Die Masse ist glitschig – und ganz schön kalt. Martin Schleyer und Jeannette Kähler macht das nichts aus. Sie haben ein Ziel vor Augen: Im Herbst 2022 soll ihr Hofladen stehen. Und dafür formen sie jetzt nach und nach 1300 Steine aus Lehm und Stroh.
Ein Biolandwirt will auch beim Bau eines Hofladens auf die Umwelt achten, keine Chemie verwenden, sondern Materialien, die recycelbar sind. Für Martin Schleyer ist das Ehrensache. Also hat er sich mit seiner Lebensgefährtin auch darüber Gedanken gemacht, mit welchen Steinen die Innenwände hochgezogen werden. „In den 80er-Jahren hat meine Mutter mal ein Buch über den Naturbaustoff Lehm mit nach Hause gebracht“, erinnert sich der 40-Jährige. „Das war für mich gleich eine Inspiration.“
Jahre später hat sich der Repperndorfer ehrenamtlich engagiert. Zunächst hat er beim Bau neuer Häuser für die Flutopfer in Sri Lanka geholfen, später hat er Lehmöfen in Niger gebaut. Das richtige Mischungsverhältnis von Lehm, Stroh und Blähglas – einer recycelten Isoliermasse aus Altglas – hat er dort gelernt. „Die Grundstoffe habe ich alle da“, sagt der Repperndorfer und grinst.
Den Lehm holt er von seinem Acker, das Stroh ebenso – und das Blähglas gibt es bei einer Firma aus Schlüsselfeld. „Der Energieaufwand für die Herstellung der Steine ist gleich Null“, sagt er. Nur der Mischer auf dem Anhänger seines Traktors braucht Strom. Dort hinein leitet Schleyer den Lehm von seinen Feldern und schüttet ein paar Eimer Stroh und Blähglas hinterher. Die Masse wird gerührt, dann öffnet Schleyer den Schieber und das braune Gemisch ergießt sich in die Schubkarre.
40 Steine in einer Stunde
Jeanette Kähler hat derzeit die nötigen Werkzeuge für die Weiterverarbeitung vorbereitet. In zwei selbst gebaute Holzformen füllen die beiden die Masse, die noch feuchten Steine breitet Martin Schleyer dann auf dem Boden seiner Scheune aus. „Im Frühjahr wäre der Zeitpunkt besser gewesen“, sagt er. Aber jetzt, nach der Ernte, haben die beiden ein wenig Zeit übrig. „Und bis der Dauerfrost einsetzt, sind die Steine bestimmt getrocknet.“ 40 Steine schaffen die beiden in einer Stunde, insgesamt 1300 brauchen sie für ihre Innenwände. Der Hofladen wird aus Holzständern gebaut, die ebenfalls mit einem Blähglas-Lehm-Gemisch gefüllt werden. Innen werden die Wände mit Lehm und Sand verputzt, außen mit Kalkputz.
Sollte der Hofladen in ferner Zukunft einmal abgerissen werden, müssen nur die Bodenplatte aus Beton und die Fensterscheiben auf den Wertstoffhof gebracht werden. „Alles andere ist recycelbar“, freut sich Martin Schleyer, der die Vorteile des Baustoffs Lehm aus eigener Anschauung kennt.
Lehm speichert Luftfeuchtigkeit
Vor 20 Jahren haben seine Eltern in Repperndorf ein Lehmhaus gebaut. „Wunderbares Raumklima“, versichert er. Die Luftfeuchtigkeit wird gespeichert und auf einem Level von rund 50 Prozent gehalten. In ihrem kleinen Hofladen – geplant sind 50 Quadratmeter Verkaufsfläche plus je 20 Quadratmeter für Küche und Lagerraum – sollen die gleichen klimatischen Bedingungen herrschen.
Der Bauantrag liegt derzeit im Bauamt, die beiden hoffen auf eine schnelle Genehmigung.
Spätestens ab dem kommenden Herbst wollen sie ihre eigenen Produkte wie Dinkel- und Vollkornmehl, Haferflocken, Gemüse und Kartoffeln sowie frische Säfte aus Äpfeln und Trauben in ihrem eigenen Laden verkaufen. Von der Nachfrage sind die beiden überzeugt.
Ihr bestehender Selbstbedienungsladen in der Ortsmitte läuft richtig gut – und soll auch nach dem Bau des Hofladens in abgespeckter Form erhalten bleiben.