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IPHOFEN: Neues Leben um die Alte Schule

IPHOFEN

Neues Leben um die Alte Schule

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    Tradition trifft Moderne: An kaum einem Punkt der Iphöfer Altstadt ist der Zeitenwandel so konzentriert zu erfassen wie am Dienstleistungszentrum. Alte Schule und neues Geschäftszentrum werden zusammengehalten von einem Glaswürfel.
    Tradition trifft Moderne: An kaum einem Punkt der Iphöfer Altstadt ist der Zeitenwandel so konzentriert zu erfassen wie am Dienstleistungszentrum. Alte Schule und neues Geschäftszentrum werden zusammengehalten von einem Glaswürfel. Foto: Foto: Eike Lenz

    15 Millionen Euro in zweieinhalb Jahren. Wollte man die Summe für Bau und Sanierung des neuen Iphöfer Dienstleistungszentrums herunterrechnen, so sind an jedem der 949 Tage 15 806,11 Euro verbaut worden. Es ist die größte öffentliche Baustelle Iphofens in der Nachkriegszeit gewesen, Häuser, ach was, ein ganzes Ensemble, hat im Schatten der Stadtpfarrkirche St. Veit für den umstrittenen Anbau weichen müssen. Nur das eigentliche Objekt, das seit seiner Erbauung 1878 als Fremdkörper in der Altstadt gilt, blieb erhalten – die Alte Schule.

    Ihre Größe und Kubatur passte damals nicht in die so kleinteilige, feingliedrige Struktur der Altstadt. Doch den Mut, das Anwesen abzubrechen, hatte der Stadtrat nicht – obwohl das Ergebnis eines Wettbewerbs Mitte der 1990er Jahre genau das empfahl. Die Jury kam zu der Auffassung, dass der Entwurf des Münchner Architekturbüros Hirner & Riehl „deutlich mehr Sensibilität“ erkennen lasse als jenes alte Schulhaus, das durch seine Sandsteinfassade teuer zu unterhalten ist. „Insofern ist es gerechtfertigt, auf dieses Gebäude zu verzichten“, heißt es, „und die Rathauserweiterung (. . .) in Neubauten zu verwirklichen.“ Abriss oder Sanierung? Für beide Varianten gab es im Stadtrat Sympathien. Aber der Druck der Bürger war schließlich zu hoch: Fremdkörper hin oder her, viele hatten sich an das vertraute Bild am Rathaus gewöhnt. Ein Abriss? Nie und nimmer!

    So versuchten Bürgermeister Josef Mend und der Stadtrat das Beste aus der Sache zu machen. Doch was war das Beste? Es gab eine kleine Lösung, die nur die Sanierung des Schulhauses vorsah. Dort sitzt die Verwaltung von Stadt und VG, alte Linoleumfußböden und überdimensionierte Treppenhäuser prägten das Bild im Inneren. Und dann gab es eine große Lösung, für die vor allem Mend trommelte. Problem dabei: Er brauchte ein hinterliegendes Gebäude – und biss sich in den Verhandlungen mit der Eigentümerin beinahe die Zähne aus. Nur unter größten Zugeständnissen der Stadt war sie überhaupt dazu bereit, ihren Wohn- und Geschäftssitz in der Altstadt zu opfern und auf die grüne Wiese zu wandern. Nicht ohne sich weiter eine kleine Weinverkaufsstelle ums Eck des Marktplatzes auszubedingen.

    Der Preispoker hatte Mend Nerven gekostet, aber er bekam letztlich, was er wollte: die Option, um das Viertel von Rathaus und Kirche neue städtebauliche Akzente zu setzen. Wie diese Akzente aussehen würden, konnte man vor dem ersten Planentwurf erahnen. Man musste sich nur die Neubauten der Jahre vorher ansehen: Vinothek oder Knauf-Museum. Für die einen spiegelt sich darin die moderne Fortentwicklung der Bauweise in der Altstadt, für die anderen ist es der gesichtslose Funktionalismus einer verzweckten Architektur. Mit ihr werde der historische Reichtum dieser Stadt verzockt. Die führenden Architekten des Projekts, Walter Böhm (Iphofen) und Reinhold Jäcklein (Volkach), gehören zweifellos zu den Anhängern der modernen Lehre. Auch Vinothek und Knauf-Museum tragen ja Böhms Handschrift.

    Wie es auch funktioniert in einem sensiblen Bereich, hat vor Jahren die Stadt München gezeigt. Als es darum ging, die letzte Baulücke der Altstadt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zu schließen, hat sie sich für ein Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäude im klassizistischen Stil entschieden. Es präsentiert sich nicht kühl in Stahl und Glas, sondern traditionsbewusst: mit Rundbogen-Schaufenstern im Erdgeschoss, einem markanten Erker über alle fünf Stockwerke und kupferverblendeten Mansarddächern. Bewusst knüpfe man damit an die Baustile der Umgebung an, sagte der Projektleiter David Christmann. Architekt für das 30 Millionen Euro teure Projekt war Hans Kollhoff, der mit seinen klassizistischen Bauten das moderne Berlin geprägt hat.

    Iphofen ging einen anderen Weg. Auch dort entstand im weitesten Sinne ein Büro- und Geschäftshaus, nur dass im alten Komplex wie bisher die Verwaltung eingezogen und im neuen Trakt kleinere Läden und Agenturen Platz gefunden haben: ein Buch-Café, ein Schusterbetrieb, ein Friseursalon, eine Werbeagentur, eine Fotoschule und ein Kosmetikstudio. „Impulse für die Altstadt“ verspricht sich Bürgermeister Mend von dem Kleingewerbe.

    Der Zwischenbau, der Alt und Neu verbindet, ist komplett verglast – ein Werk aus dem Atelier des Münchner Kunstglasers Reiner John. Hinter diesen Scheiben residiert das Tourismusbüro, dem es in der benachbarten Vinothek zu klein geworden war. Auch Bücherei und Archiv finden Platz in dem weitläufigen Ensemble, das am Tag mit einem Wasserspiel im Innenhof aufwartet und nachts von energiesparenden LED-Scheinwerfern erhellt wird.

    Zur Einweihung und zum Tag der offenen Tür an diesem Samstag, 9. Mai, von 11 bis 16 Uhr, strahlt zwar nicht alles in Hochglanz – ein paar Restarbeiten müssen noch erledigt werden. Doch Staatssekretär Gerhard Eck wird dennoch kurz vorbeischauen und die Festrede halten. Immerhin hat auch der Staat mittels Zuschüssen rund 1,5 Millionen Euro spendiert.

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