Früher war Müll einfach bloß Müll. Es gab eine große Tonne, in dem der ganze Abfall eines Haushalts verschwand. Diese Tonne wurde einmal wöchentlich geholt, und der ganze Inhalt landete dann auf Deponien in der Landschaft. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Heute gibt es braune, graue und blaue Tonnen, es gibt gelbe Säcke und Container, und alles, was sich da nicht hineinstopfen lässt, wird in Wertstoffhöfen gesammelt. Recycling heißt das Zauberwort, mit dem auch im Landkreis Kitzingen zuletzt gut 80 Prozent des gesamten Abfalls aus Privathaushalten und Kleingewerbe etikettiert war.

Von einem "Wertstoffkuchen" spricht die Kommunale Abfallwirtschaft am Landratsamt. Doch dieser Kuchen ist im vergangenen Jahr deutlich geschrumpft. Auf 35.860 Tonnen summierten sich die verwertbaren Abfälle – ein Minus von 7,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den 2010er-Jahren registrierte man im Landkreis Kitzingen noch Mengen zwischen 37.000 und 40.000 Tonnen.
Außer bei den Grünabfällen haben sich alle Teile des Kuchens verringert, am meisten das Segment des Metallschrotts. Die Bioabfälle gingen um mehr als zehn Prozent zurück. Beim Altpapier steigt zwar seit Jahren der Anteil an Kartonagen – da macht sich offenbar bemerkbar, dass die Menschen immer mehr Produkte im Internet bestellen. Dafür findet man in den Tonnen immer weniger Zeitungen, Zeitschriften und Schreibpapier.
"Es wird weniger konsumiert, also gibt es auch weniger Müll."
Andreas Matingen, Sachgebietsleiter Abfall
Noch deutlicher als bei den verwertbaren Abfällen war 2022 der Rückgang bei Rest- und Sperrmüll. 8166 Tonnen mussten entsorgt werden, so wenig wie noch nie seit Einführung der elektronisch erfassten Leerungen von Rest- und Biotonnen im Jahr 2010. Von "äußerst erfreulichen Zahlen" spricht man beim Landkreis. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr 44.000 Tonnen Müll zusammen, 472 Kilogramm pro Einwohner und fast zehn Prozent weniger als im Vorjahr.
Die Gründe für diesen Rückgang sind aus Sicht der Fachleute allerdings wenig erfreulich. "Ganz eindeutig" seien hier die Auswirkungen des Ukraine-Krieges und der rasant gestiegenen Inflation zu spüren, sagt Sachgebietsleiter Andreas Matingen von der Kommunalen Abfallwirtschaft am Landratsamt. "Es wird weniger konsumiert; also gibt es auch weniger Müll." Ein Teil des Abfalls sei wegen der Energiekrise auch einfach in heimischen Öfen gelandet, so Matingen.

Dass die Menge des Sperrmülls um etwa 30 Prozent gesunken ist, hat nach Ansicht der Abfallexperten vor allem mit dem Ende der Pandemie zu tun. Zu Beginn der Corona-Krise, als in Kellern, Garagen und Speichern das "große Aufräumen und Ausmisten" begann, wurden die Mitarbeiter im Wertstoffhof überrannt. Die Container quollen über. Doch inzwischen sind viele Häuser und Wohnungen bereinigt. Zuletzt lag die Menge bei fast schon bescheidenen 1500 Tonnen – so wenig Sperrmüll verzeichnete der Landkreis zuletzt im Jahr 2006. In normalen Jahren sammeln sich rund 2000 Tonnen.

Die Zahlen im Landkreis können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Müllberg in Deutschland immer noch viel zu hoch ist. Jeder Mensch hierzulande häufte im Jahr 2021 nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes im Schnitt 646 Kilogramm Siedlungsabfälle an, über 100 Kilogramm mehr als der durchschnittliche EU-Bürger. Zu den Siedlungsabfällen zählt der Müll aus Haushalten, Handel, Gewerbe, Büros und Einrichtungen sowie Sperrmüll, Gartenabfälle oder der Inhalt von Abfallbehältern. Diese Menge hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert.
Die Hersteller sollen sich künftig an den Entsorgungskosten beteiligen
Die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat der "Verschmutzungskrise" zu Jahresbeginn den Kampf angesagt. Künftig sollen noch mehr wertvolle Rohstoffe gesichert werden. Doch das System ist komplex: Das fängt bei Begriffen wie Einwegkunststofffondsverordnung an, eine Sonderabgabe für Hersteller von Produkten, die vielfach in Parks, Flüssen oder am Straßenrand landen: Zigarettenfilter, Kaffeebecher, Luftballons. Nach dem Willen des Bundestages sollen sich die Unternehmen ab 2024 an den Kosten der Entsorgung mit jährlich 430 Millionen Euro beteiligen, die vor allem den Kommunen zugutekommen.
Und die EU strebt mit einer Reform der Ökodesign-Richtlinie an, dass am Ende möglichst viele Teile eines Produkts wiederverwertet werden können. Auch Textilien sollen nach dem Willen der EU ab 2025 recycelt werden. Und: Bei defekten Geräten soll es ein Recht auf Reparatur geben, Hersteller müssen also Ersatzteile bereithalten. Ein Vorschlag der Kommission sieht zudem vor, dass bis 2030 sämtliche Verpackungen wiederverwertbar sind. Der Kampf gegen den Müll hat gerade erst begonnen.