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Kitzingen: So viele Flüchtlinge wie noch nie: Können bald nur noch Container-Dörfer helfen?

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So viele Flüchtlinge wie noch nie: Können bald nur noch Container-Dörfer helfen?

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    Container-Dörfer für Flüchtlinge im Landkreis Kitzingen – hier ein Symbolbild – sind wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit.
    Container-Dörfer für Flüchtlinge im Landkreis Kitzingen – hier ein Symbolbild – sind wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Die Bitte der Landrätin an die Bürgermeister im Landkreis Kitzingen vergangenen November war eindringlich: Jeder möge noch einmal genau prüfen, ob sich nicht doch noch Wohnraum findet. Dem schriftlichen Aufruf folgte kurze Zeit später bei einer gemeinsamen Besprechung ein weiterer Appell. Rückmeldung: keine einzige, die zu einer weiteren Unterkunft geführt hätte.

    Das Ergebnis dürfte Tamara Bischof nicht überrascht haben: Wo nichts ist, ist nichts. Müssen also doch wieder Turnhallen zweckentfremdet werden und als Notquartier herhalten? Genau das aber, so hat es die Kreis-Chefin mehrfach betont, werde sie mit aller Macht zu verhindern versuchen. 

    Wie aussichtslos die Suche nach normalen Wohnungen ist, zeigt die Zahl der Fehlbeleger in den Gemeinschaftsunterkünften (GU). Unter dem Fehlbeleger-Begriff versammeln sich jene, deren Asylantrag anerkannt ist und die eigentlich die GU verlassen müssten. Nur: wohin? Und so sind die Unterkünfte auch deshalb vollgestopft, weil dort zu viele wohnen, die nicht mehr dort sein dürften. Beispiel Kitzinger Corlette Circle: Von 135 Menschen sind 67 Fehlbeleger. Beispiel Oberer Mainkai in Kitzingen: Von den 60 Bewohnern dürften 14 längst nicht mehr dort sein.

    Aktuell sind einige Hallen der ehemaligen Firma Bären-Schmidt in Mainbernheim – wieder einmal – als Notunterkunft hergerichtet. Hier ein Blick in die ehemalige Betriebskantine, die als Aufenthalts- und Speiseraum dienen soll.
    Aktuell sind einige Hallen der ehemaligen Firma Bären-Schmidt in Mainbernheim – wieder einmal – als Notunterkunft hergerichtet. Hier ein Blick in die ehemalige Betriebskantine, die als Aufenthalts- und Speiseraum dienen soll. Foto: Gerhard Krämer

    Aus Übergangsquartier wird Dauereinrichtung

    Im Grunde ist die Situation überall gleich: Im Kitzinger Innopark, der größten Einrichtung im Landkreis, leben 486 Flüchtlinge, davon sind 164 Fehlbeleger. In der Kleinlangheimer Unterkunft wurden 87 Menschen einquartiert, 38 davon müssten längst weg sein. Der Platz für Neuankömmlinge ist also auch deshalb nicht vorhanden, weil die Unterkünfte keine Übergangsquartiere mehr sind – sondern Dauereinrichtungen. 

    Ein Zustand, den es nicht erst seit gestern gibt und der sich kaum ändern dürfte – eine Lösung ist nicht in Sicht. Was dazu führt, dass weitere Notfallpläne in Betracht gezogen werden. Es gehe darum, "neue Unterbringungskapazitäten zu generieren", wie es Alexander Warkotsch ausdrückt, der für die Öffentlichkeitsarbeit bei der Regierung von Unterfranken in Würzburg zuständig ist. Man sei, betont er, "wegen der anhaltend hohen Zugangszahlen Geflüchteter" sowieso "im gesamten Regierungsbezirk regelmäßig mit potenziellen Vermietern und Investoren bzgl. der Anmietung geeigneter Unterkünfte und Liegenschaften im Gespräch". 

    Flächen für "Modulbauten"

    Nachdem sich das mit den Unterkünften kaum realisieren lässt, richtet sich der Blick auf geeignete Flächen "zur Errichtung von Modulbauten". Containerdörfer also, die wohl kommen, wenn sonst nichts mehr geht. Warkotsch ist gut im Thema drin, weil die Gemeinschaftsunterkünfte durch die Regierung von Unterfranken betrieben werden. Im Unterschied zu dezentralen Unterkünften, wo der Landkreis die Verantwortung trägt.

