Der Campingwagen als zweites Zuhause? Für viele Dauercamper gilt das nicht nur im übertragenen Sinn, denn die meisten mussten während der Corona-Pandemie ihren Zweitwohnsitz anmelden, um auf den Campingplätzen übernachten zu können. Dort haben sie einen kompletten zweiten Haushalt, mit allem, was man zum Leben braucht. Und zum Abschalten und Entspannen, denn genau das suchen die Camper: einen Ort, an den man jedes Wochenende flüchten kann und nach seinen eigenem Zeitrhythmus lebt– jedenfalls so gut wie.
Marina und Johannes Hauber kommen aus dem Ostalbkreis. Jetzt sitzen sie in Schwarzenau auf dem Campingplatz und blättern glücklich und gedankenverloren in ihrem Fotoalbum. Wie viele Dauercamper, die seit Jahren immer wieder an den gleichen Ort kommen, haben sie viele Erinnerungen gesammelt. Wie viele Geburtstage, Hochzeiten und Feste sie gemeinsam mit der Clique schon auf dem Campingplatz gefeiert haben, erstaunt sie selbst. „Man hat hier Freundschaften geknüpft“, erzählt Marina Hauber. Seit 1993 kommt das Paar schon auf den Campingblatz „Mainblick“ in Schwarzenau. Ein Arbeitskollege hatte die beiden damals auf den Platz aufmerksam gemacht.
Die Wahl des Campingplatzes
Die Gründe, sich für einen Campingplatz zu entscheiden, sind von Camper zu Camper unterschiedelich. Einige sind auf der Suche nach einem Dauerstellplatz und es ist nicht ganz einfach, einen zu finden. Zudem sollte es ja mit den nähesten Nachbarn harmonieren. „Entweder man ist schnell wieder weg oder man bleibt lange“, erklärt Caroline Röder-Drenkard aus Kitzingen. Andere zieht es aufgrund der Lage zu bestimmten Orten, so wie es auch bei Familie Hauber war. Auch die Entfernung zählt, da Dauercamper häufig fast jedes Wochenende auf dem Campingplatz sein wollen. Eine längere Anreise wäre da eher unpraktisch.
So manche Familie kommt schon in der zweiten Generation auf den Platz. „Unsere Kinder waren hier bei Ferienbetreuungen, als sie noch kleiner waren. Heute haben sie mit ihrer Familie auch einen Stellplatz hier“, erzählt Marina Hauber. „Wir hätten es fast geschafft, dass vier Generationen hier sind. Um ein Jahr haben wir es verfehlt“, sagt Arne Ruoff aus der Nähe von Würzburg. Schon er selbst fuhr mit seinen Eltern früher immer auf den Campingplatz „Mainblick“ – dort hat er auch seine Frau kennengelernt.
Caroline Röder-Drenkard hingegen probierte das Campen 2009 zum ersten Mal aus – und hat Gefallen daran gefunden. Es tue ihr gut, fast den ganzen Tag an der frischen Luft zu sein. „Ich bin weniger krank“, hat sie festgestellt.
Ein großer Pluspunkt des Campingplatzes in Schwarzenau ist die Lage direkt am Main. Das Ehepaar Hauber findet den Platz vor allem wegen des Bootsanlegepatzes ideal, da beide sehr gern Boot fahren – und auch die Wasserski- und Wakeboardstrecke startet direkt vor der „Haustüre“. Die Lage am Main schätzen auch das Ehepaar Ruoff und Caroline Röder-Drenkard sehr. So haben sie ihre Unterkunft direkt am Wasser und damit einen traumhaften Ausblick auf den glitzernden Fluss. Schattenspendende Bäume ergänzen ihren Platz perfekt. Auch Familie Lassak schätzt das: „Man kann baden und paddeln gehen. Neulich haben wir uns von Astheim runtertreiben lassen“, erzählt Tanja Lassak. Sie und ihre Familie kommen ebenfalls aus der Nähe von Würzburg und haben seit 2020 eine Pazelle auf dem Campingplatz gemietet.
Neben der Lage am Main gefallen dem Ehepaar Kutt aus Fulda die Umgebung und auch die Menschen am Schwarzenauer Platz besonders gut. Seit 24 Jahren ist das Paar nun schon fast jedes Wochenende hier. Auch die Haubers haben nur lobende Worte für die Umgebung und die Landschaft. Sowohl zu Land als auch zu Wasser sind sie gerne unterwegs und machen viele Ausflüge, gerne auch zu den Weinfesten in der Region. Für bestimmte Veranstaltungen fährt das Ehepaar auch extra her. „Es ist hier ein gutes Komplettpaket“, sagt Marina Hauber.
Mini-Ferien
Viel länger als zwei Wochen am Stück sind jedoch kaum Dauercamper da, zwischendurch geht es immer wieder nach Hause. Wobei Familie Lassak während des Corona-Lockdowns sehr viel am Campingplatz war: „Wir haben quasi ein Pippi-Langstrumpf-Leben geführt.“ Trotzdem seien sie ab und zu noch heimgefahren. Die meisten Dauercamper sind jedes bis jedes zweite Wochenende vor Ort. „Das ist jedes Mal so wie Mini-Ferien“, sagt Caroline Röder-Drenkard. „Man kommt runter. Alles ist hier entspannt“, findet auch Marina Hauber.
Der einzige Urlaub ist der Aufenthalt auf dem Campingplatz für viele übrigens nicht. Die meisten fahren zusätzlich gerne nochmal in Urlaub – von Gardasee bis Portugal, Irland und sogar Amerika ist alles dabei. So haben die Haubers sogar schon gemeinsam mit ihren Freunden vom Campingplatz eine Schiffskreuzfahrt unternommen. Andere bleiben aber dann doch lieber beim vertrauten Campingwagen.
Mühsamer Ab- und Aufbau
Der Campingwagen zum Dauercamping ist für die meisten jedoch ausschließlich in Schwarzenau am Main stationiert. Der Aufwand, ihn dort erst ab- und anderswo wieder aufzubauen, wäre viel zu groß. Es ist alles eingerichtet und bleibt die Sommersaison über stehen. Selbst im Falle eines Hochwasser überlege man sich zweimal, ob ein Abbau nötig sei oder ob das Hochwasser nicht so schlimm wird, erzählt Arne Ruoff.
Den Winter über muss der Campingwagen jedoch so oder so abgebaut werden. „Wir haben daheim einen Anhänger. Da kommen unsere ganzen Campingsachen rein. Aktuell steht er leer“, erzählt Johannes Hauber. Im Frühjahr wird dann wieder alles hergerichtet. „Da nehmen wir uns eine Woche Urlaub und bauen alles auf. Aber wir machen uns keinen Stress. Wenn wir nicht fertig werden, dann ist es so“, fügt seine Frau hinzu. Hetze und Camping – das verträgt sich nicht.
Nach dem Winter ohne Camping freuen sich alle vor allem darauf, die Leute wieder zu sehen. Man würde im Winter zwar ab und zu telefonieren und den Kontakt halten, aber es sei kein Vergleich zum Sommer, wie Karin Ruoff und Caroline Röder-Drenkard erzählen. „Man hat Sommer- und Winterfreunde.“