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Lohr: 14-Jähriger überfiel Tankstelle: Wenige junge Täter machen große Probleme in Lohr

Lohr

14-Jähriger überfiel Tankstelle: Wenige junge Täter machen große Probleme in Lohr

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    Jugendkriminalität ist aktuell Thema in Lohr.
    Jugendkriminalität ist aktuell Thema in Lohr. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand (Symbolfoto)

    Jugendkriminalität beschäftigt aktuell die Polizei in Lohr. "Das ist ein kleiner Personenkreis, der aber massiv Probleme macht", sagt der Leiter der Inspektion Lohr, Johannes Schuhmann, auf Anfrage unseres Medienhauses. Ein 14-Jähriger, der unter anderem eine Tankstelle in Lohr überfallen haben soll, ist aktuell nach Informationen unserer Redaktion von der Schule ausgeschlossen. Bei einem Runden Tisch im Dezember hätten Polizei, Schulamt, Direktoren der betroffenen Schulen, Sozialarbeiter und Jugendamt nach Wegen gesucht, die Jugendkriminalität einzudämmen.

    Er sprach von drei sogenannten Intensivtätern im Alter zwischen 13 und 15 Jahren, wobei ein 14-Jähriger klar heraussteche. Er soll nicht nur mit einem Messer im Anschlag die Tankstelle überfallen haben, sondern auch für eine gefährliche Körperverletzung am 7. Dezember 2024 auf dem Weihnachtsmarkt verantwortlich gewesen sein. Zudem gehen nach Angaben Schuhmanns kleinere Delikte wie das Anzünden des Inhaltes einer blauen Papiertonne und Vandalismus auf das Konto der Gruppe. "Da ist eine massive kriminelle Energie und dem müssen wir Herr werden", zeigt sich der Polizeichef entschlossen.

    Noch nicht lange strafmündig

    Die Schuldirektoren bekämen wie die Kommunalpolitiker auch den Unmut der Eltern ab. Zumal vor allem der 14-Jährige in der Vergangenheit schon häufiger Mitschüler "abzog", also unter Gewaltandrohung Geld oder gewisse Gegenstände von ihnen forderte. Da er erst seit Kurzem strafmündig sei, stand er laut Schuhmann noch nie vor einem Jugendrichter. Weil es aus Sicht der Justiz keine Haftgründe gab, wurde er nach den letzten Taten vorläufig wieder auf freien Fuß gesetzt. Die aktuellen Straftaten würden jedoch sowohl von der Kriminalpolizei Würzburg als auch von der Polizei Lohr "priorisiert bearbeitet". Der Jugendliche werde sich vor dem Jugendrichter verantworten müssen, so Schuhmann.  So sei die Anzeige wegen des versuchten Tankstellenüberfalls kurz vor der Fertigstellung.

    Nach Informationen unseres Medienhauses zeigte sich der aus geordneten Verhältnissen stammende 14-Jährige bisher unbeeindruckt von allen Kontakten mit der Polizei. So habe er gegenüber Beamten sinngemäß geäußert, dass sie ihm ohnehin nichts anhaben können. Gleichzeitig würden die jungen Rechtsbrecher von noch jüngeren regelrecht "angehimmelt" und bewundert, klagt ein Polizist.

    Laut Schuhmann habe es kürzlich eine Gefährderansprache bei einem Mitwisser des Tankstellenüberfalls gegeben. Dieser habe den Warnschuss anscheinend verstanden. "Das Umfeld ist aus unserer Sicht noch beeinflussbar", sieht der Polizeichef einen Hoffnungsschimmer.

    Jugendamt äußerst sich allgemein

    Die Redaktion wollte wissen, wann das Jugendamt eingeschaltet wird und welche Wege es gibt, um Kindern und Jugendlichen, die auf die schiefe Bahn geraten sind, zu helfen. Über die konkrete Situation in Lohr äußert sich das Jugendamt allerdings aus Gründen des Daten- und Personenschutzes nicht.

    Benachrichtigt werde das Jugendamt nach Aussage von dessen Leiter Thomas Götz immer dann, wenn die Polizei gegen Minderjährige ermittelt – selbst bei Kleinstdiebstählen. Vreni Stöberl, Leiterin Soziale Dienste am Landratsamt Main-Spessart, erläutert, wie es danach weitergeht: "Wir treten mit den Erziehungsberechtigten in Kontakt und gucken gemeinsam, auch mit dem Jugendlichen, welche Hilfsmöglichkeiten es gibt."

