In Deutschland werden pro Jahr und Kopf 60 neue Kleidungsstücke gekauft. Und das oft mit nur einem Klick, denn die Tendenz zum Online-Kauf steigt seit Jahren ungebremst. Fast Fashion, zu Deutsch schnelle Mode, ist das Stichwort, das man mit Billiganbietern wie Shein, Primark und Co. verbindet.
Die Discounter liefern sich regelrechte Preiskämpfe und bringen dabei Massen an Kleidung auf den Markt. Doch rasch ist die Mode vorbei, und nach nur einer Saison werden die Stücke dann von vielen entsorgt, um Platz für die nächste Kollektion im Kleiderschrank zu schaffen. Doch was ist die Alternative zum Altkleider-Container?
Zur Kitzinger Aplawia kann jeder kommen und einkaufen
Im Kitzinger Gebrauchtwarenladen Aplawia bekommen gut erhaltene Kleidung, Geschirr, Möbel und Bücher eine zweite Chance. "Zu uns kann jeder kommen und einkaufen", sagt Geschäftsführer Sebastian Därr. Aplawia wurde vor vierzig Jahren als gemeinnützige Organisation gegründet, die ehemals arbeitslosen Menschen neue berufliche Perspektiven geben soll.

Die Verbindung von Umweltschutz und sozialer Arbeit gehören seit jeher zu den Leitgedanken des Vereins. Über mangelnde Kundschaft kann Därr sich nicht beklagen. "Auch wenn uns noch immer ein wenig der Ruf eines Sozial-Kaufhauses anlastet – das sind wir schon lange nicht mehr. Unser Image hat sich stark gewandelt: vom Ort der Scham zum Kaufhaus mit Charme."
Und so kommen sie alle: Familien mit schmalem Haushaltsbudget, Rentner und Studenten, die nach Büchern stöbern, Flohmarkt-Fans und Mode-Liebhaber auf der Suche nach dem Besonderen. Und natürlich die Schnäppchenjäger. Denn Kleidung kostet hier nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Ladenpreises.
Muss auch Second-Hand-Ware immer günstig sein?
Gabi Kieser kommt aus Prichsenstadt und ist überzeugte Aplawia-Kundin. Sie sagt: "Ich sehe nicht ein, überteuerte Kleidung im Laden zu kaufen. Wenn ich die Teile von hier schlau kombiniere, sieht das ganze Outfit aus, als kommt es aus einer Würzburger Boutique." Ihre Tochter Anna-Lena ist ebenso großer Fan von Second-Hand-Mode. "Hier kann ich in Ruhe shoppen, alles ist sauber und aufgeräumt. In den großen Mode-Läden in den Städten rennen die Teenies rein und raus, die Kleider sind voller Make-Up-Flecken oder liegen auf dem Boden."

Dass bei Aplawia alles seine Ordnung hat, dafür sorgt die gute Seele der Textilabteilung: Verkäuferin Christa Ruppert. Sie arbeitet seit vielen Jahren für den Verein, kennt ihre Stammkunden, jeden Schuh und jedes Sakko. Sie zeichnet die Preise der gespendeten Waren aus. "Mit der Zeit bekommt man ein gutes Gespür – was geht und was nicht." Kinderkleidung für einen Euro, Damenhosen für acht, ein Herrensakko für unter zwanzig Euro.

Über die Preise könne man eigentlich nicht meckern. Und doch gebe es Kunden, die immer noch handeln wollen, gerade bei Markenware. Ladenhüter hat Ruppert wenige – nur auf Bürozubehör bleibt die 78-Jährige regelmäßig sitzen. "Heutzutage hat jeder ein Tablet oder einen Laptop. Wer braucht da noch einen Aktenkoffer?"
Kleidung reicht für die nächsten sechs Generationen
Doch Second Hand ist für viele Verbraucher immer noch die zweite oder gar keine Wahl. Branchenkritiker und Aktivisten-Gruppen wie Greenpeace haben alarmierende Zahlen ermittelt: Die Textilindustrie habe in den vergangenen Jahren weltweit so viel Kleidung produziert, dass die Menge noch für die nächsten sechs Generationen reichen würde.

Viele Textilunternehmen würden lediglich Greenwashing-Maßnahmen ergreifen, um sich selbst in einem "grünen" Licht darzustellen, ohne tatsächlich nachhaltig orientierte Aktivitäten zu forcieren. Und das Potential, Kleidung zu recyceln, sei eigentlich gering. So landet weltweit jede Sekunde eine Lastwagen-Ladung voll ausgemusterter Kleidung auf dem Müll. Doch die Lösung für dieses Problem könnte so einfach sein: weniger kaufen, länger tragen. Second Hand zur ersten Wahl machen.

Aplawia-Kundin Renate Seufert hat das Bewusstsein für Nachhaltigkeit schon seit vielen Jahren verinnerlicht. Sie selbst besaß einmal ein Second-Hand-Geschäft in Köln, in dem sie die Markenkleidung ihrer Kundinnen auf Kommission verkaufte. Auch bei Aplawia könne man wahre Schätze finden, sagt die Sommeracherin. Der Laden habe sich gemacht über die letzten Jahre.

Sandra Gehr ist aus Markt Bibart hergekommen, um bei Aplawia nach Geschirr und Kleidung zu stöbern. "Ich shoppe Second Hand, weil es einfach nachhaltiger ist. Außerdem findest du hier keine Massenware, alles ist einzigartig. Und es ist immer wieder eine Überraschung, welches besondere Stück man heute vielleicht entdeckt."