Muskat macht glücklich. Das Gewürz, das Lebkuchen und Pfeffernüssen den charakteristischen Geschmack verleiht, wirkt ähnlich wie eine berauschende Droge: Es hebt die Stimmung. Die Araber verwendeten die geriebenen Muskatnüsse oder die Blüten als Aphrodisiakum. Doch der Liebe unter den Dettelbacher Café-Besitzern scheint die Liebesdroge nicht zuträglich. Sie streiten um jenes Honiggebäck, das, wie der Name schon sagt, reichlich Muskat enthält: die Muskatzine.
"Der Main fließt nunmal von Dettelbach nach Kitzingen . . ."
Thomas Dauenhauer Konditor in Dettelbach
Die alteingesessenen Cafébesitzer verteidigen ihre Spezialität energisch - nicht nur gegen die Zuckerbäcker aus Volkach oder Schwarzach, die ihre berühmten Plätzchen abkupfern wollten. Auch im eigenen Ort wachen sie über ihr Privileg. Während das Rezept unter alten Dettelbacher Hausfrauen kein großes Geheimnis ist, ist der Name Muskatzine seit 1999 geschützt. Nur im Dettelbacher Café Achtmann und im Café Kehl dürfen seither echte Muskatzinen verkauft werden.
Alle anderen können zwar so viele Muskatzinen backen, wie sie wollen, müssen sie dann allerdings selber essen - oder wenigstens bei der Namenssuche Ideen haben. Sonst droht gerichtlicher Ärger. Als Udo Rügamer beim Weinfest in seinem im Frühjahr 2003 eröffneten Café ein Schild "Muskatzinen zu verkaufen" aufstellte, flatterte ihm gleich ein Fax mit einer Kopie der Patenturkunde ins Haus, verbunden mit dem Hinweis auf mögliche gerichtliche Schritte. Darum nennt Udo Rügamer seine Muskatzinen nun "Dettelchen" - und hat sich diesen Namen natürlich unverzüglich schützen lassen.
Touristen, die zu Rügamer und seiner Lebensgefährtin in "Das Café" kommen und dennoch nach Muskatzinen verlangen, gehen trotzdem nicht leer aus. Doch offiziell ist der Name tabu. Und, berichtet Rügamer nicht ohne Stolz: "Am Weinfest sind die Dettelchen meist sogar schneller ausverkauft als die Muskatzinen." Bei den Winzern im Ort, die das Gebäck mit ihren Weinkisten verschicken, hat "Das Café" mit seinen Dettelchen mittlerweile Fuß gefasst. Zum Ärger der etablierten Konditoren.
Das Wort Streit will Thomas Dauenhauer in diesem Zusammenhang trotzdem nicht hören. Ein Streit sei das nicht. Für den Inhaber des Cafés Kehl, der gemeinsam mit Peter Achtmann das Recht am Markennamen Muskatzinen hat, liegen die Dinge ganz einfach: "Der Main fließt nunmal von Dettelbach nach Kitzingen und nicht umgekehrt - da gibt es nichts zu streiten." Genauso sei das mit den Muskatzinen. Wer Patente abkupfert, statt eigene Ideen zu haben, müsse sich eben freundlich darauf hinweisen lassen, dass das so nicht geht.
Urban Degen, der als Erfinder der Muskatzinen gilt, ist weder ein Urahn der Dauenhauers noch der Achtmanns. Er hat seine Rezeptur allen einheimischen Konditoren vermacht. Für das Patent- und Markenamt ist das unerheblich. Für 290 Euro kann sich dort jeder einen Markennamen eintragen lassen, auf den noch kein anderer Anspruch erhebt. Nur auf Schnelligkeit kommt es an. So hat beispielsweise ausgerechnet ein CDU-Politiker den zweiten Teil von Klaus Wowereits Spruch "Ich bin schwul, und das ist gut so" als Spirituosen-Marke angemeldet.
Ein guter Name ist bares Geld wert. Rund 600 Delikatessen aus bestimmten EU-Regionen wurden bereits mit Markenschutz geadelt. Deshalb darf Dresdner Stollen nur aus Dresden kommen, und die Nürnberger Bratwurst bleibt allein den Nürnbergern vorbehalten. Der Salzwedler Baumkuchen genießt ebenso markenrechtlichen Schutz wie Spreewälder Gurken. Und Dettelbach hat nun gleich zwei regionale Spezialitäten unter den geschützten Marken.