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MESPELBRUNN: Wie ein Spessart-Schloss zum Star wurde

MESPELBRUNN

Wie ein Spessart-Schloss zum Star wurde

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    Hedwig Gräfin von Ingelheim (links) und ihre Tochter Marie Antoinette, genannt Echterin von und zu Mespelbrunn. Sie stehen vor dem Wasserschloss, das 1957 die unvergleichliche Kulisse für die legendäre Filmkomödie „Das Wirtshaus im Spessart“ war. Viele Besucher wandeln dort auf den Spuren von Lilo Pulver und Carlos Thompson.
    Hedwig Gräfin von Ingelheim (links) und ihre Tochter Marie Antoinette, genannt Echterin von und zu Mespelbrunn. Sie stehen vor dem Wasserschloss, das 1957 die unvergleichliche Kulisse für die legendäre Filmkomödie „Das Wirtshaus im Spessart“ war. Viele Besucher wandeln dort auf den Spuren von Lilo Pulver und Carlos Thompson. Foto: Fotos: Thomas Obermeier

    Sternchen hat er gesehen. Nicht etwa, weil der Nachthimmel über dem Spessart klar war und die Sicht auf die funkelnden Himmelsgestirne frei. Nein, Hans Clarin lag auf dem Boden. Ein Beschlag am Tor zum Innenhof von Schloss Mespelbrunn hatte sich gelockert und den Schauspieler niedergestreckt. Dort fanden 1957 – also vor 60 Jahren – unter der Regie von Kurt Hoffmann die Dreharbeiten zur Komödie „Das Wirtshaus im Spessart“ statt. Einer der erfolgreichsten Filme der 1950er Jahre und heute ein Klassiker.

    Der eher schmächtige Clarin hat sich zwar einigermaßen schnell erholt, der heftige Hieb gegen seinen Brustkorb blieb ihm jedoch in Erinnerung. Zum Abschied schrieb er 1957 ins Gästebuch der Familie von Ingelheim, denen Schloss Mespelbrunn gehört: „Ich werde ihr Schloßtor nie vergessen.“ Noch Jahre später hat Hans Clarin, der später „Pumuckls Stimme“ wurde, von seinem umwerfenden Erlebnis im Spessart erzählt.

    Perfekte Filmkulisse

    Das romantische Wasserschloss ist eine perfekte Filmkulisse. Dicker Turm mit schmiedeeiserner Außentreppe, Zinnengiebel, efeuumrankter Kolonnadenhof, Schwäne auf dem See und mitten im Wald gelegen, wirkt es noch heute wie aus der Zeit gefallen. Und gerade jetzt im Herbst werden an manchen Tagen Nebelschwaden aufziehen und das alte Gemäuer noch verwunschener erscheinen lassen, wie im Märchen eben – oder wie damals im Film.

    Schloss Mespelbrunn lockt bis heute viele Besucher an. Und viele wandeln dort auch auf den Spuren der beliebten Akteure, die in dem unvergessenen Film mitspielten: Neben Hans Clarin, der den Peter gibt, einen Schornsteinfeger auf dem Weg nach Würzburg, waren das Carlos Thomson als smarter unfreiwilliger Räuberhauptmann und Helmut Lohner als Felix, der zusammen mit Peter eine wichtige Rolle in der Räuberpistole spielt. Mit dabei waren auch Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, die als Räuber Knoll und Funzel von einem ehrbaren Leben träumen, oder „Zack Zack“ Hubert von Meyerinck als Obrist von Teckel.

    Und manche werden das Fenster suchen, aus dem die bis heute berühmteste Mitwirkende als Franziska Comtesse von und zu Sandau traurig seufzend hinausblickte und sich so gar nicht auf ihre Hochzeit mit Graf von Sperling (Günther Lüders) freute. Gespielt wurde sie von Liselotte Pulver, die für ihr ansteckendes Lachen bekannt ist.

    Einige Besucher werden auch den Schwan sehr genau beobachten, der auf dem See seine Bahnen zieht. Ist er wohl echt? Oder doch nur eine Attrappe? Und wird er gleich wie von Geisterhand in die Höhe schweben? Und darunter kommt ein tropfnasser und eher unfreiwilliger Räuberhauptmann hervor, beziehungsweise Carlos Thomson, der im Film das Herz der Comtesse erobert hat?

    Erinnerung an Liselotte Pulver

    Im realen Leben gehört das Märchenschloss ebenfalls einer Comtesse: Marie Antoinette Gräfin von Ingelheim, genannt Echterin von und zu Mespelbrunn, ist die Chefin des Hauses. Ihre Mutter Hedwig von Ingelheim lebt ebenfalls dort und erinnert sich an einen Besuch von Liselotte Pulver viele Jahre nach dem Film. Die Schweizerin war anlässlich einer Kochsendung, die im Schloss aufgezeichnet wurde, in Mespelbrunn. „Bevor es losging, wurde Lilo ein längliches Paket in die Hand gedrückt“, erzählt Hedwig von Ingelheim.

    „Sie sollte es in einem Nebenraum auspacken.“ Die verdutzte Schauspielerin gehorchte. Kurz darauf durchdrang ihr unverwechselbares schallendes Lachen die dicken Mauern und massiven Türen. Liselotte Pulver kam zurück – gekleidet im Originalkostüm als Spessarträuberin. Es hat ihr noch wie angegossen gepasst, so Hedwig von Ingelheim.

