Wenn man durch die Ahnengalerie der Fränkischen Weinköniginnen streift, dann finden sich dort ganz unterschiedliche Biografien. Eine ging zum Radio, eine in die Politik, manche arbeiten im Weinbau, andere in der freien Wirtschaft. Fragt man Klara Zehnder, die Regentin des fränkischen Weinlandes von 2018/19 aus Randersacker, was sie denn heute tut, dann zaudert sie kurz, setzt ihr gewinnendes Lächeln auf und sagt: "Es gibt nicht das eine Wort für mich."
Auf ihrer Visitenkarte steht unter ihrem Namen: Direktionsassistentin.
Gabriele Seufert, die vor einem Jahr das nicht ganz leichte Erbe ihres verstorbenen Mannes angetreten hat, nennt Zehnder einen "Glücksfall".
Der "Zehntkeller" in Iphofen bietet Ruhe hinter dicken Mauern
Über diese zwei dürren Chiffren also muss man sich jetzt einer jungen Frau nähern, von der nicht mehr und nicht weniger verlangt wird, als ein jahrhundertealtes Haus wie das Hotel "Zehntkeller" in eine gute Zukunft zu führen. Wer das massive Portal der Hotelanlage in der Iphöfer Altstadt hinter sich lässt, sucht und findet Ruhe. Wie eine Blase umschließt einen die Stille. Dicke Mauern – in ihnen schweigen die Jahre. Die Wege im Hotel sind dunkel, aber sie werden heller, wenn Klara Zehnder sie beschreitet.

Sie öffnet die Tür zu einem der Räume, das Zimmer explodiert vor Licht. Die Einrichtung in jeder Hinsicht exklusiv, bisweilen ikonisch. Kein Raum gleicht dem anderen – hier lebte Heiner Seufert seine Lust nach Gediegenheit und Eleganz aus. Ein bisschen barock, aber nie kitschig, ein wenig verschnörkelt, aber nie exaltiert. Seufert, ein Getriebener im Gästestrom, rastlos und stilsicher, ein Patron im besten Sinne, immer auf der Suche nach Perfektion, den Moden des Zeitgeists widerstehend. Alles musste passen, alles hatte seinen Platz. Er konnte sich verlieren in Details, und manchmal wirkte er penibel.
Alles wirkt noch immer, als könne er jeden Moment um die Ecke kommen, in seiner distinguierten Art von Tisch zu Tisch gehen und wie ein Kavalier alter Schule die Gäste umschmeicheln. Ein kurzes Nicken hier, ein paar höfliche Worte da, mehr war es oft nicht. Doch es genügte, damit die Leute sich willkommen fühlten. Wenn man in der alten Gaststube steht, diesen mit dunklem Holz getäfelten Räumen, spürt man seine Abwesenheit wie einen großen, dunklen Schatten.
Den Mann, der den "Zehntkeller" geprägt hat, will Zehnder nicht kopieren
Auch Klara Zehnder spürt ihn, spricht respektvoll von "großen Fußstapfen". Und doch ist da nicht der Anspruch, den Mann zu kopieren, der die Seele dieses Hauses war, sondern ihre eigene Art zu finden, ihre junge, erfrischende Erscheinung auf ein Haus zu übertragen, das jetzt den Aufbruch in die Zukunft schaffen und sich dazu ein Stück weit neu erfinden muss.
An manchen Stellen wirkt das Hotel, als würde man eine Postkarte aus den Fünfzigern oder Sechzigern betreten. Berühmte Männer waren hier zu Gast: Der Bundeskanzler Ludwig Erhard speiste hier ebenso wie der Schauspieler Heinz Rühmann oder der Schriftsteller Kurt Tucholsky – das Gästebuch des Hotels liest sich wie ein Poesiealbum der alten Bundesrepublik.
Manchmal greifen noch die Bilder der Vergangenheit nach Klara Zehnder. Als Heinrich Seufert im Januar 2023 starb, war Zehnder gerade ein Jahr da. Seuferts Frau Gabriele hatte um sie geworben – sie ist Zehnders Tante – und wollte sie schon zehn Jahre vorher nach Iphofen holen. Doch damals hatte die junge Frau noch andere Pläne.

