Den Alltag einmal ein Jahr komplett hinter sich lassen und die Welt bereisen. Eine Vorstellung, die für Viele ein Traum sein dürfte – dessen Umsetzung jedoch nur schwer mit der Alltagsrealität vereinbar scheint. Nicht so für Sebastian Leisgang und Elena Brenneis. Eine sechswöchige Reise durch Zentralamerika im Jahr 2022 gab dem 31-jährigen Burgsinner und seiner 26-jährigen Freundin den Anstoß, ihre vagen Pläne für eine gemeinsame Weltreise konkret zu machen.

Das Timing war für beide gut: "Bei Elli war es ein natürlicher Schnitt in ihrem Leben, weil sie mit der Masterarbeit fertig geworden ist und jetzt quasi vor dem Berufseinstieg steht", erklärt Leisgang. Er selbst sei als freiberuflicher Journalist – unter anderem für das Main-Echo, für den Kicker und die Süddeutsche Zeitung – flexibel genug, dass sich der gemeinsame Traum im Juni 2023 verwirklichen ließ. Die Vorbereitungszeit nutzte das Paar, um sich das nötige Reisebudget zusammenzusparen, die Krankenkasse abzumelden und ihre Wohnung in Würzburg unterzuvermieten. Auf den genauen Verlauf der Reise, die ungefähr ein Jahr dauern sollte, wollten sich die beiden vorab jedoch nicht festlegen.
Strategie gegen wiederkehrende Reisemüdigkeit
"Wir hatten nur einen groben Plan, als wir losgeflogen sind", berichtet Brenneis, die aus Vollmersdorf (Neckar-Odenwald-Kreis) stammt und wie Leisgang Medien und Kommunikation in Würzburg studiert hat. "Die ersten zwei Länder standen fest und auch die Richtung, in die wir reisen wollten – nämlich nach Südostasien." Eine Strategie, die für die beiden aufgegangen ist. Ein ereignisreiches Jahr und 20 Länder – darunter Sri Lanka, Osttimor, Taiwan, Guatemala und Bolivien – später befinden sie sich nun in Brasilien, einer der letzten Stationen, bevor es wieder zurückgehen soll nach Deutschland.
Ihr Ziel, ein Jahr lang die Welt kennenzulernen, haben die beiden somit erreicht – trotz einer periodisch einkehrenden Reisemüdigkeit. Die setzte laut Leisgang erstmals nach vier Monaten ein, als sie in Thailand angekommen waren: "Da haben wir uns gesagt, wir machen jetzt wirklich mal zwei Wochen Pause, wo wir nichts erkunden. Wir schauen uns keinen Wasserfall an, wir gehen auf keine Safari, wir klettern keinen Berg hoch, wir halten nach keinem Vulkan Ausschau. Wir gehen am besten jeden Abend ins gleiche Restaurant, liegen sonst nur am Pool und machen gar nichts."
Ziel ist es, die Welt kennenzulernen, nicht Urlaub zu machen
Als Urlaub im Urlaub möchte der Burgsinner diese Erholungsphase jedoch nicht verstanden wissen: "Die eigentliche Reise ist ja kein Urlaub. Also wir liegen jetzt nicht die ganze Zeit am Strand und machen nichts. Sondern wir erkunden die Länder. Wir wollen die kennenlernen, wollen mit Einheimischen in Kontakt kommen, wollen wissen, was ist typisch für dieses Land. Und dadurch sind wir immer irgendwie auf Achse."

Umso wichtiger die gezielten Erholzeiten, für die es nach weiteren vier Monaten bei ihrer Ankunft in Mexiko erneut an der Zeit war. "Vier Monate können wir reisen und sind interessiert und dann brauchen wir erstmal eine Pause. Weil nach vier Monaten, wo jeden Tag neue Eindrücke auf dich warten, muss man einfach auch mal abschalten, um das zu verarbeiten", erklärt Leisgang.
Brenzlige Situation in Indien
Konfliktsituationen wie Diebstähle oder Schlimmeres konnte das Duo auf seiner mittlerweile fast zwölfmonatigen Reise bislang vermeiden. Geholfen habe dabei gesunder Menschenverstand, das sorgfältige Studium der Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes ("liest sich manchmal wie ein Krimi") und Gespräche mit anderen Reisenden. Einzig ein Vorfall in Indien ist besonders Brenneis in unangenehmer Erinnerung geblieben: "Da war eine Situation, wo Sebastian mit ein paar anderen Beachvolleyball gespielt hat und ich ein Stück abseits saß und zugeschaut habe. Dabei hat sich eine immer größere Traube um mich gebildet an indischen Männern, und irgendwann habe ich das Spielfeld gar nicht mehr richtig gesehen."
"Vier Monate können wir reisen und sind interessiert und dann brauchen wir erstmal eine Pause."
Sebastian Leisgang über Reisemüdigkeit auf seiner Weltreise
Auch der Hinweis der 26-Jährigen, dass nur zehn Meter entfernt ihr Freund stehe, habe die Männer nicht davon abschrecken können, sie mit Heiratsangeboten zu überschütten. "Da habe ich mich auf jeden Fall unwohl gefühlt." Bevor die Situation eskalieren konnte, sei jedoch jemand eingeschritten und habe den übereifrigen Verehrern signalisiert, dass sie sich verziehen sollten. "Das war nicht dramatisch, aber da habe ich gemerkt, dass ich mich alleine als Frau in Indien nicht so wohlfühlen würde", bedauert Brenneis.
Ein Abenteuer voller Höhepunkte
Abgesehen von dieser unangenehmen Episode beschreiben die beiden die zwischenmenschlichen Begegnungen auf ihrer Reise jedoch als durchweg erfreulich. Trotz der Sprachbarriere – beide sprechen Englisch, Leisgang Spanisch, jedoch keine asiatische Sprache – sind Brenneis besonders die Menschen in vielen asiatischen Ländern, gerade auch Indien, als kontaktfreudig, herzlich und offen in positiver Erinnerung.

Einen einzelnen Höhepunkt ihrer Reise oder ein Land, das ihnen am besten gefallen hat, herauszustellen, fällt den beiden schwer – sei es doch vielmehr die Summe der Eindrücke gewesen, die ihr "großes Abenteuer" so unvergesslich gemacht habe. Trotzdem klingt Brenneis nach zwölf Monaten fern der Heimat fast erleichtert, als sie auf die Frage nach dem weiteren Reiseverlauf antwortet: "Ein Ende ist in Sicht."
