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ERLABRUNN: Der Jäger der Träume

ERLABRUNN

Der Jäger der Träume

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    Frederik Braun
    Frederik Braun Foto: Foto: Miniatur-Wunderland

    Frederik Braun aus Hamburg hat sich mit seinem Zwillingsbruder Gerrit schon immer für Züge interessiert: Als Kind kartierte er bei Besuchen bei seiner Oma in Erlabrunn (Lkr. Würzburg) oft seltene Eisenbahnen an der Bahnstrecke zwischen Würzburg und Karlstadt, später kam ihm bei einem Besuch in Zürich die Idee, die weltgrößte Modelleisenbahn zu bauen. Er setzte sie zusammen mit Gerrit um. 2001 eröffnete in Hamburg das liebevoll gestaltete Miniatur-Wunderland das mittlerweile über 16 Millionen Besucher hatte. Der Bau der Anlage hat bislang 20 Millionen Euro gekostet, sie hat 15 Kilometer Gleislänge, 1040 Züge und 260 000 Figuren. Frederik Braun ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Zusammen mit seinem Bruder hat er anlässlich ihres bevorstehenden 50. Geburtstags im Dezember eine Biografie geschrieben mit dem Titel: „Kleine Welt – großer Traum.“ Ein Gespräch mit einem Idealisten und Unternehmer zugleich über die Träume des Lebens.

    Frage: Frederik, lassen Sie uns über Träume sprechen. Sie haben mit Ihrem Zwillingsbruder Gerrit in Hamburg die weltgrößte Modelleisenbahn erschaffen. Eine Traumlandschaft für Millionen von Menschen. Träumen Sie gerne?

    Frederik Braun: Ja, das tue ich wirklich. Ich mag Träume. Im Unterschied zu vielen Menschen träume ich aber nicht nur, ich verwirkliche meine Träume auch. Ich versuche, sie spontan und schnell umzusetzen.

    Sie wollen keinen verpassten Chancen nachtrauern?

    Braun: Richtig. Das Leben ist zu kurz, um irgendwann auf seine Träume zurückzublicken und zu sagen: ,Ach, hätte ich nur . . .‘ Natürlich habe ich durch meine finanziellen Möglichkeiten eher die Gelegenheit, mir Träume zu erfüllen. Aber es gibt ja auch Träume, die ohne Geld zu erreichen sind.

    Träumen Sie nachts?

    Braun: Ja, oft und viel. Aber ich kann mich meistens kaum erinnern. In den Träumen geht es aber eher um die Verarbeitung des Tages. Manchmal drehen sich Träume leider auch um schlimme Sachen bezüglich meiner Kinder. Aber nur ganz selten. Ich glaube, wenn man so viel Glück hat wie ich, kommen manchmal Ängste im Traum automatisch dazu . . .

    Sind Träume ein Antrieb?

    Braun: Absolut.

    Seit wann jagen Sie Träume?

    Braun: Schon sehr lange. Ich wollte beispielsweise immer selbstständig sein. Das fing schon als Kind in der Schule mit dem Sammeln von Autogrammkarten von Fußballspielern an. Ich habe Vereine wie Bayern München oder Borussia Dortmund angeschrieben und um Autogrammkarten gebeten. Teils habe ich einfach mehrere Unterschriften von Klassenkameraden dazu gekritzelt, damit ich mehrere Karten zurückbekam. Die habe ich dann verkauft und ein Geschäft draus gemacht.

    Ihr Geschäftssinn reifte also früh?

    Braun: Ja, und es war mir immer wichtig, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Das war bei unserer Diskothek so, bei der Plattenfirma, die wir gegründet haben – und es ist vor allem im Wunderland wunderbar, täglich mit so vielen Menschen zusammen sein zu dürfen.

    Es gibt unterschiedliche Träume.

    Braun: Ja, es gibt kleine Träume, manchmal habe ich aber auch den Traum, die Welt zu verbessern, und dann mache ich mich auch daran.

    Die Welt verbessern?

    Braun: Ich geriet vor einiger Zeit in einen Stau, der Unfallort war von meinem Standpunkt aus sogar zu sehen. Es hat mich schon immer aufgeregt, wenn keine Rettungsgasse gebildet wurde. Diesmal war es aber besonders schlimm. Der Rettungswagen hat eine halbe Stunde gebraucht, bis er durchkam. Es musste hin und her rangiert werden. Das war der Impuls für mich zu sagen: Dagegen muss man etwas tun.

    Und was?