    Auch Nordheim hatte schon mal eine Notunterkunft für Geflüchtete: Auf dem Gelände des ehemaligen Pionierübungsplatzes der Bundeswehr wurden bestehende Hallen genutzt – und auch Container aufgebaut. Es blieb allerdings eine kurze Episode.
    Auch Nordheim hatte schon mal eine Notunterkunft für Geflüchtete: Auf dem Gelände des ehemaligen Pionierübungsplatzes der Bundeswehr wurden bestehende Hallen genutzt – und auch Container aufgebaut. Es blieb allerdings eine kurze Episode. Foto: Frank Weichhan

    Die unterschiedlichen Zuständigkeiten deuten an, dass es auch um ein Politikum geht: Setze man bei der ersten Flüchtlingskrise 2015 auf eine möglichst flächendeckende Verteilung, begann 2016 die Zentralisierung, die Zusammenführung an einem Ort. Die seinerzeit 45 dezentralen Unterkünfte wurden aufgegeben, man konzentrierte sich auf den Innopark.

    Ein mitunter wildes Hin und Her, wie es beispielsweise in Nordheim stattfand. Dort gab es am Ortseingang eine Notunterkunft für 400 Menschen auf dem Gelände des damals stillgelegten Pionierübungsplatzes der Bundeswehr. Eine kurze Episode: Kaum richtig für 55 Bewohner in Betrieb, wurde die Unterkunft rückabgewickelt. In dem Glauben, es gebe keinen Flüchtlingsstrom mehr. Ein Dauerbrenner sind dagegen einige Hallen der ehemaligen Firma Bären-Schmidt in Mainbernheim. Eine Art Stand-by-Notunterkunft, die aktuell wieder aktiviert ist und jederzeit genutzt werden kann – als letzter Notnagel vor den Containern.

    Wenig dezentrale Unterkünfte

    Der erneute Aufbau dezentraler Unterkünfte dagegen bleibt überschaubar: Aktuell gibt es Standorte in Gnodstadt (15 Flüchtlinge), Schwarzach (24 Flüchtlinge) sowie Wiesenbronn (19 Ukrainer). 

    Ob und wann Containerdörfer herhalten müssen – da hält sich die Regierung von Unterfranken bedeckt. "Inwieweit sich Standorte im Landkreis Kitzingen für Modulbauten eignen", so betont der Pressesprecher, müsse man "im konkreten Einzelfall prüfen".

    Dass es bald so weit sein könnte, zeigen die Zahlen: Es gibt beinahe monatlich neue Höchstwerte. Zwar betont die Regierung, dass es Menschen gibt, "die Monate nach ihrer Anerkennung" aus den Unterkünften ausziehen. Andere hätten es jedoch "auch aufgrund der Familiengröße schwer", eine passende Wohnung finden. Und: "Manche Personen ziehen auch deshalb nicht aus, weil die Unterkunftsgebühren relativ niedrig sind." Allgemein gelte: Es werde für Geflüchtete "aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt zunehmend schwieriger, eine Wohnung zu finden", heißt es aus Würzburg. 

    Dettelbach als Container-Standort – ein Gerücht

    Wohin also mit den vielen Menschen? Am Ende dürfte an den Container-Dörfern auch im Landkreis kein Weg vorbeiführen. Wo und wann das sein könnte – da gibt es jede Menge aus der Gerüchteküche. Hartnäckig hält sich in den sozialen Netzwerken die Meinung, dass ein Containerdorf in Dettelbach längst beschlossene Sache sei. Dass dem nicht so ist und es keine konkreten Verhandlungen gibt, bestätigen sowohl die Regierung als auch Bürgermeister Matthias Bielek. Auch dem Landratsamt liegen auf Nachfrage "keine weiteren Informationen in Sachen Container-Standorten vor".

    Zuletzt hatte sich die Lage rund um den Jahreswechsel etwas entspannt, die Flüchtlingszahl stagnierte. Zieht sie wieder an, gibt es aktuell noch um die 130 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften. Zudem stünde in Mainbernheim im ehemaligen Bären-Schmidt-Gelände eine wieder in Betrieb genommene Notunterkunft bereit.

    Die letzten Zuweisungen vor Weihnachten in den Landkreis erfolgten am 13. Dezember mit elf Personen. Nach einer Pause über die Weihnachtsfeiertage stehen nun ab 18. Januar die nächsten Zuweisung mit aktuell zehn Personen an.

    Die 2000er-Grenze überschritten

    Ob und wann es wieder richtig losgeht, steht in den Sternen. Und es bleibt dabei: Obergrenzen werden nicht definiert. Im Landkreis wurde vergangenes Jahr die 2000er Grenze erstmals überschritten. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass die Zahl nicht weiter steigt. Weshalb der Kreislauf vorerst bleibt: Jede Kommune muss nach einem vorgegebenen Modus einen gewissen Anteil an Neuankömmlingen unterbringen – auch zwangsweise. 

    Fest steht nur so viel: Der Landkreis Kitzingen hat prinzipiell 6,8 Prozent der Geflüchteten in Unterfranken aufzunehmen. Was das in absoluten Zahl heißt und ob das letztlich doch zu Container-Dörfern führt, ist auch Anfang 2024 völlig offen.

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