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Repperndorf: Neue Führung mit neuer Strategie: Wie die Winzergenossenschaft GWF ihre schwere Krise überwinden will

Repperndorf

Neue Führung mit neuer Strategie: Wie die Winzergenossenschaft GWF ihre schwere Krise überwinden will

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    Der Blick richtet sich nach vorn: Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Winzergemeinschaft Franken (GWF), Steffen Zink, und der Vorstandsvorsitzende Martin Geißler (rechts) wollen die Genossenschaft aus der Krise führen.
    Der Blick richtet sich nach vorn: Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Winzergemeinschaft Franken (GWF), Steffen Zink, und der Vorstandsvorsitzende Martin Geißler (rechts) wollen die Genossenschaft aus der Krise führen. Foto: Andreas Brachs

    Die Warnung ist deutlich. Der Genossenschaftsverband Bayern mahnt die Winzergemeinschaft Franken (GWF) nach fünf wirtschaftlich schwachen Jahren mit den Worten: "Die Zukunft steht auf dem Spiel." Die größte Genossenschaft Frankens und eine der großen Winzervereinigungen in Deutschland steckt in einer schweren Krise.

    Auslöser für die wirtschaftliche Schieflage sind externe und interne Faktoren, erklären der neue Vorstandsvorsitzende Martin Geißler (Eibelstadt, Lkr. Würzburg) und sein Stellvertreter Steffen Zink (Stetten, Lkr. Main-Spessart). Geißler (50) und Zink (36) stehen an der ehrenamtlichen Spitze der GWF, seit der Geschäftsführer und der ehemalige Vorstandsvorsitzende gegangen sind. Die beiden Neuen sind selbst Winzer und erfahrene GWF-Genossen. Geißler saß schon im Aufsichtsrat und im Vorstand.

    Internationale und nationale Krisen beeinflussen den Weinverkauf

    Infolge der internationalen und nationalen Krisen schwächelt der Weinmarkt, berichtet Geißler. Die Konsumenten halten sich bei Konsum- und Luxusgütern zurück. Dazu gehört auch der Wein. Oder wie Geißlers Stellvertreter Zink sagt: "Die Menschen kaufen lieber Brot als Wein."

    Der Ausgangspunkt der Weinproduktion: die Traubenpressen in der Kelterstation der GWF.
    Der Ausgangspunkt der Weinproduktion: die Traubenpressen in der Kelterstation der GWF. Foto: Andreas Brachs

    Dazu kommt eine internationale Konkurrenz, die der GWF, die große Mengen Frankenwein erzeugt, den Absatz im Lebensmittelhandel vermiest. Ausländische Lieferanten können günstiger produzieren, wegen niedrigerer Lohnniveaus und dem verstärkten Einsatz von Maschinen. Beides ist in fränkischen Steillagen nicht möglich. 

    In diese Zeit fiel auch der Bau der neuen, zentralen Kelteranlage. Sie zählt zu den modernsten Europas. Allerdings kostet sie 17 Millionen Euro. Ein Betrag, den man in anderen Zeiten leichter hätte finanzieren können. Beispielsweise war die Traubenernte heuer wegen der Fröste um etwa 25 Prozent geringer als in normalen Jahren.

    Vorstandsvorsitzender Geißler: "Es wurden auch intern Fehler gemacht"

    Aber Geißler will nicht lange drum herumreden: "Es wurden auch intern Fehler gemacht." Die alte GWF-Führung habe, so sieht es der Vorstandsvorsitzende, den Vertrieb und das Marketing vernachlässigt. Man habe Stellen nicht nachbesetzt, Personal sei zu Mitbewerbern gewechselt und habe Kundschaft mitgenommen. Und zugleich habe sich die GWF beim Direktverkauf aus der Fläche zurückgezogen. Ein Drittel des Weins verkauft die Genossenschaft in eigenen Vinotheken und Bistros zwischen Stetten und Iphofen, Reicholzheim (im Taubertal) und Volkach. 

    Moderne Anlage – große Investition: Für 17 Millionen Euro hat die GWF eine zentrale Kelterstation gebaut. 
    Moderne Anlage – große Investition: Für 17 Millionen Euro hat die GWF eine zentrale Kelterstation gebaut.  Foto: Andreas Brachs

    Zwei Drittel der Menge gehen an den Lebensmitteleinzelhandel und an die Discounter, erklärt der Vorstandsvorsitzende. Dort sieht Geißler deutschlandweit noch viel Vermarktungspotenzial, das bisher nicht genutzt wurde.

    Genossenschaftswinzer bekamen sehr niedrige Auszahlungen

    Unterm Strich also verdient die GWF nun schon einige Jahre in Folge zu wenig Geld. Und das bekommen die Genossenschaftswinzer deutlich zu spüren: Die Auszahlungen, die mehrmals im Jahr stattfinden und ein Produkt aus Voraus- und Nachzahlungen sind, werden geringer. "Es gab nie nichts", erklärt Geißler, "aber zuletzt nur sehr wenig".

    Das erzürnt die Winzer, von denen viele noch aus Idealismus ihre Weinberge bewirtschaften und dabei nicht auf die Uhr schauen. Aber ihr Handwerk wird durch die knappen Überweisungen nicht lukrativer und der Nachwuchs wendet sich immer häufiger ab: Viel Arbeit, wenig Geld – dazu sind immer weniger junge Leute bereit. 

