Ihr Tablet führt sie durchs Unterholz. Es ist Februar und tiefster Winter. Andreas Hiller und Samuel Thumm sind mit Laptop und tragbarer Antenne zur exakten Standortbestimmung im Gemeindewald Großlangheim unterwegs. Sie suchen nach abgestorbenen Bäumen. Früher war das ein mühsames Geschäft, heute ist – dank Tablet – Vieles leichter. "Ich bin froh, dass wir es haben", sagt Thumm. Er schaut zufrieden.
Hiller, 40 Jahre, und Thumm, 27, sind Förster am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg (AELF) – und verantwortlich für die Forstreviere Kitzingen und Wiesentheid. Wir durften sie bei einem ihrer Ausflüge in den Forst begleiten und ihnen über die Schulter blicken. Was treibt sie um? Wie hat sich die Arbeit im Wald verändert? Und was hat ein kleines, graues Gerät damit zu tun?
Die beiden beschreiben sich selbst als Planer des Waldes. Aber was heißt das eigentlich? Ihr Aufgabengebiet umfasst die Holzernte, die Verkehrssicherung der Waldwege, Planungen wie die Aufforstung, sie beraten aber auch private Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer. Als Besonderheit kommt hinzu, dass Hiller und Thumm hoheitlich über die Einhaltung des Waldgesetzes wachen. Sprich: Sie sind eine Art Waldpolizei.
Tablet statt Klemmbrett: Welche Vorteile bringt die digitale Technik im Forst?

Seit ungefähr zehn Jahren streifen die Förster des AELF mit dem sogenannten Toughbook durch den Wald. Ihr Tablet ist dabei vielseitig einsetzbar. Es verfügt über eine Kamera, verschiedene Programme, und es ist robust, kann also nicht nur im Homeoffice, sondern auch draußen im Wald eingesetzt werden. "Alles läuft darüber", sagt Samuel Thumm, der fürs Wiesentheider Forstrevier zuständig ist. Das Bayerische Waldinformationssystem, kurz BayWIS, ist eines der Programme, das darauf läuft. Andreas Hiller beschreibt das System als "Herzstück auf dem Toughbook", denn darüber können unter anderem verschiedene Karten (topografisch und Luftbild) angezeigt und Informationen zu den Waldstücken abgerufen werden.

Was früher vor Ort auf einem Klemmbrett notiert wurde und zurück im Büro in mühevoller Handarbeit am Computer in Excel-Listen eingetippt werden musste, kann heute vor Ort im Tablet ins System eingetragen werden. Alle Daten sind dabei auf dem kleinen, tragbaren Computer gespeichert.

Auf der Suche nach Totholz, also abgestorbenen Bäumen, und Biotopbäumen (beispielsweise Höhlenbäume) sind Hiller und Thumm fündig geworden. Nicht weit vom Waldweg entfernt steht eine tote Eiche. Thumm stammt eigentlich aus Ellwangen in Baden-Württemberg, hat sich nach seinem Forstingenieurwesen-Studium aber für eine Forst-Karriere in Bayern entschieden. Er zückt die portable Antenne zur Standortbestimmung. Es soll exakt bestimmt werden, wo der leblose Baum steht. Schnell wird das kleine, graue Gerät per Bluetooth mit dem Toughbook verbunden, und mittels GPS ploppt auf dem Bildschirm der Punkt auf, an dem die Eiche sich befindet.

Trotz der neuen Technik, die laut der beiden Förster Erleichterungen mit sich bringt, steckt auch noch die eine oder andere Kinderkrankheit im System. So werden zum Teil mehrere Programme für eine einzelne Aufgabe benötigt. Es braucht digitale Schnittstellen, um diese miteinander zu verbinden. Aber dadurch seien auch Fehler möglich. Wie Thumm erklärt, sind etwa die Flurnummern in einem anderen Programm hinterlegt. Er muss deshalb während der Arbeit von BayWIS erst umständlich in eine zweite Ebene wechseln.

Ihre digitalen Helfer möchten die beiden dennoch nicht missen. Wie sehr sie die Arbeit im Forst erleichtern, wird sichtbar, wenn Hiller und Thumm die Karten auspacken, die früher zum Einsatz kamen. In der Forstbetriebskarte sind in verschiedenen Farben Informationen vermerkt, wie das Alter des Bestands, die Nutzungsart und wie man die Bäume behandelt. In der Standortkarte finden sich Hinweise auf die Bodenbeschaffenheit. "Es ist wichtig, je nachdem wie sich der Boden zusammensetzt, welche Baumart man pflanzt", erklärt Thumm. Auf Sand, wie in Kitzingen, müssten vor allem Baumarten gepflanzt werden, die mit Trockenheit zurechtkommen.
Wie Technik dem Forst mit Blick auf den Klimawandel hilft
Ganz ausgemustert sind die Karten nicht. Die Förster nutzen sie als Ergänzung zu der weiterführenden Technik, mit deren Hilfe sie etwa gewisse Stellen genauer orten und markieren können. Aber das System kann noch deutlich mehr. Mit Blick auf den Klimawandel bietet BayWIS die Möglichkeit für eine besondere Simulation: Passend zu einer genauen Stelle und einer bestimmten Baumart lassen sich die aktuellen Standortfaktoren anzeigen und die Chancen und Risiken bis ins Jahr 2100 berechnen. Das Programm berücksichtigt dabei Parameter wie die Steigerung der Jahresdurchschnittstemperatur und stellt die Frage: Wie kommt die Baumart damit zurecht? "Das bringt uns was bei der Wiederaufforstung", sagt Hiller. Die Entscheidung bleibe aber in der Hand der Förster.

Die Erderwärmung habe die Arbeit der Förster verändert. "Wir sind durch den Klimawandel öfter getrieben", sagt Hiller. Häufig müsse einfach auf Schäden reagiert werden. Ihr Job sei nun "weniger planmäßige Forstwirtschaft". In Kitzingen kommen zwar überwiegend Tablet sowie verschiedene Programme zum Einsatz, aber durch die Digitalisierung bietet sich eine weitere Möglichkeit, die den Förstern helfen kann – auch mit Blick auf den Klimawandel.

Drohne im Kampf gegen Borkenkäfer und Trockenheit
Einen neuen Blickwinkel bieten in der Forstwirtschaft Kameradrohnen. Mit deren Hilfe können Gebiete, die vom Borkenkäfer oder von Trockenschäden betroffen sind, überflogen werden. Anhand der Bilder lässt sich ein erster Überblick über das Ausmaß sowie eine räumliche Orientierung gewinnen. Hiller sieht auf dem Luftbild etwa Verfärbungen in den Baumkronen, die man von unten nicht erkennen könne. Außerdem lasse sich der betroffene Bereich eingrenzen – das könne via Smartphone-App und GPS erfolgen. Die so gewonnenen Informationen können dann wiederum an Unternehmen weitergegeben werden, die gegebenenfalls die Bäume fällen und aus dem Wald schaffen. In Kitzingen ist noch keine dieser Drohnen im Einsatz, im Spessart hingegen schon, wie der Förster sagt.
Andreas Hiller schätzt die Zeitersparnis durch die neue Technik auf ungefähr 20 Prozent. Eine Rolle spielt dabei auch die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Denn bei Samuel Thumm liegt das Forstrevier näher am Wohnort als am Forstamt. "Das spart Zeit", sagt Thumm. Und diese Zeit können die beiden gut gebrauchen. Während Förster früher ihre Revier bequem mit dem Fahrrad abfahren konnten, geht es heute nicht mehr ohne Auto. Denn die Reviere werden größer und größer – und die Aufgaben mehr und mehr.