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KITZINGEN: Schreib- und Bürowaren Högner sucht einen Nachfolger in Kitzingen

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Schreib- und Bürowaren Högner sucht einen Nachfolger in Kitzingen

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    Steht der „Högner“ vor dem Aus? Jens Schellhase will sich beruflich verändern und sucht einen Nachfolger. Das Schreib- und Bürowarengeschäft nahe der Alten Mainbrücke besteht seit über 100 Jahren.
    Steht der „Högner“ vor dem Aus? Jens Schellhase will sich beruflich verändern und sucht einen Nachfolger. Das Schreib- und Bürowarengeschäft nahe der Alten Mainbrücke besteht seit über 100 Jahren. Foto: Foto: Daniela Röllinger

    Wer will übernehmen? Diese Frage stellt Jens Schellhase schon seit einiger Zeit. Weil er sich beruflich verändern will, sucht er einen Nachfolger für Schreib- und Bürowaren Högner. Auch andere Geschäftsleute in der Kitzinger Innenstadt werden sich in den nächsten Jahren mit dieser Frage beschäftigen müssen. „Das ist ein großes Zukunftsthema“, sagt Frank Gimperlein, Vorsitzender und Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins Kitzingen.

    „Schulanfang ohne Schreibwaren Högner? Kitzinger Traditionsladen schließt“, lautet die Überschrift einer Pressemitteilung, mit der sich Jens Schellhase an die Öffentlichkeit gewandt hat. Wobei er einen Zusatz anfügt: „Wenn sich kein Nachfolger findet.“ Denn sein Ziel ist es, dass die Kunden im Geschäft in der Alten Burgstraße weiterhin mit Schul- und Bürobedarf, Bastelmaterial, Saisonwaren, Präsentartikeln und Grußkarten versorgt werden. Wenn auch nicht mehr von ihm. Mit Corona habe die Entscheidung, das Geschäft abzugeben, nichts zu tun, betont Jens Schellhase, sie sei schon vor drei Jahren gefallen, also lange vor der Pandemie. Das Geschäft laufe gut. Aber er wolle sich beruflich neu orientieren, etwas anderes ausprobieren, mehr Zeit für die Familie haben. Trotzdem möchte Schellhase gern, dass der „Högner“ erhalten bleibt. Für seine Kunden und für seine fünf Mitarbeiter. Und weil das Geschäft eine über 100-jährige Tradition hat. Seit längerem sucht er deshalb einen Nachfolger. Zunächst überregional.

    „Das war ein Fehler“, sagt Schellhase inzwischen, denn fündig wurde er nicht. Erst seit er jetzt auch auf lokaler Ebene darüber informiert, dass er aufhören will, melden sich Interessenten. „Aber es ist noch nichts in trockenen Tüchern.“ Nur durch eine Hauswand getrennt von Jens Schellhase sitzt Frank Gimperlein im benachbarten Büro des Stadtmarketingvereins. Er kennt die Problematik, die sich auf der Suche nach Nachfolgern auftut. „Das Thema beschäftigt uns sehr.“ Der Grund dafür ist eigentlich ein sehr positiver: In Kitzingen gibt es noch viele inhabergeführte Geschäfte. „Das ist etwas Besonderes“, betont Gimperlein und spricht von einem Alleinstellungsmerkmal. Allerdings seien etwa 80 Prozent der Gewerbetreibenden in der Innenstadt über 50 Jahre alt. Damit sei vorhersehbar, dass sich einiges ändern werde.

    Erste Option für eine Nachfolge seien in der Regel die Kinder. Früher war es fast selbstverständlich, dass ein Geschäft innerhalb der Familie weitergegeben wurde. Doch inzwischen habe sich das verändert, vor allem, weil der Einzelhandel „nicht gerade sexy“ ist, wie Frank Gimperlein es ausdrückt. Wenig attraktiv für junge Leute, meint er damit, vor allem, weil viel Zeit investiert werden muss. Dazu sei nicht jeder bereit.

    Wenn es einen Nachfolger innerhalb der Familie gibt, sei es wichtig, die Weichen frühzeitig zu stellen und zu investieren, damit die Kinder eine Perspektive haben. Bei Winzern laufe das oft sehr gut, im Einzelhandel gebe es da noch Nachholbedarf.

