Musik – das war nur eine der vielen Leidenschaften des gebürtigen Kitzingers Harald Müller-Wünsche, den es in den 70er Jahren nach Würzburg gezogen hatte. Gitarren- und später Mundharmonikaspielen brachte er sich selber bei. Auch seiner zweiten großen Leidenschaft näherte er sich autodidaktisch: Der Mann, der sich 35 Jahre um betriebswirtschaftliche Belange in Ingenieurbüros kümmerte, entdeckte die Architektur-Fotografie für sich und wurde 2001 schließlich freischaffender Künstler.
Karriere nimmt Fahrt auf
Wobei die zweite Karriere schon in den 90er Jahren Fahrt aufgenommen hatte. Es gab erste Honoraraufträge und Veröffentlichungen in Magazinen und Fachliteratur. 1997 folgten erste Ausstellungen, etwa in der damaligen Kitz-Galerie in seiner Heimatstadt Kitzingen. In der Zeitung erschien damals der Hinweis, dass der Fotograf „mit seiner Sicht auf die Dinge mit den herkömmlichen Gesetzen bricht und die klassischen Bewertungsmaßstäbe verlässt“. Und: „Es ist nicht das schlechteste Kompliment für ihn, wenn ein Architekt beim Betrachten der Bilder von Müller-Wünsche sein eigenes Bauwerk im ersten Moment gar nicht wiedererkennt.“ Anders gesagt: Da hatte einer eine ganz eigene Formensprache entwickelt.
Bauwerke abfotografieren konnten andere – er brachte seine Fotos auch zum Sprechen. „Im Grunde meines Herzens bin ich ein Minimalist.“ So sah sich Harald Müller-Wünsche, einer der sich mit möglichst wenig Informationen ausdrücken wollte.
Im Herzen Kitzingens geboren
1947 im Herzen der Stadt in der Nähe des Landratsamtes geboren, war er das älteste von fünf Geschwistern. Sein jüngster Bruder ist Kitzingens Oberbürgermeister Siegfried Müller. Der Mann, der vom Leben nicht genug bekommen konnte und das war, was man unter einem Lebenskünstler versteht, starb am ersten Weihnachtsfeiertag – genau zwei Monate nach seinem 69. Geburtstag.
Er befand sich mitten in den Vorbereitungen zu einer neuen Ausstellung. Diese fand trotzdem und erst recht statt und war im Würzburger "Spitäle" an der Alten Mainbrücke zu sehen. Seine letzte Ausstellung zeigt eine Retrospektive fotografischer Begegnungen aus den „Wanderjahren“ von 1997 bis zum Schluss. Der Fokus ist dabei auf Architekturen des 20. und 21. Jahrhunderts gerichtet. „Ein fotografisch-experimentelles Spiel“ hatte es Müller-Wünsche genannt, der seit 2013 auch der Vereinigung Kunstschaffender Unterfrankens (VKU) angehörte und der ohne seine Hasselblad-Kamera 203 FE nicht denkbar war.
Geburtstags-Ausstellung
Anläßlich des 70. Geburtstags kommen viele seiner Fotografien – als eine Art Querschnitt seines Lebens - nun nach Kitzingen. Die Reise in die Welt der modernen Architektur beginnt unter der Überschrift „visions“ am Freitag in der Kitzinger Rathaushalle. Die Vernissage mit seinem Bruder Siegfried Müller findet ab 19 Uhr statt. Die Ausstellung dauert vom 21. Oktober bis einschließlich 5. November 2017, geöffnet ist täglich von 10 bis 18 Uhr.