Der Biber ist im Landkreis Kitzingen längst keine Seltenheit mehr – im Gegenteil. Seitdem vor gut 20 Jahren der erste Biber am Wolfsee bei Dornheim entdeckt wurde, hat dieser sich rasant ausgebreitet. Weiße Flecken gibt es nicht mehr, nun wurde in Großlangheim sogar mitten im Ort ein Jungtier gesichtet. Im Sommer haben Anwohner dort auch ein Exemplar gefilmt, das den Menschen sehr nahekam.
Muss man damit rechnen, dem eigentlich scheuen Tier am Dorfsee zu begegnen? Und welche Folgen hat das für Natur und Landschaft, wenn der fleißige Baumeister loslegt? Biberberater Klaus Petter hat Antworten – und wirbt für den großen Nutzen des Bibers.
Frage: Wundert es Sie, dass der Biber mitten in Großlangheim gesichtet und gefilmt wurde?
Klaus Petter: Der Biber ist sehr flexibel und besiedelt auch urbane Räume, das macht ihm nichts aus. Ob in München, Dresden, Nürnberg oder in Kitzingen beim Unternehmen Lenz-Ziegler-Reifenscheid: Da war er auch zwischen Schiff und Anlegestelle. Ungewöhnlich ist, dass in Großlangheim jetzt um diese Zeit ein Jungtier gesichtet wurde, das ist eigentlich noch ein bisschen früh. Aber die Dreijährigen müssen den Biberbau verlassen, wenn die neuen Biberchen im Anmarsch sind.

Könnte der Biber sich dann dauerhaft im Ort niederlassen?
Petter: Am Großlangheimer See besteht kaum die Chance, dass er bleiben wird, weil das kein Biber-Lebensraum ist, trotz des Bimbachs direkt daneben. Ich gehe davon aus, dass das ein Jungbiber ist, der sich eine neue Bleibe suchen muss. Aber wo er letztlich landet, hängt vor allem mit dem Nahrungsangebot zusammen und weniger, ob es ein urbaner Raum ist. Die Frage ist allerdings, ob er da unbehelligt bleibt. Wenn dort jeden Tag Hunde herumspringen und ihm an den Pelz gehen, wird er nicht bleiben.
So ein ungewöhnlicher See-Anwohner wäre doch erfreulich, oder?
Petter: Nun ja, ich sehe da die Leidenschaft der Gärtner nebendran (lacht). Der Biber macht sich gerne über die Gartenfrüchte her, wenn er derer habhaft werden kann. Falls er dort am See doch Fuß fasst, sollten die Gartenbesitzer ihre Obstbäume mit Draht einfassen. Solche Arten wie Kirschbäume, Quitten oder Apfelbäume liebt er, nur Eschen mag er ebenso wenig wie Salat. Am besten den Zaun um den Garten herum auf Löcher prüfen: Der ist das beste Hilfsmittel.

Also lieber keinen Biber vor der Haustür haben?
Petter: Oh doch, denn es hat seinen Grund, dass der Biber ein besonders und streng geschütztes Tier ist: Er hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck, der fast alle heimischen Tierarten in den Schatten stellt. Das wird viel zu wenig beachtet. Die Folge des Klimawandels sind Dürren, aber ebenso Stürme und heftige Niederschläge. Da ist der Biber genau derjenige, der uns mit seinen Bauten kostenlos den Schutz bietet. Damit hält er das Wasser zurück, das dann auch in der Trockenheit da ist, für Klimaausgleich sorgt. Nicht zu vergessen ist zudem die Artenvielfalt, die er durch den Wasseranstau erzeugt. Die paar Bäume, die er umnagt, das ist Bachbegleitgrün, das ist marginal. Auch die Schäden an der Landwirtschaft sind meist marginal.

Was passiert, wenn alle Reviere besetzt sind und kein Platz mehr frei ist für Jungbiber?
Petter: Die Mortalität bei den wandernden, dreijährigen Bibern ist sehr hoch. Unsere Landschaft ist zu sehr durchschnitten und zu oft wird gerast, da sterben viele Tiere den Verkehrstod. Gefährlich sind auch Beutegreifer wie Hunde, da hatte ich schon einige totgebissene Biber. Überhaupt müssen die Nager erstmal so alt werden, auch bis dahin ist die Sterblichkeit sehr hoch. Die Fähe bringt vielleicht drei bis vier Junge zur Welt, wenn davon zwei überleben, ist das schon viel. Allein bei der Umstellung von Milch auf Festnahrung verhungern viele Biberchen. Da fehlen anfangs noch die richtigen Bakterien im Darm. Und bei Revierkämpfen sterben Biber, die sonst bei uns 13 bis 15 Jahre alt werden können. Hinzu kommt: Wenn der Raum zu eng wird, reagiert die erfahrene Fähe mit weniger Jungen. Das hat die Natur schlau eingerichtet.