    Wer keinen Nachfolger in der Familie hat, findet womöglich jemanden unter seinen Mitarbeitern. In Kitzingen gebe es verschiedene Beispiele, wo das sehr gut gelungen sei, sagt Frank Gimperlein. Die Mitarbeiter kennen das Geschäft, wissen oft schon, was gut läuft und was nicht. Ein Einblick, der wichtig ist, um ein Geschäft für die Zukunft aufzustellen. Der muss auch dann gegeben werden, wenn ein bislang Fremder das Geschäft übernimmt. Transparenz sei wichtig, man müsse das Zahlenwerk kennen, um sich für die Zukunft zu rüsten. „Da geht es um Fragen wie: Welcher Artikel wird auf wie vielen Quadratmetern angeboten und bringt wie viel Umsatz?“, nennt Gimperlein ein Beispiel.

    Auch eine realistische Vorstellung desjenigen, der das Geschäft übergeben will, sei von großer Bedeutung, so der Geschäftsführer des StmV. Hohe Ablösesummen, einen anteiligen Gewinn für die nächsten Jahre oder Geld für Kundendaten gebe es beim Verkauf von Geschäften heutzutage kaum noch oder gar nicht mehr. „Dass jemand Kundendaten im Einzelhandel kauft, ist ein Mythos“, stellt Gimperlein klar. Gezahlt werde nur für Inventar und eventuell Waren, wenn das Angebot gleich bleibt. Seien die Forderungen dafür zu hoch, schrecke das Interessenten ab.

    Um ein Geschäft und seine Hintergründe kennen zu lernen, kann es helfen, es nicht von einem Tag auf den anderen zu übernehmen, sondern einen „schleichenden Übergang“ zu wählen, so Gimperlein. Derjenige, der das Geschäft übernimmt, arbeitet erst mal ein, zwei Jahre mit, um Erfahrung zu sammeln und Einblicke zu bekommen. Oder der Vorbesitzer bleibt als Mitarbeiter im Team, um in den ersten Monaten zu unterstützen. Nicht immer ist der Geschäftsinhaber zugleich Eigentümer der Immobilie. Deshalb muss für eine problemlose Übergabe auch der Vermieter mit ins Boot genommen werden. „Der muss mitspielen“, sagt Frank Gimperlein. Indem er beispielsweise nicht die Gelegenheit nutzt, die Miete für den neuen Geschäftsmann oder die neue Geschäftsfrau gleich mal kräftig zu erhöhen, sondern vielleicht sogar in der ersten Zeit eine umsatzabhängige Miete anbietet. Denn muss ein neuer Geschäftsinhaber erst mal kräftig investieren, weil der Vorbesitzer das nicht gemacht hat und zugleich eine hohe Miete zahlen, wird es schwer.

    Zumal ja auch in Marketing investiert werden muss, um sich bekannt zu machen. „Wo soll ein junger Mensch so viel Geld für einen Start herkriegen?“, fragt Frank Gimperlein. Es gibt Vermieter, die hier durchaus entgegenkommend seien, aber eben nicht alle. Vor allem, wenn die Immobilie einer Erbengemeinschaft gehört oder der Hauseigentümer nicht in der Region lebt, sei es manchmal nicht einfach.

    Auf der anderen Seite muss der neue Geschäftsinhaber ein gutes Konzept ausarbeiten, damit der Hausbesitzer bereit ist, zu investieren. Vor allem, wenn der Wechsel mit einer Nutzungsänderung einher geht – wenn aus einem Ladengeschäft beispielsweise ein gastronomischer Betrieb wird. „Da braucht man einen guten Betreiber, damit der Eigentümer bereits ist, zu investieren.“ Geht es darum, einen Nachfolger zu finden, kann der Stadtmarketingverein beratend zur Seite stehen. „Wir versuchen, Nachfolger zu vermitteln, bei den eigentlichen Gesprächen sind wir aber natürlich nicht dabei“, so Gimperlein.

    „Wir wissen, was in Kitzingen geht und was nicht und können so dem neuen Gewerbetreibenden beim Start helfen und ihn mit unserem Netzwerk unterstützen.“ Und mit Tipps, wo die Menschen, die ein Geschäft abgeben, mit denen zusammenkommen, die eines suchen.

    Auf dem Portal nexxt-change zum Beispiel, einer Unternehmens-Nachfolge-Börse im Internet. Was „Högner“ angeht, ist Frank Gimperlein davon überzeugt, dass sich ein Nachfolger findet. Wie Jens Schellhase ist es dem Stadtmarketingverein wichtig, dass das Fachgeschäft mit seinem Angebot unter dem neuen Besitzer erhalten bleibt – für die Bürger, für Touristen, für örtliche Firmen. „Wenn Du etwas brauchst, kriegst Du es hier sofort. Das ist ein riesiger Mehrwert für die Stadt.“

    -> Einige Beispiele für gelungene Übergaben in Kitzingen lesen sie auf Seite 28

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