Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine im Februar vergangenen Jahres haben hunderte Geflüchtete im Landkreis Kitzingen Obhut gefunden. Viele von ihnen sind beruflich qualifiziert, sagt Martin Hertlein, Teamleiter im Bereich Markt und Integration im Jobcenter in Kitzingen: "Fast alle haben Berufsausbildungen, die vergleichbar sind mit unseren." Bei einigen gestalte sich die Eingliederung in den Arbeitsmarkt dennoch schwierig.
Ein Grund dafür ist, dass es sich bei den Ukraine-Geflüchteten hauptsächlich um junge Mütter handelt, die oftmals keine Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder haben. Daneben gibt es andere, bei denen das Alter oder die fehlende Mobilität der Kundinnen und Kunden die Arbeitsvermittlung erschweren. Von insgesamt 528 Ukrainerinnen und Ukrainern, die in 232 Bedarfsgemeinschaften leben, sind 334 (242 Frauen und 92 Männer) erwerbsfähige Leistungsberechtige.
Inzwischen sind 54 Geflüchtete in einem Beschäftigungsverhältnis, sagt Gerhard Waigandt, Geschäftsführer des Jobcenters Kitzingen. Menschen aus der Ukraine werden vergleichsweise schnell in den Arbeitsmarkt integriert. Das liegt auch daran, dass sie seit Juni 2022 Grundsicherung nach SGB II bekommen.
Ukrainische Geflüchtete dürfen schnell in Deutschland arbeiten

Diese politische Entscheidung hat zur Folge, dass Geflüchtete aus der Ukraine – im Unterschied zu Geflüchteten aus anderen Ländern wie Afghanistan oder Syrien – schnell anerkannt werden und arbeiten dürfen: "So etwas haben wir noch nie erlebt. Die politischen Hebel wurden so schnell umgelegt", sagt Waigandt, "dass wir im Mai sehr zügig die ganzen Daten umstellen mussten, damit das Geld ab Juni kommt."
"Das ist eigentlich ziemlich ungerecht."
Gerhard Waigandt, Geschäftsführer des Jobcenters Kitzingen
Andere Geflüchtete fallen dagegen in das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz. Sie werden nicht vom Bund, sondern über die Kommunen finanziert. "Dafür müssen sie sich beim Ausländeramt melden. Die Ukrainer dagegen kommen gleich zum Jobcenter", sagt Waigandt. Auch bekommen sie mit der Grundsicherung mehr Geld.
Der wichtigste Unterschied sei jedoch, dass Asylsuchende nicht unmittelbar arbeiten dürfen, solange sie nicht als asylberechtigt anerkannt werden: "Die Leute verstehen oft nicht, dass noch nicht anerkannte Asylsuchende nicht arbeiten dürfen, während die Ukrainer vielfach sofort eine Arbeit aufnehmen können. Das ist eigentlich ziemlich ungerecht", sagt Waigandt.

Die Anerkennung der ukrainischen Geflüchteten erfolgt in der Regel innerhalb eines Jahres. Parallel dazu läuft der Integrationskurs. Das Angebot wird positiv angenommen, sagt Hertlein: "Sie fragen alle danach. Manche sind teilweise bereits für Deutschkurse angemeldet, bevor sie zu uns kommen." Oft helfen ihnen Ehrenamtliche bei der Anmeldung zu einem Deutschkurs. Die Ukrainerinnen und Ukrainer profitieren laut Hertlein von den Ehrenamtsstrukturen, die seit 2015 bestehen.
Sehr viele Ukraine-Geflüchtete arbeiten in Helferberufen
Die Arbeitsvermittlung wird lauf Waigandt auch bei den Ukraine-Geflüchteten dadurch erschwert, dass es nicht immer genug Kapazitäten für eine angemessene Beratung der Menschen gibt: "Wenn man mit den Leuten arbeiten will, braucht man Zeit und Geld – beides haben wir nicht." Das Problem: Je mehr Menschen in Arbeit und Bedarfsgemeinschaften gebracht werden, desto weniger Geld – und damit Personal – gibt es im darauf folgenden Jahr fürs Jobcenter. "Es braucht aber Zeit, um den Werdegang der Menschen nachvollziehen, Vermittlungshemmnisse zu erkennen und abzubauen", sagt Waigandt. Im Moment betreut ein Jobcenter-Mitarbeitender zwischen 260 und 280 Kunden.
Laut Jobcenter haben die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer eine Berufsausbildung oder ein Studium. Dennoch arbeitet derzeit ein Drittel von ihnen nur als Helfer. Waigandts Begründung: "Wenn jemand schnell in Arbeit kommen will, aber noch dabei ist, die Sprache zu erlenen, dann kommt oft erstmal nur ein Helferberuf in Frage."