktur „mari&anne“ geworden, in der es neben Naturkosmetik auch Designprodukte gibt. Einen Teil davon hat Tochter Marina entworfen, die begeistert bei der Produktion und Ideenfindung mithilft. Fotos: SAbine Lewandowski
    Vor etwa 15 Jahren hat Marianne Lewandowski damit angefangen, sich mit Naturkosmetik zu befassen. Daraus ist die Manufaktur „mari&anne“ geworden, in der es neben Naturkosmetik auch Designprodukte gibt. Einen Teil davon hat Tochter Marina entworfen, die begeistert bei der Produktion und Ideenfindung mithilft. Fotos: SAbine Lewandowski Foto: Sabine Lewandowski

    Ein unscheinbares Gebäude im Schulhof, ein kleines Namensschild am Briefkasten: „mari&anne“. Wer klingelt, erlebt eine Überraschung. Hier entsteht Naturkosmetik, made in Franken. Und zugleich wird hier Inklusion gelebt.

    Die Idee entstand aus einer persönlichen Geschichte heraus: Vor knapp 15 Jahren litt Sabine Lewandowski an einer Hautkrankheit. Herkömmliche Produkte brachten keine Besserung. „Es kann nicht sein, dass nichts hilft“, dachte ihre Mutter Marianne und begann, sich mit Naturkosmetik zu beschäftigen. Sie informierte sich nicht nur, sondern fing auch an, selbst zu experimentieren und auszuprobieren.

    In der Küche in Albertshofen entstanden damals, neben ihrem Beruf als Krankenschwester, erste Seifen und Cremes aus Ringelblumen. Die richtigen Bestandteile finden, die passende Rezeptur, alle Vorgaben erfüllen, Zertifikate und Zulassungen einholen – es war ein Weg voller Hürden, bis Marianne Lewandowski ihre ersten Produkte auf Märkten verkaufen konnte. „Ich habe oft gedacht, ich schmeiß' alles hin“, sagt die 66-Jährige heute. Sie hat es nicht getan, sondern ist am Ball geblieben. 2019 dachte sie mit ihrer Tochter Sabine erstmalig über eine ernsthafte Vermarktung nach, 2020 wurde das Label „mari&anne“ gegründet.

    Morgenmuffel und Sahneschnitte

    Entstanden ist eine kleine Manufaktur mit Atelier, die sich einen Namen gemacht hat. Die Produkte „made in Franken“ werden unter anderem in Hamburg und Berlin verkauft, in der Schweiz und in Österreich.

    Aber auch in Würzburg bei JAC oder der Marktapotheke und neuerdings in der Tourist-Information in Kitzingen. An diesem Samstag findet erstmals der Verkauf in einem einmaligen Pop-up-Store im Lager der Manufaktur selbst statt, im Schulhof 6 in Kitzingen. „Wenn der Pop-up-Store gut angenommen wird, kann es sein, dass wir so etwas ab und zu anbieten“, sagt Sabine Lewandowski. Ein regelmäßiger Verkauf vor Ort ist von der Familie nicht angedacht, sondern läuft über Concept Stores, Apotheken und Fair Fashion Stores, vor allem aber online.

    Von den Anfängen in der Albertshöfer Küche bis zur heutigen Produktion hat sich viel verändert. Aus dem Hobby ist ein Unternehmen entstanden, bei dem mitterweile die ganze Familie mitwirkt. Die Mutter wollte damals gerne jeden Wunsch der Kundinnen und Kunden erfüllen. „Wenn einer nach Schafsmilchseife gefragt hat, habe ich mich daran gesetzt.“

    Die Tochter drängte darauf, das Portfolio für einen professionellen Start zu verkleinern und zu optimieren. Wenige Produkte, vegetarisch und vegan, die aber für den ganzen Körper verwendet werden können, und zwar unisex, also von Männern und Frauen nutzbar. „Wir reduzieren das Badezimmer, Verpackung und Müll“, beschreibt Sabine Lewandowski das Ziel. Heute sind die Seifen, das Deo, die Cremes in Weißblechdosen, Glas und Naturkarton eingepackt, die teilweise nachgefüllt werden können.

    Auch die Gestaltung der Verpackung und die Präsentation haben sich geändert. Die Mutter hatte ihre Ware auf den Märkten aufwändig präsentiert, wollte das aber selbst nicht mehr. Die Tochter, Grafikdesignerin und Fotografin, gab die neue Richtung vor hin zu einer modernen minimalistischen Gestaltung, zu Schwarz und Weiß, zu beschreibenden Produktcharakteren. „Sahneschnitte“ heißen die Produkte mit Sheabutter jetzt, „Faltenbügler“ ein glättendes Serum, „Morgenmuffel“ ein festes Deo und „Alleskönner“ die Ringelblumensalbe, die gereizter Haut gut tut.

    Minimalistisch und hochwertig sind auch die Inhaltsstoffe. „Wir arbeiten ausschließlich mit kaltgepressten Ölen ohne unnötige Zusätze, Konservierungsmittel und Wasser, das in der Industrie als günstiges Streckmittel dient.“

    Bei allen bisherigen Produkten setzt „mari&anne“ auf regionales, kalt gepresstes Traubenkernöl aus der Ölmühle in Abtswind. Und ja, es ist auch Palmöl enthalten, weil es Seifen Festigkeit verleiht, regenerierend wirkt, der Haut gut tut, wie Marianne Lewandowski erklärt. Aber es werde kein konventionelles Palmöl genutzt, sondern ausschließlich Bio-Palmkernöl, aus nachhaltig gepflanzten Palmen.

