Wer nicht gegen das Corona-Virus geimpft ist, hat in den Fahrschulen zurzeit schlechte Karten. Geimpft oder genesen ist die Voraussetzung, um am praktischen Fahrunterricht teilnehmen zu können. Am theoretischen Unterricht könnten Ungeimpfte bei Online-Schulungen teilnehmen. Doch ohne Praxis gibt es keinen Führerschein. Seit fast zwei Jahren lähmt die Pandemie das Geschehen in den Fahrschulen und bei den Führerscheinprüfungen. Wie gehen die Fahrschulen, wie die Fahrschülerinnen und Fahrschüler mit der Situation um?

"Wer seinen Führerschein machen will, lässt sich in der Regel deswegen schon impfen", schildert Dirk Märkert. Der Inhaber der Volkacher WM Fahrschule ist kein Freund vom Jammern. Viele Vorschriften, Lockdown und Kurzarbeit haben die Arbeit in der Fahrschule in den vergangenen 22 Monaten nicht gerade leicht gemacht. Ärmel hochkrempeln, nach Lösungen suchen und machen, lautet die Devise des "Verfechters der Situation".
Theorie nur noch im Online-Unterricht
Der Unterricht am Hauptsitz in Volkach und in den Filialen in Kitzingen und Schwarzach läuft auf Hochtouren. Die Schwarzacher Außenstelle wurde erst vor fünf Monaten ins Leben gerufen. Vier Fahrlehrer und ein Aushilfsfahrlehrer sind im Einsatz, vier Auszubildende schicken sich an, Fahrlehrer zu werden. Präsenzunterricht findet so gut wie nicht mehr statt. Das theoretische Wissen wird über eine Online-Plattform in die Wohnzimmer der Fahrschüler übermittelt.

Am Donnerstagabend nehmen zehn Fahrschüler am Theorietraining teil. Fahrlehrer Felix Full sitzt vor drei Bildschirmen im menschenleeren Unterrichtsraum der WM Fahrschule. Vor Corona trafen sich dort die Fahrschüler zum Unterricht, konnten ihre ersten Fahrstunden am Fahrsimulator machen. Seit Wochen gilt im Freistaat Bayern für Fahrschulen 2G. Wer Theorie- oder Fahrstunden absolvieren will, muss geimpft oder genesen sein.
Kein Erfahrungsaustausch mehr
Märkert und seine insgesamt 18 Mitarbeiter an den drei Standorten haben sich dafür entschieden, während Pandemiezeiten keinen Präsenzunterricht zu halten. An diesem Abend haben die angehenden Führerscheinprüflinge über den Bildschirm Kontakt zu ihrem Ausbilder. "Die jungen Leute haben mit der Technik überhaupt kein Problem", schildert Märkert.

Bis zu 24 Schülerinnen und Schüler können gleichzeitig an den Onlineseminaren teilnehmen. Der Umgang mit Mikrophon und Kamera ist für sie kein Problem. Als sich alle Fahrschüler um 18 Uhr bei Felix Full angemeldet haben, starten die Unterrichtseinheiten. Ein gemeinsamer Kaffee in der Pause, wie früher üblich, ist nicht mehr möglich. Die zehnminütige Erholungsphase verbringt jeder Fahrschüler allein zuhause ohne gegenseitigen Erfahrungsaustausch. "Der Online-Unterricht ist eine prima Sache", schildert Full. Vor allem in "trockenen" Fächern wie Verkehrsrecht. Bei Themen wie Vorfahrt oder Rücksicht im Verkehr hätte er seine Fahrschüler aber dann doch lieber vor Ort.
Durch das aktuelle Prozedere entstehen auch Härtefälle. Wer vor Corona mit dem Unterricht begonnen und sich nicht impfen lassen will, muss mitten in der Ausbildung eine Durststrecke in Kauf nehmen. Auch wer schon kurz vor der Prüfung stand, hat Pech. Ohne Impfung keine Prüfung, lautet die Devise. "Ein Horrorszenario, die Leute kommen extrem unter Zugzwang", kommentiert Dirk Märkert diese Einzelfälle.

Aber auch für Fahrschüler, die die 2G-Voraussetzungen erfüllen, rutscht die Prüfung zunehmend in die Ferne. Der Grund für die langen Wartezeiten bei Fahrprüfungen und den Terminstau liegt coronabedingt bei den Behörden und beim TÜV. Da die praktische Ausbildung zeitweise eingestellt war, hat sich dort ein Rückstau gebildet, der nur langsam aufgearbeitet werden kann. Es läuft also alles andere als rund auf dem Weg zum Führerschein.
Ungeduld und Egoismus haben zugenommen
Der gebürtige Kitzinger Märkert, der die Fahrschule 2004 gründete und seit 26 Jahren in Volkach lebt, ist dennoch zuversichtlich: "Es war zwar mühevoll, aber wir haben ein Konzept für Online-Unterricht entwickelt, das sich zunehmend bewährt und gut angenommen wird." Im vergangenen Jahr probierten Märkert und sein Team kurzzeitig noch einmal Präsenzunterricht aus, seit dem Lockdown im Winter 20/21 dann nicht mehr. Die Nachfrage von Fahrschülern ist riesig. Beratungen und Anmeldungen werden telefonisch durchgeführt, die Unterlagen postalisch versandt.
Kontakt zu den Fahrschülern haben die Fahrlehrer ausschließlich in der Praxis. Mundschutz ist trotz 2G obligatorisch, diverse Hygienemaßnahmen wie Lüften und Desinfizieren sind im Fahrzeug im Stundentakt durchzuführen. "Erkältungen sind seither weniger geworden", gewinnt Full dem Ganzen auch positive Seiten ab.
Auf die Prüfungsergebnisse habe Corona keinen Einfluss gehabt, erklärt sein Chef. Nachdenklich stimmt Märkert dagegen das Verhalten mancher Interessenten: "Ungeduld, Egoismus und Ellenbogenmentalität haben unter Corona deutlich zugenommen. Viele denken nur noch an sich."