Wenn es irgendwo knallt oder brennt, kommt er ins Spiel: Jürgen Link. Der ausgebildete Verwaltungsfachangestellte ist seit 1988 am Kitzinger Landratsamt beschäftigt. Von 2000 bis 2019 hatte er das Sachgebiet Feuerwehr unter sich und seit 2019 das Sachgebiet Katastrophenschutz. Im vergangenen Juli wurde der 51-Jährige zum Gruppenleiter für Feuerwehr und Katastrophenschutz bestellt, er ist damit der Katastrophenschutzbeauftragter des Landratsamtes.
Wie wird man Katastrophenschutzbeauftragter?
Link: Ich bin gebürtiger Schwarzacher, mein Vater war dort Kommandant bei der Feuerwehr. Ich bin also mit der Feuerwehr groß geworden. So kam eins zum anderen.

Was ist eigentlich eine Katastrophe im gesetzlichen Sinne?
Link: Im bayerischen Katastrophenschutzgesetz heißt es: Eine Katastrophe ist ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen oder die natürliche Lebensgrundlage oder bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden. Das heißt: Wenn mein Haus brennt, wäre das eine persönliche Katastrophe ohne Ende. Es wäre aber keine Katastrophe im Sinne des Gesetzes.
War das Kitzinger Hochwasser eine Katastrophe?
Link: Nein, das war ein Schadensereignis. Es gab damals nur einen Verletzten, die Sache war überwiegend planbar. Das gilt es abzuwägen. Wenn es in einem Krankenhaus brennt oder ein Altenheim evakuiert werden müsste, wenn also viele Menschenleben in Gefahr sind, reden wir von einem Katastrophenfall. Das wäre auch bei einem ICE-Unfall mit vielen Verletzten so.

Wann gab es die letzte Katastrophe im Landkreis Kitzingen?
Link: Meines Wissen nach hatten wir noch keinen ausgerufenen Katastrophenfall. Es gab natürlich Corona – aber das war eine bundesweite Katastrophe.
Und die Stufe darunter...
Link: ...ist eine Schadenslage, bei der erhöhter Koordinierungsbedarf besteht. Das hatten wir 2021 bei einem Unwetter und vergangenen Sommer in Kitzingen beim Hochwasser.
Wie reagieren Sie bei einer Schadenslage?
Link: Nehmen wir das Kitzinger Hochwasser: Da hatten wir erstmals in den Marshall Heights ein Lagezentrum errichtet. Zunächst hat jede Feuerwehr für sich die Einsätze geleitet. Als klar war, dass es schlimmer ist, stand fest: Es muss koordiniert werden. Damit klar ist, was los ist. Damit weitere Hilfskräfte angefordert werden können.
Wer hat an dem Abend welche Entscheidung getroffen?
Link: Der Kreisbrandrat hat mich angerufen und mitgeteilt, dass das Unwetter größere Ausmaße annimmt. In dem Moment ging es darum, Struktur reinzubringen. Das war der Startschuss, um eine Koordinierungsstelle zusammenzutrommeln.
"Ein kleines Klassenzimmer mit gut 20 Menschen – das war schon eng."
Katastrophenschützer Jürgen Link über das neue Lagezentrum
Wie kann man sich auf so etwas vorbereiten?
Link: Das geht nur über Übungen und Schulungen. Nur da kann man feststellen, ob es noch Koordinierungsbedarf gibt. Natürlich muss man auch Schritte voraus denken: Nehmen wir die beschädigte Bahnstrecke von Mainstockheim nach Kitzingen. Hier lässt sich durchspielen, was passiert wäre, wenn es dort einen ICE getroffen hätte.
Hat sich das neue Lagezentrum in den Marshall Heights bewährt?
Link: Bisher waren die Lagezentren an unterschiedlichen Standorten – je nachdem, wo sich der Krisenherd befand. Das neue Lagezentrum hat sich bewährt. Wir wussten ja, dass etwas auf uns zukommen könnte. Deshalb war alles vorbereitet, und der Einsatzstab konnte loslegen. Alles in allem eine gelungene Premiere, allerdings war der Raum zu klein. Ein kleines Klassenzimmer mit gut 20 Menschen – das war schon eng. Die zentrale Lage ist einfach gut. Das Gute ist: Mit Hochwasser werden wir an der Stelle nie ein Problem haben.

Wie ist der Landkreis generell auf Katastrophen jeglicher Art vorbereitet?
Link: Wir arbeiten lösungsorientiert und sind Meister im Improvisieren. Wir haben eine Sandsackfüllmaschine, wir haben Feldbetten. Wir haben die Empfehlung an die Bevölkerung herausgegeben, sich zu bevorraten. Wir haben starke Feuerwehren. Wir sind gut aufgestellt – aber natürlich ist immer auch Luft nach oben.
Es gibt Katastrophen, die man kennt. Es kommen aber auch neue hinzu – die Trockenheit und schlimmere Brände etwa. Wie geht man das an?
Link: Die Feuerwehren vor Ort sind routiniert, die müssen damit umgehen können. Wenn bestimmte Dinge benötigt werden, dann ist die Herausforderung, das zu organisieren. Wenn etwa Material aufgebraucht ist, würden wir uns an die Regierung von Unterfranken wenden, die dann wiederum schaut, wo noch gewisse Kontingente verfügbar sind.
Sie sind also gut vorbereitet – egal was kommt?
Link: Ja, man muss sich aber im Klaren sein, dass immer etwas passieren kann, was bisher so nicht da war – siehe das Hochwasser in Kitzingen. Es konnte sich auch keiner vorstellen, dass ein Virus am Ende die ganze Welt lahm legt.
Kann man etwas aus dem Kitzinger Hochwasser lernen?
Link: Ja und nein. Prinzipiell sind die Gemeinden gut vorbereitet. Thema Starkregen: Hier bin ich der Meinung, dass unsere Kanalisation zu 95 Prozent funktioniert. Dann haben wir – in meiner Wahrnehmung – die fünf Prozent, wo es zu viel Wasser gibt, wo die Kanalisation überfordert ist. Aber es gibt Lösungsansätze: Abflüsse sauber machen, Kanäle reinigen. Wenn man Unwetter kommen sieht, arbeiten wir mit Handlungsempfehlungen, beispielsweise dass die Seen etwas abgelassen werden. Jeder halbe Meter, der nicht im See ist, gibt uns wieder Handlungsspielraum.
Wie viel Prozent Ihrer Arbeit findet am Schreibtisch statt – und wie viel vor Ort?
Link: Zu 90 Prozent im Büro. Das kann sich aber jederzeit schlagartig ändern, wenn ein Einsatz kommt. Bei unserem ersten Gesprächstermin ist ja genau das passiert: Damals war die B8 zwischen Kitzingen und Repperndorf nach einem Unfall gesperrt, und wir konnten dieses Gespräch nicht führen.
Sie sind also immer on – oder auch mal off?
Link: Also, offline bin ich, wenn ich schlafe. Aber wenn was ist, bin ich jederzeit ansprechbar.
Und jetzt haben Sie das letzte Wort – was würden Sie gerne loswerden?
Link: Wir haben eine tolle Zusammenarbeit innerhalb unserer Blaulichtfamilie im Landkreis Kitzingen. Darauf bin ich stolz. Eine prima Truppe, die sich auf Augenhöhe begegnet. Das macht die Einsätze viel leichter.