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Wiesenbronn: "Unglaublich, was du geleistet hast": Als Pionier des Öko-Weinbaus kämpfte Gerhard Roth gegen Spott und Verdächtigungen

Wiesenbronn

"Unglaublich, was du geleistet hast": Als Pionier des Öko-Weinbaus kämpfte Gerhard Roth gegen Spott und Verdächtigungen

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    Gerhard Roth stößt in den Weinbergen mit Tochter Nicole an, die inzwischen das Bioweingut in Wiesenbronn führt.
    Gerhard Roth stößt in den Weinbergen mit Tochter Nicole an, die inzwischen das Bioweingut in Wiesenbronn führt. Foto: Weingut Roth

    Gerhard Roth war das älteste von fünf Kindern, Gerhard Roth musste Landwirtschaft lernen. Aber zum Glück gehörte damals zum Hof gut ein Hektar Weinberge. So erzählt er es bei einem Treffen mit Wegbegleitern, Branchenfreunden und der Familie bei der Jubiläumsfeier. Vor 50 Jahren hat das Weingut Roth begonnen, Bioweine anzubauen.

    Der Weg dorthin war steinig und keineswegs gerade. Gerhard Roth besuchte die Fachschule und traf bei seiner Ausbildung auf einen Lehrbetrieb in Hüttenheim. Dort lernte er die Familie Rabenstein kennen und erfuhr, dass es bei ihr auch Weinberge gibt, um Wein zu machen. "Klar, dass ich dann auch noch Winzer machen wollte bis zum Meister", sagt Roth. So reifte der Gedanke, sich umzuorientieren und ein eigenes Weingut aufzubauen.

    Doch wie kam er zum Bioweinbau? Der Grund dafür ist einfach: Gerhard Roth ist empfindlich gegenüber Pflanzenschutzmitteln. "Ich musste Mittel und Wege finden, ohne diese auszukommen." Er war quasi gezwungen, den übernommenen Betrieb umzustellen – und gilt seither als einer der Pioniere des biologischen Weinbaus in Franken.

    Den Begriff "Öko" kannten vor 50 Jahren nur ganz wenige

    Ein mühsamer Weg in den ersten Jahren. Zumal es damals nicht einfach war, rasch an Informationen zu gelangen. Roth wusste zum Beispiel von Otto-Heinrich Sander und seinem Bio-Weingut aus dem rheinhessischen Mettenheim. Auch in Südtirol hatte sich das Weingut Loacker an den biologischen Weinbau gewagt. Den Begriff "Öko" habe man damals noch gar nicht gekannt. Es sei um den Schutz der Pflanzen gegangen, um den natürlichen Anbau ohne chemische Mittel und darum, gute Trauben zu bekommen. Roth sah die Notwendigkeit, sich zu vernetzen. Es entstanden ökologische Weinbauverbände.

    Der Weg zum Bioweingut war beschwerlich. Heute sind Nicole und Gerhard Roth gerne in den ökologisch bewirtschafteten Weinbergen unterwegs.
    Der Weg zum Bioweingut war beschwerlich. Heute sind Nicole und Gerhard Roth gerne in den ökologisch bewirtschafteten Weinbergen unterwegs. Foto: Weingut Roth

    Doch es blieb schwer. "Ich kann nicht behaupten, dass wir die 'normalen' Kollegen auf unserer Seite hatten", sagt der Öko-Winzer. Er erinnert sich an Äußerungen anderer Winzer. "Ob der nicht doch nachts Kunstdünger streut?" sei eine der Unterstellungen gewesen. Man habe ihn in Misskredit bringen wollen, zum Glück sei die Familie mit ihm den Weg gegangen. Spurlos sei das alles nicht an ihm vorbeigegangen. Doch er war überzeugt, das Richtige zu tun. Und fügt hinzu: Das bedeute nicht, dass das andere nicht richtig sei.

    "1974 entstand der erste Wein, der sich Öko nennen durfte", blickt der Pionier zurück. Mittlerweile wird laut Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbands, ein Fünftel der Fläche in Franken ökologisch bewirtschaftet. Roths Tochter Nicole führt mittlerweile das Weingut in Wiesenbronn. 2015 wurde der Übergabevertrag geschrieben. Und Gerhard Roth stellte ihr die Gretchenfrage: Wie hältst du's mit Öko?