    Grundsätzlich gibt es zwei Schienen, auf denen sich das Amt bei Kindern und Jugendlichen, die mit dem Gesetz in Konflikt kommen, bewegt. Diese verlaufen oft auch parallel: Die Jugendgerichtshilfe schaltet sich ein, wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Sie berät die Jugendlichen, die ab 14 Jahren strafmündig sind, sowie deren Familie und nimmt an Gerichtsverhandlungen teil. "Es gibt eine Empfehlung seitens des Jugendamtes, welche Auflagen oder Sanktionen sich anbieten, beispielsweise eine Therapie, ein Aggressionstraining oder auch Jugendarrest", erklärt Stöberl.

    Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) schaut, "wie die Familie unterstützt werden kann und wo bei den Jugendlichen die Bedarfe sind", sagt die 34-Jährige. Jugendamtsleiter Götz betont, dass "die Maßnahmen alle freiwillig" seien. "Wir haben die Möglichkeit von ambulanten und stationären Hilfen, aber immer mit der Voraussetzung, dass die Eltern und der Jugendliche mitarbeiten", erklärt der 53-Jährige. Zwingen könne man niemanden, das könne nur das Gericht, betont Götz.

    Langwieriger Prozess

    Gerade bei jugendlichen Intensivtätern ist die Mitwirkungsbereitschaft seiner Erfahrung nach eher gering. Begonnen werde mit niederschwelligen ambulanten Hilfsangeboten, wie einer Erziehungsbeistandschaft, sagt Götz. Wenn das nicht ausreicht, müssten intensivere Maßnahmen, wie eine außerhäusliche Unterbringung, ergriffen werden. Auch dafür müsse grundsätzlich die Bereitschaft da sein, was aber häufig nicht gegeben sei, berichtet er. Außenstehende würden sich dann oft die Frage stellen, warum nicht schneller etwas passiert, sagt der Jugendamtsleiter.

    Er skizziert eine langwierige Schleife aus gerichtlichen Anhörungen und Gutachten, um eine Unterbringung anzuordnen. Wenn der Jugendliche die Anhörungen vor Gericht nicht wahrnimmt, werden neue Termine gemacht, zu denen er unter Umständen polizeilich vorgeführt wird. Das gleiche Spiel wiederholt sich gegebenenfalls beim Gutachten, das beispielsweise die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Würzburg anfertigt. Danach wird der Betroffene noch vor Gericht zu dem Gutachten angehört, das erst dann entscheidet, ob eine geschlossene Unterbringung genehmigt wird.  "So ein Verfahren kann sich im Extremfall insgesamt schon über ein paar Monate hinwegziehen", sagt der Jugendamtsleiter.

    Wenige Intensivtäter

    Eine geschlossene Jugendhilfe-Einrichtung sei nicht mit einer Justizvollzugsanstalt oder einer geschlossenen Forensik zu vergleichen, betont Götz. "Es gibt dort die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen freiheitsentziehende Maßnahmen anzuwenden und mehr geschlossene Türen als in einer gewöhnlichen Jugendhilfe-Einrichtung", erklärt der 53-Jährige. Nach seiner Aussage handelt es sich dabei um Einrichtungen mit einem sehr hohen Personalschlüssel, in denen das Fachpersonal die Jugendlichen sehr intensiv betreut. Ziel sei es, den jungen Menschen dazu zu motivieren, sich auf die Maßnahme einzulassen und dabei mitzumachen.

    Zu den ambulanten Angeboten gehört neben dem Erziehungsbeistand, der auf den jungen Menschen abzielt, auch die sozialpädagogische Familienhilfe. Sie habe die gesamte Familie im Auge.

    Jugendliche Intensivtäter seien die Ausnahme, sagt er. "Davon gibt es in einem Landkreis wie unserem nicht so viele Fälle." In der Polizeistatistik taucht der Begriff "jugendliche Intensivtäter" nicht auf. Die neuesten Zahlen für den Kreis Main-Spessart stammen aus dem Jahr 2023 und teilen die Tatverdächtigen nach Delikthäufigkeit auf. Ende März werden die neuen Zahlen veröffentlicht.

    Laut Daten von 2023 gab es zwei Jugendliche, die verdächtigt wurden, für vier Taten verantwortlich zu sein, fünf Jugendliche, die fünf bis sechs Taten begangen haben sollen, und sieben Jugendliche mit mutmaßlich sieben bis neun Delikten auf dem Kerbholz. Bei den Kindern weist die Statistik drei aus, die vier Taten verdächtigt wurden, und eines, das mutmaßlich fünf bis sechs Delikte begangen hat.

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