    "Wir sind stark darin, große Mengen in guter Qualität zu liefern."

    Martin Geißler, Vorstandsvorsitzender der GWF in Repperndorf

    Schließlich kam der Schnitt – "in beidseitigem Einvernehmen", wie Geißler sagt: Im Juni trennte sich die GWF vom bisherigen Geschäftsführer, Cornelius Lauter. Mit ihm verließ der Vorstandsvorsitzende Andreas Oehm die Führungsetage. Der Aufsichtsrat bestimmte daraufhin Geißler zum neuen, ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden und Zink zu seinem Stellvertreter. Die Stelle des hauptamtlichen Geschäftsführers ist noch vakant, soll aber möglichst schnell besetzt werden. Übergangsweise hilft der ehemalige Geschäftsführer Paul Ritter aus. Inzwischen ist ein neuer Vertriebsleiter an Bord.

    In großen Edelstahltanks findet die Traubensaft-Gärung statt. Das Endprodukt testen (von links) Martin Geißler und Steffen Zink.
    In großen Edelstahltanks findet die Traubensaft-Gärung statt. Das Endprodukt testen (von links) Martin Geißler und Steffen Zink. Foto: Andreas Brachs

    Geißler und Zink wollen nun an allen Ecken und Enden anpacken und reformieren. "Die Marke GWF muss wieder mehr bespielt werden", erklärt Geißler. Er sieht darin gute Chancen: "Wir sind stark darin, große Mengen in guter Qualität zu liefern", sagt der Vorstandsvorsitzende. "Das kann so keiner in Franken und in Deutschland", behauptet Geißler.

    Auch wenn Frankenwein als hochpreisig gelte, sei er bekannt und beliebt. "Jetzt braucht es Menschen, die für die GWF und den Frankenwein mit Begeisterung vorangehen und erfolgreiches Marketing betreiben. Guten Wein konnten wir schon immer machen", ist Geißler überzeugt. Beim Verkauf will die GWF wie bisher den Lebensmittelhandel und die Direktvertriebsschiene bedienen. Sogar der Aufbau neuer Vinotheken ist denkbar.

    GWF-Vorstände sehen optimistisch nach vorn

    Auch die neue zentrale Kelteranlage soll helfen. Sie spart das Personal für dezentrale Anlagen, verarbeitet die Trauben schonender als vorher und soll für höhere Qualität sorgen, argumentieren die beiden Vorstände.

    Alkoholfreier Wein: Die GWF betritt Neuland.
    Alkoholfreier Wein: Die GWF betritt Neuland. Foto: Andreas Brachs

    Überdies will man dem Trend gemäß neue Produkte anbieten: Im Kommen sind Bag-in-Box-Weine, also Weine in wiederverschließbaren Kartons oder Beuteln. Auch experimentiert die GWF mit pilzresistenten Weinsorten und Wein-Mischgetränken, was neue Kreationen ermöglicht. Ebenfalls im Trend: alkoholfreie Weine und Seccos, auch wenn die noch am Anfang der Entwicklung stehen.

    "Die Traubengelder für die Winzer müssen wieder nach oben."

    Martin Geißler, Vorstandsvorsitzender der GWF in Repperndorf

    Glaubt man Geißler und Zink, hat die GWF die Talsohle erreicht und die richtigen Schritte eingeleitet, um wieder erfolgreich auf dem Weinmarkt zu agieren. Mit dem kommenden Geschäftsführer soll die Strategie verfeinert und umgesetzt werden. Für die beiden Vorstände, die selbst Winzer sind und deren Familien teils schon Jahrzehnte zur GWF gehören, steht im Fokus: "Die Traubengelder für die Winzer müssen wieder nach oben", erklärt Geißler. Eine Steigerung sei kurz- bis mittelfristig realistisch, prophezeit der Vorstandsvorsitzende. Und die GWF müsse sich wieder mehr bei den Winzern sehen lassen, dezentrale Treffen organisieren.

    Was ihn auch optimistisch stimmt: Die rund 140 GWF-Mitarbeiter, die sogar noch mehr werden sollen, seien seit dem Neubeginn erkennbar motiviert. Es sei, als habe man den Fuß von der Bremse genommen, sagt Geißler und ist überzeugt: "Die dürfen, die wollen, die können."

    GWFDie Winzergemeinschaft Franken (GWF) bewirtschaftet rund 1200 Hektar Fläche zwischen Untermain und Steigerwald, Tauberfranken und Saaletal. Ihre Trauben wachsen von Großostheim bis Zeil am Main und von Reicholzheim bis Hammelburg.Das Weinsortiment umfasst neben dem typischen Silvaner alle gängigen fränkischen Rebsorten.  Im Erntejahr 2023 hat die GWF rund 10,5 Millionen Liter Wein erzeugt, eine normale Erntemenge. 2024 waren es frostbedingt nur rund acht Millionen Liter.1959 gegründet, gehört die GWF zu den sechs größten Winzergenossenschaften Deutschlands. Von den rund 2100 Mitgliedern sind etwa 890 aktive Winzer, Tendenz abnehmend.Quelle: GWF

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