Von der Abwrackprämie profitieren auch die Autohäuser im Landkreis Main-Spessart. Von 30 Prozent mehr Neuzulassungen spricht Peter Schramm, Leiter der Zulassungsstelle im Landratsamt Main-Spessart. Über 3200 Erstzulassungen waren es im ersten Halbjahr 2009 in Karlstadt, Marktheidenfeld und Lohr. Die Vergleichszahlen der beiden Vorjahre lagen jeweils unter 1850. Im gesamten Jahr 2008 wurden gerade mal 3400 neue Autos zugelassen.
„Im Frühjahr zog es innerhalb von Tagen an“, blickt Reinhold Eirich, langjähriger Mitarbeiter der Zulassungsstelle in Karlstadt zurück. 655 Neuzulassungen im März, gegenüber je 243 im Januar und Februar. Im Juni gab es den Rekord von 745, im Juli sank die Zahl auf 511. Nachweislich abgewrackt und verwertet wurden jeden Monat rund 230 alte Autos, insgesamt bislang 1817 im Landkreis.
Verkäufer machten Überstunden
„Es ging blitzartig los“, erinnert sich Andreas Schubert vom Karlstadter Autohaus Echterstraße (Renault und Dacia). Anfangs hätten die Kunden unter Druck gestanden, manchem war da die Wunschfarbe nicht mehr wichtig. Bis zu zwölf verkaufte Autos am Tag hätten den Verkäufern 70-Stunden-Wochen beschert. Mit der Möglichkeit zur Reservierung der Prämie habe sich das entspannt, doch würden noch immer wöchentlich Autos abgewrackt. Gegenüber dem Vorjahr rechnet er mit mehr als einer Verdopplung.
Peter Erhard, Werkstattleiter des Fiat-Autohauses Imhof in Wernfeld, spricht sogar von einer Verdreifachung. Anfang Februar habe ein richtiger Run eingesetzt, der bis Juli anhielt. Derzeit laufe eine Art Endspurt.
Ähnlich sieht den zeitlichen Verlauf Matthias Willer, Chef vom Autohaus Willer in Marktheidenfeld. Trotz der „Opel-Krise“ wird er sein Jahresziel dank Abwrackprämie um rund 50 Prozent übertreffen.
Über sechs Monate Wartezeit
„Bestimmt das Dreifache“, bilanziert Peter Grampp, der als Händler für Mercedes und VW/Audi mit Autohäusern in Lohr und Karlstadt im Landkreis vierfach vertreten ist. Er spricht von einer historischen Herausforderung und von Kapazitätsengpässen. Die Lieferzeiten für Golf und Polo seien auf über ein halbes Jahr angestiegen. Die Nachfrage sei weiter hoch.
Günstige Kleinwagen gefragt
Der typische Abwrackkunde will einen günstigen Kleinwagen: Einen Polo oder Golf von VW, einen A3 von Audi, Corsa und Astra von Opel, Fiat Panda, Punto oder 500, Renault Clio oder Twingo. Dacia profitierte mit dem Mitte 2008 einführten Kleinwagen „Sandero“ extrem von der Abwrackprämie: „Das brachte uns viele neue Kunden; 60 Prozent davon hätten sich ansonsten etwas gebrauchtes gekauft“, erklärt Andreas Schubert. Deutschlandweit hätten sich die Verkaufszahlen dieses Autos verdreißigfacht. Wie Peter Erhard erfreut berichtet, kletterte Fiat auf Platz drei der Neuzulassungsstatistik (hinter VW und Opel).
Über die Option „Jahreswagen“ oder „junger Gebrauchter“ fanden auch größere Modelle ihre Käufer. Laut Peter Grampp war das bei Mercedes für die A- und B-Klasse der bevorzugte Weg der Käufer, mit staatlichem Bonus zu einem hochwertigen Fahrzeug zu kommen.
„Zu uns kamen viele Kunden, die sich ansonsten nie einen neuen VW oder Audi gekauft hätten“, erklärt Peter Grampp weiter. Markenwechsler seien da genauso dabei, wie der typische Gebrauchtwagenkunde, der 24 Monaten Gewährleistung zu schätzen lernt.
„Eine der effektivsten und für ihn billigsten Subventionen, die der Staat je erfunden hat“, lobt Peter Grampp die Prämie. Die von Mehrwertsteuer-Diskussion und schleppender Kfz-Steuer-Reform verursachte Kaufzurückhaltung habe sich in Luft aufgelöst. Frühere Inzahlungnahmeaktionen der Hersteller hätten lange nicht so gezündet.
Die Händler hätten sich aber vor allem eine einfachere Abwicklung gewünscht. Anfangs mussten Kunden bis sechs Monate auf die Überweisung durch die BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) warten, inzwischen funktioniert das besser. Die Anträge werden nun nahezu ausschließlich über die Händler gestellt
Gebrauchtwagen weniger gefragt
Zu spüren bekommen die Abwrackprämie vermutlich Gebrauchtwagenhändler und Reparaturwerkstätten. „Gebrauchtwagen über 10 000 Euro lassen sich vielfach nur noch unter Wert verkaufen“, erklärt Andreas Schubert. Unter 3000 Euro gebe es praktisch keinen Markt mehr und über 4000 Euro sei das Angebot dünn.
Die Händler versuchten, den Kunden gute Gebrauchte abzukaufen, doch das funktionierte nicht immer. „4900 Euro hätten wir für den Golf gezahlt, Abwrackprämie und Rabatt von VW ergaben zusammen 6000 Euro“, nennt Peter Grampp ein Beispiel. Überwiegend handelte es sich bei abgewrackten Autos aber um hoffnungslose Fälle, die allenfalls im Exportmarkt gelandet wären.
„Unsere Werkstatt wird weniger Verschleißreparaturen und mehr Wartung machen“, blickt Andreas Schubert in die Zukunft.
Mangels leistungsfähiger Autoverwerter wurden und werden die meisten Altautos aus Main-Spessart bei Firmen in den Nachbarlandkreisen Bad Kissingen und Würzburg demontiert und verwertet.