    Tochter Nicole Roth stand vor der Gretchenfrage

    "Das stand für mich nie in Frage", bekräftigt sie heute. Sie und ihre Schwester Kerstin Büttner, die das RotHwein-Hotel führt, seien schließlich mit Weitblick erzogen worden. "Wir sind als Kinder im Wengert groß geworden", erzählt Nicole Roth und lacht. Sie erinnert sich an "stinkende Bottiche" im Garten, die sie umrühren durften. "Da hat mein Vater mit Spritzmitteln experimentiert."

    Diese Mittel haben nichts mit Chemie zu tun, sie haben Schachtelhalm oder Brennnessel als Grundlage – oder Backpulver. "Es waren Versuche. Wir mussten ja alles selber machen. Es gab keine Vorbilder", erzählt Nicole Roth. Heute sei alles viel einfacher. Doch: "Langsam wuchs das ökologische Pflänzchen." Als "Querdenker aus Wiesenbronn" sei ihr Vater bezeichnet worden. "Wir Kinder sind hinter ihm gestanden." Über 70 junge Leute seien im Betrieb ausgebildet worden. Heute setzten sie ihr Wissen im In- und Ausland um.

    Seit 50 Jahren gibt es den Bioweinbau von Gerhard Roth. Grund genug, die Schatzkammer des Weinguts zu öffnen.
    Seit 50 Jahren gibt es den Bioweinbau von Gerhard Roth. Grund genug, die Schatzkammer des Weinguts zu öffnen. Foto: Gerhard Krämer

    Ökologisches Denken und Handeln ist bei den Roths in allem verankert. Das gesamte Weingut ist nach ökologischen Standards aufgebaut. Dazu zählen Sonnenkollektoren, Wärmepumpe, Flaschenspülen, Regenwassernutzung oder das vor Ort wachsende Eichenholz für Rotweinfässer. Die Vorreiterrolle scheint in der Familie zu liegen. Denn bereits 1946, so ist es der Chronik zu entnehmen, werden Rotweinreben gepflanzt. Die ersten in der Region und damit der Ausgangspunkt für die "Rotweininsel Wiesenbronn".

    Mittlerweile lacht keiner mehr. Vom Erfolg zeugen Auszeichnungen wie sechsmal Best of Gold. Probleme bereiten der Winzerin und studierten Önologin heute "die unsinnige Bürokratie und staatliche Anordnungen".

    Roths Rebschnitt glich einem "preußischen Haarschnitt"

    Bei der jüngsten Jubiläumsfeier haben die Roths viel Lob und Anerkennung von den Gästen erfahren. Bürgermeister Volkhard Warmdt verriet, dass seine Frau Beraterin bei Naturland war, bei dem Verband, dem auch das Weingut Roth angehört. So sei man nach Wiesenbronn gekommen. "Hier spürt man Öko", hob die Fränkische Weinkönigin Lisa Lehritter hervor. Weinbaupräsident Artur Steinmann wandte sich direkt an Gerhard Roth: "Unglaublich, was du geleistet hast."

    Hermann Schmitt (von links) und Artur Steinmann vom Fränkischen Weinbauverband gratulierten Gerhard Roth ebenso zum Jubiläum wie die Fränkische Weinkönigin Lisa Lehritter.
    Hermann Schmitt (von links) und Artur Steinmann vom Fränkischen Weinbauverband gratulierten Gerhard Roth ebenso zum Jubiläum wie die Fränkische Weinkönigin Lisa Lehritter. Foto: Gerhard Krämer

    Bei ihm sei alles ökologisch aus Überzeugung. Denn damals sei alles "ordentlich" im Weinberg gewesen. "Der Rebschnitt glich einem preußischen Haarschnitt." Roth sei ein Charaktermensch. So, wie die Familie denke, sei auch der Wein, sagte Steinmann. Mit Blick in die Zukunft erklärte Roth, dass am ökologischen Weinbau kein Weg vorbeiführe. Dabei bedeute Öko nicht nur "Ich schütze die Natur", sondern auch: "Ich schütze die Mitarbeiter." Solange ihm die Arbeit Spaß mache, sei er dabei. "Und es macht Spaß", betonte er.

    Bewässert werden Roths Weinberge nicht. Seine Maxime: "Wir müssen die Reben so pflegen, dass wir kein fremdes Wasser brauchen."

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