    Braun: Mir kam die Idee mit dem Erklärvideo. Es war der Traum, etwas Gutes zu tun. Damit bin ich zu meinem Team im Wunderland, konnte es aber nicht überzeugen. Dann habe ich mir einfach einen Mitarbeiter und ein externes Filmteam genommen und habe mit den Autos aus dem Miniaturwunderland auf eigene Kosten das Video produziert. Bis heute haben die verschiedenen Versionen des Films 16 Millionen Abrufe in Deutschland. Viele Ämter und sogar der ADAC haben angefragt, ob sie das Video nutzen dürfen. Ich muss gestehen, das hat mich sehr gefreut.

    Träumen und Träume verwirklichen: Ist das erlernbar oder Veranlagung?

    Braun: Ich denke schon, dass ich und mein Bruder Gerrit ein Gen dafür haben. Unsere Sammelleidenschaft früher war ja schon irre. Zigarettenschachteln etwa. Wir wollten alle Schachteln einer Marke haben, alle. Wir sind von Kiosk zu Kiosk und haben nicht eher Ruhe gegeben, bis wir alle hatten. Das waren immer die schönsten Zeiten, wenn wir einem Traum hinterhergejagt sind. Das waren manchmal schon Spinnereien. Die Grenze zwischen Traum und Spinnerei ist manchmal schmal. Das Wunderland war ja auch so ein Ding. Wir wollten keine normale Modelleisenbahn, wir wollten die größte der Welt.

    Und wenn man die realisiert hat, fällt man in ein Loch?

    Braun: Es ist das Schöne, dass uns im Wunderland die Träume nie ausgehen. Wir haben am Italien-Abschnitt vier Jahre lang gearbeitet, und es war wunderbar, ihn wachsen zu sehen bis zur Fertigstellung. Aber jetzt kommt das nächste Projekt, es hört ja nicht auf. Man muss sich aber auch freuen können: Ich hatte den Traum, einmal die Antarktis zu sehen. Also bin ich auf einem Schiff mitgefahren und war 14 Tage im Eis. Es war fantastisch, und hinterher hatte ich nicht das Gefühl, ,schade, dass der Traum vorbei ist‘.

    Ich habe mich einfach gefreut, und es war eben kein Haken auf einer imaginären Liste. Aber manchmal frage ich mich: Wie ist das für einen jungen Sportler, wenn er Olympiasieger wird und damit das höchste Ziel erreicht und seinen ultimativen Traum erfüllt hat? Ich kann mir schon vorstellen, dass er dann in ein Loch fällt.

    Olympia ist ein gutes Stichwort: Sie hatten den Traum von Olympischen Spielen in Ihrer Heimatstadt Hamburg . . .

    Braun: Ein schwieriges Thema. Olympia in Hamburg war wirklich ein ganz großer Traum von mir. Ich bin Sportfan durch und durch. Ich liebe Public Viewing, und ich hätte mir so gewünscht, die Spiele vor der Haustüre erleben zu dürfen. Das Konzept von Olympia an Elbe und Wasser war bärenstark. Ich habe mich dann eingebracht und irgendwann befand ich mich wie in einem Tunnel. Am Ende hatte ich das Gefühl, die Hoffnungen der ganzen Stadt ruhen auf meinen Schultern. Das überstieg meine psychischen und physischen Fähigkeiten, ich spürte, wie ich dünnhäutig wurde. Der Druck wurde immer größer.

    Und dann kam die Niederlage bei der Volksabstimmung.

    Braun: Ich hatte vorher schon das Gefühl, dass es in die Hose gehen würde. Ich hatte vier Wochen vor der Abstimmung eine Mitarbeiterin abgestellt, die auf dem Rathausmarkt jeden Tag 100 Personen befragte. Anfangs lag die Zustimmung bei 53 Prozent. Dann kam der Anschlag in Paris und die Quote sackte erstmals unter 50 Prozent – und sie erholte sich auch nicht mehr. Trotzdem hatte ich natürlich eine leise Hoffnung. Als das Ergebnis kam, hätte ich heulen können. Ich war erschöpft und fiel in ein ganz tiefes Loch. Mich durfte über Wochen keiner auf das Thema ansprechen.

    Ein geplatzter Traum.

    Braun: Das ist so, ja. Olympische Spiele in Hamburg werde ich wohl nicht mehr erleben.

    Welche Träume haben Sie noch?

    Braun: Auch so ein unerfüllbarer Traum: Mit dem Hamburger SV noch einmal eine Meisterschaft zu feiern. Bei der letzten 1983 war ich als junger Teenager im Volksparkstadion. Realistisch dagegen ist: Bevor meine Kinder in die Schule kommen, möchten wir mit der Familie acht Wochen Neuseeland bereisen. Was schwierig werden wird für einen, der sich in der Firma für unersetzlich hält und der nichts dafür tut, dass sich das ändert. Und irgendwann noch Großvater werden, das wäre toll.

    Alt werden, auch so ein Traum?

    Braun: Oh ja, mein größter. Ich würde am liebsten 100 Jahre alt werden.

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