Einige Plätze sind verwaist, teils schon seit über einem Jahr: Auch im Landkreis Kitzingen gibt es Eltern, die ihre Kinder wegen der Corona-Pandemie nicht in die Schule schicken. Anfangs war das erlaubt, doch seit Herbst vergangenen Jahres ist die Schulpflicht in Präsenz zu erfüllen. Wer dagegen verstößt, dem droht ein Bußgeld.
Distanzunterricht, Wechselunterricht, Maskenpflicht, Testpflicht: In den Schulen wird viel dafür getan, dass sich die Kinder und Jugendlichen nicht mit dem Corona-Virus infizieren. Wer trotzdem eine Gesundheitsgefahr für seine Kinder sah, der konnte den Nachwuchs in den ersten Monaten der Pandemie vom Unterricht befreien.
Doch seit mehr als zwei Monaten ist das nicht mehr erlaubt: „Seit den Herbstferien gilt bayernweit die Regelung, dass die Schulpflicht in Präsenz zu erfüllen ist, auch wenn für die Teilnahme am Unterricht ein negativer Covid-Tests obligatorisch ist“, so Schulrat Florian Viering. Der Druck auf die Eltern sei deutlich verschärft worden. Die Schule muss besucht werden, Tests müssen durchgeführt werden. „Testverweigerer“ sind somit „Schulverweigerern“ beziehungsweise „Schulschwänzern“ gleichgestellt. Viering verweist auf Artikel 35 bis 37 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes (BayEUG) beziehungsweise Artikel 119, der ein Nichtbefolgen der Schulpflicht als Ordnungswidrigkeit einstuft. Und die kann mit einem Bußgeld belegt werden. Nach den Herbstferien wurden alle Erziehungsberechtigten über diese Neuregelung informiert.
Die Schulleitungen dokumentieren die unentschuldigten Fehltage. Fehlt ein Kind fünf Tage, werden die Erziehungsberechtigten ermahnt und daran erinnert, dass die Schulpflicht zu erfüllen ist. „Nach weiteren drei unentschuldigten Fehltagen übergibt die Schulleitung den Fall an das zuständige Ordnungsamt“, so Florian Viering. Diese Behörde leitet dann ein Bußgeldverfahren ein. Wird die Schulpflicht weiterhin nicht erfüllt, folgen weitere Bußgeldverfahren. Klar ist aber auch: Es gibt in diesen Fällen keine zwangsweise Vorführung der Kinder in der Schule und auch keine „Zwangstestung“.
Möglichkeit zur Begründung
Hat die Schulleitung das Ordnungsamt über die Fehltage informiert, gibt dieses zunächst den Erziehungsberechtigten und – sofern sie über 14 Jahre alt sind – den Schülern die Möglichkeit, sich zum Sachverhalt zu äußern, erklärt die Pressesprecherin des Landratsamtes, Corinna Petzold. „Können die Fehltage nicht berechtigt begründet werden, wird ein Bußgeld festgesetzt.“
Bis Mitte Januar liefen im Landkreis Bußgeldverfahren wegen 23 Schülerinnen und Schülern, die dem Unterricht pandemiebedingt fernblieben. Das Bußgeld liegt bei zehn Euro pro Tag, die bislang festgesetzten Geldbußen gehen bis zu 250 Euro.
Ob die Erziehungsberechtigten zahlen, darüber könne laut Petzold wegen der laufenden Verfahren noch keine Auskunft gegeben werden. Allerdings droht bei Nichtzahlung letztendlich die Vollstreckung durch die Finanzbehörden beziehungsweise das Amtsgericht. Ob die Kinder nach den Bußgeldanordnungen wieder in die Schule gehen, dazu hat das Landratsamt derzeit noch keine belastbaren Angaben. Laut Landratsamt gibt es, rein örtlich gesehen, keine Schwerpunkte. „Die betroffenen Personen wohnen über den Landkreis verteilt“, so Petzold. Bei den Schularten allerdings gibt es sehr wohl Unterschiede: Weiterführende Schulen sind nur vereinzelt betroffen, die Fälle treten überwiegend in Grundschulen auf.
Nachfragen bei den Grundschulen erweisen sich als schwierig. Schulen, in denen es, wie aus Elternkreisen zu erfahren, mehrere Fälle gibt, nehmen keine Stellung oder verweisen ans Schulamt. In einer anderen Schule gibt es lediglich einen Fall und hier sei man eng mit den Eltern und Kindern in Kontakt. An den Probearbeiten nehme das betroffene Kind teil.
Unsicherheit sei nachvollziehbar
Aus einer weiterführenden Schule ist zu erfahren, dass die Schulverweigerung dort „kein großes Thema“ sei. Im vergangenen Schuljahr, als es noch erlaubt war, dass Kinder wegen einer „individuell verspürten Gefahrenlage“ dem Unterricht fernblieben, hätten sich tatsächlich einige Eltern dafür entschieden, die Kinder zuhause zu lassen. Aufgrund der Unsicherheiten sei das durchaus nachvollziehbar gewesen. „Erst der Lockdown und plötzlich sollten auf einmal wieder ein paar Hundert Schüler zusammen im Schulhaus sein“, beschreibt die Schulleitung die damalige Situation. Das hielten manche Eltern für ein zu großes Risiko. 25 bis 30 Schüler seien zunächst zuhause geblieben, doch das habe kontinuierlich abgenommen.
Der „erste Hebel“ sei die Entscheidung des Kultusministeriums zu den Leistungsnachweisen gewesen. Wer nicht in die Schule geht, kann keine Leistungsnachweise schreiben, bekommt keine Noten. Und wer keine Noten bekommt, kann nicht vorrücken. Im Herbst folgte dann das Bußgeld. Wie die Schulleitung erklärt, seien Gespräche mit den Eltern geführt und die rechtliche Situation erklärt worden. „Man wünscht sich als Schule ja auch für das Wohl des Kindes, dass es wieder in die Schule geht. Da geht es nicht nur um die Leistung.“ Lerne ein Kind nicht mit Gleichaltrigen in der Gruppe, sondern nur alleine zuhause, sei das für die Entwicklung von Nachteil.
Zwar bieten verschiedene digitale Kanäle die Möglichkeit, die Schüler mit Materialien zu versorgen, aber wirklich machbar sei das nur im kompletten Distanzunterricht, also wenn alle Schüler einer Klasse nicht am Unterricht teilnehmen können. Zudem sei die digitale Form nicht gleichwertig mit normalem Unterricht. Auch die technische Ausstattung sei bislang laut Schulleitung nicht geeignet. Wenn einzelne Schüler dem Unterricht fernbleiben, sind die Schulen nicht verpflichtet, Distanzunterrichtsangebote vorzuhalten oder Materialien zur Verfügung zu stellen, betont Schulrat Viering für die Grund- und Mittelschulen.
Trotzdem werde das im Rahmen der personellen und organisatorischen Ressourcen meist ermöglicht. „Zumindest im Rahmen, wie auch erkrankte Kinder mit Materialien und Hausaufgaben versorgt werden.“ Viering stellt klar: „Präsenzunterricht kann durch keine andere Unterrichtsform gleichwertig ersetzt werden!“