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Landkreis Kitzingen: Nicht viel Bares für Rares: Kaum ein Winzer erntet noch Eiswein – Stirbt eine fränkische Spezialität?

Landkreis Kitzingen

Nicht viel Bares für Rares: Kaum ein Winzer erntet noch Eiswein – Stirbt eine fränkische Spezialität?

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    Eine Rarität. Vor zehn Jahren in Thüngersheim war es richtig schön kalt: Mathilde Keller aus Hergoldshausen  half bei der Eiswein-Lese mit.
    Eine Rarität. Vor zehn Jahren in Thüngersheim war es richtig schön kalt: Mathilde Keller aus Hergoldshausen half bei der Eiswein-Lese mit. Foto: Theresa Müller (Archivfoto)

    Sie gehören zum Kostbarsten, das ein renommierter Weinkeller zu bieten hat: Eisweine. Die Herstellung ist aufwendig, der Ertrag gering. Doch für den einzigartigen Geschmack zahlen Kenner auch mal über 100 Euro für 0,375 Liter. Dennoch scheint diese Delikatesse dem Tode geweiht.

    Um Eiswein lesen zu können, braucht es vor allem eins: Eiseskälte. Mindestens minus sieben Grad. Erst dann kann der Winzer die gefrorenen Trauben vom Stock schneiden. Es klirrt wie Glasscherben, wenn sie in den Leseeimer fallen. Wenig später wird das harte Lesegut durch kraftvolle Pressen gedrückt.

    Wenn es nicht mehr kalt genug wird, droht den Winzern ein Totalausfall

    Bedingt durch den Klimawandel reifen die Trauben heutzutage früh, oft wird schon ab Ende August gelesen. Das hat zur Folge, dass Trauben, die für Eiswein auserkoren wurden, länger am Stock hängen bleiben müssen, um überhaupt eine Chance auf Frost zu haben.

    Im Herbst Trauben hängen lassen, um Eiswein lesen zu können? Dieses Risiko ist vielen Winzern mittlerweile zu groß.
    Im Herbst Trauben hängen lassen, um Eiswein lesen zu können? Dieses Risiko ist vielen Winzern mittlerweile zu groß. Foto: Diana Fuchs

    Grundsätzlich erhöht ein früher Frost, etwa im November, die Qualität des Eisweins. Friert es erst im Januar oder gar erst Anfang Februar stark genug  – so lange kann Eiswein theoretisch gelesen werden –, haben die Trauben meist schon enorm durch Wind und Wetter gelitten oder wurden von Rehen und Wildschweinen aufgefressen. Dann schaut der Winzer in die leeren Rebzeilen – und muss mit einem Totalausfall auf der Fläche klarkommen.

    "Das Risiko steigt, dass aus hängengelassenen Trauben überhaupt kein Eiswein werden kann", fasst Peter Geil, Weingutsleiter der Domäne Castell, die Lage zusammen. Seine Worte decken sich mit denen von Stefan Nunn, Kellermeister der Gebietswinzergemeinschaft Franken (GWF). 2024 sei ohnehin ein schwieriges Jahr gewesen. "Der Ertrag war geringer als gewöhnlich, weil Spätfröste im Frühling viel kaputtgemacht haben", analysiert Nunn. Genau wie die Domäne Castell entschied sich auch die GWF deshalb dagegen, Trauben für Eiswein hängenzulassen.

    Der Eiswein-Poker ist nicht mehr beliebt

    Dieses Glücksspiel wagten im Einzugsgebiet des Weinbauverbandes Franken, zu dem 3500 Winzer gehören, in diesem Winter lediglich vier Weinbauern. Michael Bock, Pressesprecher des Verbandes, berichtet von einer diesbezüglichen Umfrage: "Wir wollten wissen, wer aus 2024er-Trauben Eiswein machen möchte. Gemeldet haben sich Sebastian Koch, Veitshöchheim, Leo Sauer, Eibelstadt, das Rödelseer Weingut Melber und Michael Krauß aus Abtswind." Zwei Weingüter lasen bereits im November 2024, zwei erst im Januar 2025. In allen Fällen war es gerade noch kalt genug.

    Vor etwas über einem Jahr erntete Thomas Fröhlich vom Weingut Ilmbacher Hof in Iphofen gefrorene Silvanertrauben für Eiswein. 
    Vor etwas über einem Jahr erntete Thomas Fröhlich vom Weingut Ilmbacher Hof in Iphofen gefrorene Silvanertrauben für Eiswein.  Foto: dpa/ Daniel Karmann

    Anders als Eisweine lassen sich Süßweine wie Beerenauslesen oder Trockenbeerenauslesen in fast jedem guten Weinjahr herstellen. Ihre Erträge sind im Vergleich zum Eiswein oft größer - die Kosten jedoch nicht; komplette Ertragsausfälle sind seltener. Das hat zur Folge, dass "sich viele Winzer eher auf liebliche Auslesen konzentrieren", erklärt GWF-Kellermeister Stefan Nunn. Die Trauben dafür können vor dem Frost geerntet werden und haben dennoch bereits ein hohes Mostgewicht.

    Die Zahlen sprechen für sich: Waren es im Jahr 2021 noch 14 Winzer aus dem fränkischen Weinbauverband, die Eiswein produziert haben, ließen ein Jahr später schon nur noch halb so viele Betriebe Trauben für Eiswein am Stock hängen. "Im Jahr 2023 haben drei Winzer das Risiko auf sich genommen. Nur einem davon gelang es tatsächlich, Eiswein zu machen", weiß Verbandssprecher Michael Bock. So gesehen stoppen die vier Weingüter, die in diesem Winter auf den eiskalten Genuss setzen, den Abwärtstrend.

    Moderne Kellereitechnik erzeugt andere Wein-Besonderheiten

    Umdrehen werde sich der Trend allerdings nicht mehr – da sind sich die befragten Weinfachleute einig. Das klimabedingte Risiko ist ein Grund dafür. Ein anderer ist: "Es gibt einfach nicht mehr den großen Run auf Eisweine", sagt Stefan Nunn. Ob das am Preis oder am Zeitgeist liegt? Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass es neben dem Eiswein inzwischen viele andere Wein-Besonderheiten gibt, der modernen Kellereitechnik sei Dank.

    Sicher ist laut GWF-Kellermeister Nunn nur: "Die Kunden fragen aktuell nicht oft nach Eiswein."

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