    Marina zeichnet und inspiriert

    Von Anfang an einig waren sich Mutter und Tochter dagegen in einer anderen Sache: Wenn sie eine Firma gründen, muss Marina mit ins Team. Die Tochter von Marianne und Schwester von Sabine hat das Down-Syndrom – und sie ist das Herz der Familie. Für Marina soll ein offizieller, integrativer Arbeitsplatz bei „mari&anne“ entstehen.

    Eineinhalb Jahre hat sie schon mitgeholfen, weil sie wegen der Corona-Pandemie nicht wie sonst in den Mainfränkischen Werkstätten arbeiten konnte. Sie hat beim Verpacken mit angepackt, wurde von Sabine ans Illustrieren herangeführt, hat angefangen, am Ipad zu zeichnen. Ihre Sprüche und Gestaltungen schmücken Postkarten, Taschen, T-Shirts und Socken. „Lass mal wir sein“, steht darauf, „fernweH“ oder „schön hier!“, „Iiiich bin's“ oder „Be nice“, dazu mal ein gezeichnetes Auge mit langen Wimpern, mal eine Erdbeere.

    Marina ist zum Gesicht der Marke geworden, modelt, stellt die Produkte vor, hat einen Instagram-Account. „Sie ist jetzt eine kleine Inkluencerin“, sagt Sabine lachend und streicht ihrer Schwester über den Kopf, als die sich an sie herankuschelt. Auch Marina lächelt. Die „neue Welt“, die sie sich Stück für Stück außerhalb der gewohnten Routine und der Werkstätten erarbeitet hat, gefällt der 34-Jährigen. Sie ist selbstbewusster geworden und möchte sie nicht mehr tauschen. Und doch ist noch nicht ganz klar, wie es in Zukunft für Marina weitergehen kann.

    In den Mainfränkischen Werkstätten wurden die „mari&anne“-Produkte vor Corona, angeleitet von Marianne Lewandowski, zunächst auch produziert und verpackt. „Es war geplant, dass wir die Marke aufbauen und die Produktion und Verpackung dann abgeben“, erzählt die 66-Jährige Firmengründerin. Ein paar Monate lang wurde das auch so gemacht, „doch langfristig hat das aus verschiedenen Gründen leider nicht geklappt“.

    Anfang 2020 haben Mutter und Tochter daher nach eigenen Räumen geschaut und weiterhin alle Schritte von der Herstellung bis zum Verkauf übernommen. Doch nach wie vor ist Marianne Lewandowski die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung wichtig. Sie hofft, bald nicht nur einen inklusiven Arbeitsplatz für Marina bieten zu können, sondern irgendwann auch Praktikumsplätze für einen oder zwei Leute, zusätzlich zu den beiden Minijobbern, die jetzt schon mit anpacken. Beide sind Heilerziehungspfleger im Hauptberuf. Es passt gut, die Arbeit macht ihnen Spaß und sie sind gern mit Marina zusammen.

    Marina ist es auch, die Sabine Lewandowski oft bei der Namensfindung für neue Produkte inspiriert. Ein Teil, der nicht weniger wichtig ist als die Findung des Produktes an sich. „Wenn ich eine nachhaltige Produktidee habe, wie es beim festen Deo der Fall war, macht sich Marianne an die Arbeit“, erzählt die 36-Jährige. Sie probiert, entwickelt, das Team und die Freunde probieren aus, es wird verändert und verbessert und dann geht es zur Zertifizierung. Ist die Rohproduktion fertig, stehen Verpackung, Marketing, Fotos, Name und Design an.

    Die üblichen Siegel sucht man auf den Dosen, Kartons und Papierverpackungen vergeblich. „Wir arbeiten nicht mit Siegeln“, haben Mutter und Tochter vorerst entschieden. „Da ist zu viel erlaubt, was wir nicht in unseren Produkten haben wollen. Sie suggerieren Kundinnen und Kunden beim Kauf oft falsche Sicherheiten“, finden die beiden.

    Noch steckt „mari&anne“ in den Kinderschuhen, auch wenn große Zeitschriften schon über das kleine Label aus Kitzingen berichtet haben. Es gibt bereits Anfragen von großen Ketten, die Produkte in ihr Sortiment aufnehmen wollen. Doch noch ist alles Handarbeit, auch wenn ein breiterer Verkauf langfristig nicht ausgeschlossen ist. „Wir stellen ein Nischenprodukt mit hochwertigen Inhaltsstoffen her“, sagt Sabine Lewandowski. „Aber wir haben eine Vision und ein Ziel.“ Massenware auf Kosten der Qualität oder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird bei ihnen niemals produziert. Und schon gar nicht auf Kosten von Marina, macht Marianne Lewandowski deutlich: „Dass sie dabei ist, ist mir das Wichtigste überhaupt.“

    Info: Der Pop-up-Store von „mari&anne“ im Schulhof 6 in Kitzingen ist am Samstag, 16. Oktober, von 10 bis 16 Uhr geöffnet.

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