    Wer in Mespelbrunn jedoch die Fachwerkkulisse sucht, vor der Rüdiger Vogel als Moritatensänger Parucchio vor dem zwielichtigen Räuberpack warnt und dabei selbst wegen seiner großen dunklen Augen ein wenig angsteinflößend wirkt, wird sie nicht finden. Diese Szene wurde auf dem Marktplatz von Miltenberg gedreht.

    Das düstere Gasthaus aber, in dem die Comtesse samt Verlobtem, Zofe Barbara (Ina Peters) und Pfarrer (Otto Storr) auf ihrer Fahrt nach Würzburg in die Falle gelockt werden, ist reine Filmausstattung. Es existiert jedoch ein historisches Vorbild ganz in der Nähe des Schlosses – in Hessenthal – und geht auf Wilhelm Hauff zurück.

    Er hat sich die Erzählung „Das Wirtshaus im Spessart“ ausgedacht. Veröffentlicht wurde sie im „Märchenalmanach auf das Jahr 1828 für Söhne und Töchter gebildeter Stände“, da war der Dichter bereits tot. Hauff schreibt von einem langen niedrigen Haus. Diese Beschreibung passt zum „Gasthaus zur Post“ in Hessenthal, eine ehemalige Thurn- und Taxis'sche Posthalterei. Hauff hat womöglich 1826 auf seiner Reise durch den Spessart dort Rast gemacht. Die anschließend von ihm geschriebene Geschichte vom „Wirtshaus“ diente dann in den 1950er Jahren als Vorlage für die Filmkomödie.

    Schmerzhafte Filmpanne

    Für die eingangs erwähnte Szene mit Hans Clarin gibt es allerdings keine Vorlage und sie stand auch nie im Drehbuch. Es war eine für ihn äußerst schmerzhafte Filmpanne. Der Schauspieler sollte in seiner Rolle als Peter lediglich das Tor öffnen, damit die Kutsche schnell hindurchfahren konnte, in der die Comtesse und ihr Räuberhauptmann, der eigentlich ein italienischer Graf ist, aus dem Schloss fliehen. Dabei löste sich der Beschlag. Wann er sich genau ins Ingelheim'sche Gästebuch verewigt hat, ist nicht bekannt. Aber Liselotte hat nach ihm ihren Eintrag auf den 10. Oktober 1957 datiert: „Ich bedanke mich für alles Gute, speziell aber für die Tee- und Kaffeepausen.“

    Auch andere haben sich darin verewigt. Rüdiger Vogel bedankt sich für „den reizenden Nachmittag in Ihrem Märchenschloss“. Carlos Thomson ist voller Dankbarkeit für die Gastfreundschaft. Auch seine Frau Lilli Palmer war bei den Dreharbeiten anwesend, so scheint es, denn ihren herzlichen Gruß übermittelt sie im Gedenken an ihren zweiten Besuch in Mespelbrunn – ohne Datum.

    Herbert Hübner, der den geizigen Filmvater von Liselotte Pulver spielt, der den Räubern kein Lösegeld zahlen will, dichtet: „Schauspieler sind wie die kleinen Wechseln in einer Stund, zehnmal mit Lachen und Weinen, Neunmal davon ohne Grund!“ Und auch Wolfgang Kühnlenz, damals Regieassistent, davor Aufnahmeleiter des vor dem „Wirtshaus“ gedrehten Filmklassikers mit Lilo Pulver – „Ich denke oft an Piroschka“ – war von Mespelbrunn angetan und bringt es im Gästebuch auf den Punkt: „Wie gut sich Schloss und Film verstehen – kann jeder auf der Leinwand sehen.“

    Schloss Mespelbrunn Die Ursprünge von Mespelbrunn reichen bis ins frühe 15. Jahrhundert zurück. Der Mainzer Kurfürst Johann von Nassau schenkte 1412 dem Ritter und Forstmeister Haman Echter den Platz zum Espelborn. Darauf errichtete er eine Hofanlage mit Turm. Ab 1564 verwandelte sie sich durch Peter Echter III. und seiner Frau Gertraud von Adelsheim in ein Schloss. Es sind die Eltern von Julius Echter, der von 1573 bis zu seinem Tod 1617 als Würzburger Fürstbischof über Hochstift und Bistum regierte. Seit gut 100 Jahren ist Schloss Mespelbrunn der Wohnsitz der Familie von Ingelheim, vorher war es Jagd- oder Wochenendwohnsitz, informierte Marie Antoinette Gräfin von Ingelheim, genannt Echterin von und zu Mespelbrunn. Ein Besuch ist noch bis zum 5. November möglich, täglich von 9 bis 17 Uhr. Über den Winter sind Park und Schloss geschlossen. Auf der Internetseite wird bekannt gegeben, wann die Anlage im Frühjahr 2018 wieder öffnen und die geplante Freilichtaufführung des Films „Das Wirtshaus im Spessart“ stattfinden wird: www.schloss-mespelbrunn.de cj

    „Ich bedanke mich für alles Gute, speziell aber für die Tee- und Kaffeepausen.“

    Liselotte Pulvers Eintrag ins Gästebuch von Schloss Mespelbrunn

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