Flusspferde gelten als die gefährlichsten Tiere Afrikas – gefährlicher noch als Löwen oder Leoparden. Wenn man ihnen zu nahe kommt, greifen sie an. Auch wenn die dicken Kolosse träge aussehen, können sie doch bis zu 50 Stundenkilometer schnell werden. Aber wenn sie tagsüber im Wasser liegen, kann man sie problemlos aus einigen Metern Entfernung beobachten – und dabei sogar gemütlich frühstücken. Die Frühstückspause bei den Flusspferden ist nur einer von zahlreichen Höhepunkten einer Safari in der Serengeti.
Eigentlich wollten Michelle und Julie, die beiden Gästebetreuerinnen des Sayari Camp an der Grenze zu Kenia, ihren Gästen einen Sundowner am Mara River servieren. Ein Drink direkt neben den gewaltigen Tieren, während die Sonne untergeht. Doch das Wetter machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Ein Gewitter überraschte die Gruppe, die mit zwei Guides zu Fuß durch die Savanne unterwegs war, um auch mal die kleinen Tiere und Pflanzen näher betrachten zu können. Deswegen nun das Frühstück.
Als Wanderführer Nathoo zusammen mit einem zweiten Guide und drei Safaritouristen nach einem Spaziergang durch die Savanne bei den Flusspferden ankommen, ist das Frühstücksbuffet schon angerichtet. Neben einem Jeep steht ein Tischchen bereit mit Kaffee, Saft, Müsli, Obst, Muffins und Toast mit Ei und Speck.
Guides und Gäste lassen es sich schmecken. Doch auch während des Essens legen der 54-jährige Nathoo und sein Helfer die Gewehre nicht zur Seite. Es besteht durchaus die Gefahr, dass plötzlich ein wildes Tier angreift. Also behalten sie nicht nur die Flusspferde, sondern auch die Büsche und Bäume in der Umgebung im Auge.
Das Leben in der Serengeti, einem etwa 30 000 Quadratmeter großen Gebiet im Norden Tansanias, ist gefährlich. Für Gnus, Zebras und Thomson Gazellen, die hier zu Hunderttausenden durch die Savanne wandern. Immer dem Regen und frischem Gras nach. Aber auch für Menschen. In der Wildnis kann man nicht einfach so spazieren gehen – oder gar joggen. Hinter jedem Busch könnte ein Löwe sitzen, auf jedem Baum ein Leopard lauern. In den Safari-Camps kann man sich als Tourist dennoch frei bewegen. Zumindest tagsüber. Die Camps sind groß. Die acht bis 20 Zelte stehen manchmal 15, manchmal 30 Meter weit auseinander. Wer nach Einbruch der Dunkelheit zum Essenszelt oder an die Bar gehen will, sollte das nicht alleine tun. Weil einem auf dem Weg ja ein wildes Tier begegnen könnte.
Löwen zwischen den Zelten
Deswegen gibt es in jedem Zelt ein Walkie-Talkie, mit dem der Gast nicht nur Getränke und Snacks bestellen, sondern auch nach Begleitung rufen kann. Mit Taschenlampe ausgerüstet, bringen Camp-Mitarbeiter jeden Gast dann sicher zum Aperitif am Lagerfeuer, dem Drei-Gänge-Menü unterm Sternenhimmel oder zum Plausch an der Bar. Und anschließend natürlich auch wieder zurück zum Zelt. Ein Service, der sehr ernst genommen wird. „Wir haben hier schon zweimal nachts einem Löwen ins Gesicht geleuchtet“, erzählt der Manager von Namiri Plains. Namiri ist das suahelische Wort für Raubkatze. Ein passender Name.
Das mobile Camp in der zentralen Serengeti ist das neueste Projekt des Safari-Camp- und Lodge-Betreibers Asilia. Im Juni 2014 wurde es in einem Teil des 14 700 Quadratmeter großen Nationalparks eröffnet, der 20 Jahre lang für die Öffentlichkeit gesperrt war. Vor allem die Raubkatzen sollten sich erholen, nachdem sie so lange gejagt und gefangen genommen worden waren.
Die Bestände haben sich erholt. In diesem Teil der Serengeti bekommt man nicht nur viele Löwenrudel und Geparden zu sehen, sondern auch den immer noch seltenen Leoparden. Ein gefährlicher Jäger: schnell und gierig. Seine Beute schleppt er auf Bäume, damit kein anderes Tier sie ihm wegschnappt. Manchmal kann man vier, fünf Gazellen in den großen Akazien hängen sehen – und dazwischen lugt der Leopard durchs Geäst.
„Nicht aus dem Jeep herauslehnen“, warnt Patena, ein Massai und Tierführer. Beim Fotografieren hat sich einer der Reisenden über das Dach des Jeeps gestemmt. Der Leopard im Baum wird nervös und spannt seine Muskeln an. Der Fotograf zieht sich wieder unter das Dach des offenen Geländewagens zurück. „Solange man im Wagen bleibt und unter dem Dach, sehen die Tiere den Jeep als ein anderes großes Tier an“, erklärt Patena während er den Wagen ein paar Meter vom Leoparden wegfährt. Bei einer Safarifahrt mit dem Jeep sind die Guides in der Regel unbewaffnet. „Wenn man die Tiere gut beobachtet und ihre Reaktionen richtig deuten kann, passiert nichts“, sagt Patena. Als Massai hat er schon als Kind gelernt, auf die Reaktionen der Tiere zu achten.