Sie wollte etwas sehen von der Welt. Und dann war da noch ein Traum, der sie nicht mehr losließ: Weinprinzessin werden. Sie wurde es: 2015 in ihrem Heimatort Randersacker, 2018 schließlich Königin für ganz Franken, und irgendwo zwischen ihren 400 Terminen reifte ein Bild in ihr. "Ich habe gesehen, wie schön es in der Region ist. Ich weiß nicht, ob ich sonst hiergeblieben wäre", sagt sie. Nach ihrem Studium der Romanistik in Würzburg packte sie noch ein duales Studium der Tourismuswirtschaft mit Schwerpunkt Hotelmanagement drauf, das sie vor einem Jahr mit dem Bachelor abschloss.
Jetzt ist sie 28, und wenn sie vor diesem traditionsreichen Haus mit seiner langen Geschichte steht, wenn sie sich verliert in der weitläufigen Kulisse und neugierig auf das Morgen blickt, sieht auch sie sprichwörtlich, wie groß ihre Aufgabe ist.

Sie nähert sich ihr mit Demut und, ja, auch "mit Ehrfurcht", wie sie sagt. Ein Hotel mit 59 Zimmern und 120 Betten zu managen, dazu ein Weingut mit 26 Hektar Rebfläche – 50 Angestellte hier, zehn Beschäftigte da – erfordert Mut und Selbstvertrauen. Die meisten kennen noch den alten Chef und haben sie zunächst prüfenden Blicken unterzogen, als sie plötzlich in der Tür stand und meinte: "Ich bin die Neue."
Klara Zehnder spricht fünf Sprachen und packt gerne selbst an
Fünf Sprachen spricht sie, aber hier im Haus musste sie erst einmal den Ton setzen und klarmachen, was sie will und was nicht. Um zu zeigen, dass sie "eine vom Team" ist und sich noch immer als Lernende begreift, verlässt sie an zwei Tagen die Woche ihr sehr funktionales Büro und mischt sich unters Volk. Steht an der Rezeption. Packt im Service an. Begrüßt die Leute. Sie braucht das – ab und zu ausbrechen aus der Routine, eintauchen in die Welt des Gastes, dem sie hier Türen und die Zukunft öffnen will.

Dazu muss und wird sich das Haus hier und da erneuern müssen, ohne seine Traditionen und Ideale zu verleugnen, ohne den Gast mit zu viel Futurismus zu erschrecken. "Ich möchte hier nicht alles auf links drehen", sagt Klara Zehnder. Es sind eher kleine Schritte, mit denen sie das große Ganze voranbringen will. Etwas präsenter sein in den sozialen Medien, mit ihrem jungen Personal noch öfter die neue Bar im Tagungszentrum aufsperren – solche Dinge. Seit einiger Zeit hat der "Zehntkeller" alkoholfreien Secco im Angebot.
Braucht der Iphöfer "Zehntkeller" Wellness und Schwimmbad?
Im Urlaub in Norwegen hat Klara Zehnder mal einen Hühnerstall gezimmert. Fragt man sie, was sie hier aufbauen will, nennt sie nicht das Schwimmbad oder die Wellness-Landschaft, die man im "Zehntkeller" zwischen all den romantischen Gäste-, Garten- und Tagungshäusern vergeblich sucht. Wichtiger seien ihren Gästen, die im Durchschnitt 1,8 Tage bleiben, gutes Essen und erlesener Wein, eben das, wofür der "Zehntkeller" bekannt und beliebt ist.
Mit ihrem Freund, einem Winzer aus Sommerhausen, will sie Synergien für den "Zehntkeller" schaffen. Glaubt man Klara Zehnder, dann hat sie in Sommerhausen ihre Liebe und in Iphofen ihre Lebensaufgabe gefunden. "Ich habe kein Problem damit", sagt sie und lächelt, "hier sesshaft zu werden."