Der Klingenwald bei Kitzingen birgt ein Geheimnis, über das im Laufe der Jahrzehnte Gras gewachsen ist. Unter dichtem Laubwerk verstecken sich hier elf Bunker aus der Zeit des Kalten Krieges, und obwohl die Anlagen seit dem Abzug des US-Militärs im Jahr 2006 nicht mehr gewartet werden, lassen sich ihre schweren Stahltore immer noch erstaunlich geschmeidig öffnen und schließen. Waren es in der Vergangenheit hauptsächlich die Lost-Place-Jäger, die sich für die gut getarnten früheren Munitionslager im Wald interessierten, so sind die Bauten angesichts der explosiven Gegenwart jetzt wieder ins Blickfeld der Politik geraten.
In Deutschland ist die Möglichkeit eines Krieges in die Köpfe der Menschen zurückgekehrt. Das hängt mit Wladimir Putin zusammen, aber auch mit Donald Trump. Das freie Europa wird von Ost und von West gleichzeitig in die Zange genommen, und die Bundesregierung ist gerade dabei, Strategien gegen die Angst zu entwickeln. Und der Bunker, der schon als Fossil galt, wird plötzlich wieder interessant – selbst für den Staat.

Wer sich im Juni 2024 bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz BImA, nach dem Stand der Bunker im Klingenwald erkundigte, bekam zur Antwort: "Die Liegenschaft ist zum Verkauf vorgesehen, da sie für Zwecke des Bundes nicht benötigt wird."
Jetzt prüft der Bund eine Nutzung der verlassenen Bunker
Fast ein Jahr später hört sich das Ganze – im Lichte neuer politischer Risikoszenarien – schon anders an: "Die BImA ist aktuell damit befasst, erneut zu prüfen, ob eine weitere Verwendung der Liegenschaft durch den Bund in Betracht kommt." Die Bundesbehörde in Bonn, die noch immer einen Großteil der von den US-Streitkräften aufgegebenen Areale verwaltet, spricht von einer "ergebnisoffenen Prüfung" – und gibt sich auf weitere Nachfrage schmallippig.

Ob diese Überlegungen im Zusammenhang mit der verschärften Sicherheitslage und den veränderten Bedarfen der Bundeswehr stehen? Ob es eine generelle Linie gibt, wie man mit solchen Bunkern verfährt? Und was überhaupt mit Anlagen dieser Art geplant ist? Auf all diese Fragen reagiert die Behörde mit Allgemeinplätzen und verbalen Abrüstungsversuchen.

Man habe den "gesetzlichen Auftrag", Liegenschaften des Bundes nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten und "dienstlichen Nutzern" wie Bundeswehr, Zoll, Bundespolizei oder THW zur Verfügung zu stellen. "Dabei kommt es regelmäßig dazu, dass ein bereits geplanter Verkauf durch eine auch allgemeine Flächenbedarfsanfrage eines dienstlichen Nutzers ausgesetzt wird." Dies betreffe auch das Objekt in der Kitzinger Klinge.
Die Bundeswehr hat "derzeit keine konkreten Bedarfe"
Beim Bundesverteidigungsministerium heißt es auf Nachfrage, es lägen "derzeit keine konkreten Bedarfe" der Streitkräfte nach Bunkeranlagen vor. Allerdings prüfe die Bundeswehr "als Folge der Zeitenwende sowie der sicherheitspolitischen Veränderungen" gemeinsam mit der BImA "zahlreiche Liegenschaften", ob sie für eine künftige Nutzung infrage kommen. Die BImA unterliege zwar nicht der Weisungsbefugnis des Verteidigungsministeriums, stimme sich bei der Wahrnehmung von Aufgaben aber mit ihm ab.
Den Bürgermeistern des Landkreises wurde neulich im Landratsamt ein "Operationsplan Deutschland" präsentiert. Als Reaktion auf all die Krisen, so hieß es, müsse Zivilschutz neu gedacht werden. Auch wenn vieles dabei eher vage blieb, klar war: Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung und des Abbaus müsse nun schnell gehandelt werden. Wichtig dabei könnten die verbliebenen Konversionsflächen in und um Kitzingen werden.

Die Frage ist, was davon noch verfügbar ist. Im Klosterforst gehören der BImA eigenen Angaben zufolge nur noch "einzelne Waldflächen, die vom Bundesforst dauerhaft bewirtschaftet werden". Hektarweise hat die Stadt Kitzingen dort Flächen und Gebäude erworben. Das sogenannte Phantomdorf, in dem die US Army einst den Häuserkampf übte und später Feuerwehr und THW Katastrophen simulierten, wurde schon 2020 plattgemacht.
Und die 22 früheren Bunker des US-Militärs – jeder so groß, dass dort gut die Ladung von zehn Lastwagen unterkommen könnte – sind vor mehr als zehn Jahren an eine Schwestergesellschaft des Kitzinger Innoparks verkauft worden. Wer hier an einem Samstagvormittag unterwegs ist, kann beobachten, wie mitten im Wald Waren aller Art umgeschlagen werden.
Im Kitzinger Landratsamt geht es 17 Stufen in die Tiefe
Auch im Kitzinger Landratsamt gibt es noch einen Schutzraum, gebaut Mitte der 1980er-Jahre auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Im Mai 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, hat Jürgen Link, oberster Katastrophenschützer im Landkreis, hier den Reporter empfangen. Vom Parterre aus geht es 17 Treppenstufen in die Tiefe, durch eine dicke Panzertür gelangt man in ein fensterloses Verlies, an der Decke Neonröhren, auf den Tischen Telefone, im Nebenraum zwei Faxapparate und ein analoges Funkgerät. Robuste Technik ohne Schnickschnack.

Fragt man drei Jahre später noch einmal bei der Behörde an, heißt es, der Schutzraum sei "voll funktionsfähig". Was in diesem Fall bedeutet: "Er dient seit nunmehr fast 40 Jahren seinem ursprünglichen Zweck als Arbeitsraum der Führungsgruppe Katastrophenschutz." Im Ernstfall soll hier die Landkreis-Führung mit den Chefs von Hilfs- und Rettungsorganisationen Stellung beziehen, wie es etwa im Juni 2024 nach der verheerenden Sturzflut der Fall war.

Ein Schattenreich auf 319 Quadratmetern, gesichert gegen Explosion und Strahlung – und obwohl nie als öffentlicher Schutzraum konzipiert, besitzt der Bunker eine Druckschleuse und Filter, mit denen kontaminierte Außenluft gesiebt werden kann, notfalls per Handkurbel. Was fehlt, ist der 10.000-Liter-Frischwassertank. Auch Küche und Schlafräume wurden damals nicht mehr eingebaut, weil alle Zeichen auf Entspannung deuteten.
Ob man erwäge, den Raum um diese Dinge zu ergänzen oder anderweitig aufzurüsten? Die ebenso kurze wie klare Antwort aus dem Haus: "Nein."