Die Tiere lassen sich nicht stören
Die Tiere im Serengeti-Nationalpark sind an die großen Wagen gewöhnt. Wenn sich ein Jeep einer Gruppe Löwen nähert, die unter einem Baum schlafen oder an einem vor kurzem erlegten Gnu nagen, heben die Tiere nur müde den Kopf – und dösen oder fressen weiter. Erst wenn der Jeep sich wieder in Bewegung setzt oder sich einer der Insassen weit aus dem Fahrzeug lehnt, werden sie wieder darauf aufmerksam. Im Auto können sich die Guides den Raubtieren bis auf wenige Meter nähern. Zu nah fährt aber keiner ran, um Störungen zu vermeiden.
Stören lassen sich die Löwen, Elefanten, Giraffen, Zebras und Gnus aber nur selten. Sie überqueren gemütlich vor den Autos den Weg, galoppieren an den Jeeps vorbei und beobachten neugierig die großen Gefährte. Wer Geduld hat, kann beobachten, wie Geparden jagen, Löwenmütter ihre Jungen säugen oder Gnus Junge zur Welt bringen. Langweilig wird es in der Savanne nie.
Nach ein paar Tagen Safari hat man fast alle großen Tiere zu Gesicht bekommen. Natürlich auch die Big Five, die großen Fünf: Elefant, Löwe, Leopard, Büffel und Nashorn. Zeit, sich mal den kleineren Tieren zuzuwenden, etwa den Small Five: Elefantenspitzmaus, Ameisenlöwe, Leopardenschildkröte, Büffelweber und Nashornkäfer. Die kann man nur zu Fuß entdecken – und das ist nicht ganz einfach. Doch Guide Nathoo entdeckt sie: die Spinnen, die in die Erde einen Trichter graben, um Ameisen zu fangen; die Käfer, die ihre Eier in Elefantendung legen; und die Termiten, die in langen Kolonnen durch das Grasland marschieren und große Hügel bauen. Die Touristen betrachten alles ganz genau, aus der Ferne beobachten zwei Giraffen aufmerksam die Zweibeiner.
Fast genauso aufregend wie die Tage in der Serengeti, sind die Nächte. Zikaden zirpen, Hyänen heulen, Löwen brüllen. Und jedes Rascheln, jede Bewegung am Zelt, lässt das Herz schneller schlagen. War das nur ein Diki-Dik, die kleinste Antilopenart Afrikas, kaum größer als ein Hase, oder war es doch ein Löwe? Egal! Im Zelt ist es ungefährlich. Und für Notfälle steht auf jedem Nachttisch eine Alarmhupe bereit.
Ein Zelt wie eine Suite
Die Zelte sind oft so groß wie eine Hotelsuite – und genauso eingerichtet: Bett, Sessel, Teppich, Schreibtisch. Und ein Badezimmer mit Spül-WC und Dusche. Die Dusche sieht übrigens ganz normal aus. Ist sie aber nicht. Das warme Wasser wird von den Camp-Mitarbeitern in einen Kanister vor dem Zelt gefüllt. Das tun sie bei Bedarf auch mehrmals am Tag. In der Wildnis ein großer Luxus.
Wem das aber immer noch zu wenig Komfort ist, der findet in den Safari Lodges alles, was das Herz begehrt: Swimming Pool, Badewanne, und Zelte, die auf Holzplattformen stehen. Ein beruhigender Gedanke. Denn die Wanderwege der Flusspferde führen im Sayari Camp zum Teil zwischen den Zelten hindurch. Abends verlassen die Tiere den Mara Fluss, um zu grasen. In der Dunkelheit kann man sie hören. Ein dumpfes Schnauben verrät, dass die Flusspferde da draußen sind. Sehen kann man sie nicht. Das lässt sich am Morgen nachholen. Zum Beispiel bei einem Frühstück am Fluss.
Tipps zum Trip
Information: Reise- und Sicherheitshinweise zu Tansania gibt das Auswärtige Amt unter www.auswaertiges-amt.de Hinkommen: Flüge von Frankfurt nach Kilimanjaro zum Beispiel von Condor (ab 680 Euro) oder von Nürnberg über Istanbul nach Kilimanjaro von Turkish Airlines (ab 750 Euro).
Reisen: Individualreisen stellt zum Beispiel das Reiseunternehmen Enchanting Travels zusammen. Eine elftägige Safari in der nördlichen Serengeti mit täglichen Pirschfahrten, Buschwanderungen, Übernachtungen in Drei-Sterne-Zeltcamps und Vollpension kostet im Doppelzimmer ab 6200 Euro pro Person.
Pauschalreisen durch Tansania und die Serengeti zum Beispiel von Meier's Weltreisen ab 2800 Euro pro Woche oder von Marco Polo Reisen ab 3000 Euro für 16 Tage.
Übernachten: Die Übernachtung in einfachen Zelten kostet zwischen 20 und 50 Euro, Mittelklasse-Lodges kosten zwischen 50 und 150 Euro, Komfort-Lodges 150 bis 300 Euro und Luxus-Lodges ab 300 Euro. Text: ani