Überraschend viele Adelsberger kamen am Montagabend zur Infoveranstaltung zur geplanten großen Freiflächen-Photovoltaikanlage in einer Lichtung oberhalb von Harrbach. Sie waren es auch, die die meisten Bedenken gegen den bis zu 17 Hektar großen Solarpark vorbrachten. Denn während man die Anlage vom Maintal aus kaum sehen wird, haben die Bürger im rund vier Kilometer Luftlinie entfernten Adelsberg einen guten Blick auf die Lichtung – und später auch auf das mögliche Solarfeld. Bedenkenswerte Einwände brachte der Steinbacher Hubert Helfrich vor, der Jagdpächter im nahen Wiesenfeld ist und zudem Jagdberater in Main-Spessart. Um die 40 Bürger waren anwesend, dazu Stadträte, Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert und der Projektentwickler der Firma Südwerk, Thomas Jungkunz, um sich über Vor- und Nachteile zu informieren.

"Wir sind davon überzeugt, dass wir Energie regenerativ erzeugen müssen", sagte Südwerk-Vertreter Jungkunz. Die Energiewende muss aus seiner Sicht zudem regional und dezentral geschehen. Die sogenannten Stromgestehungskosten würden im geplanten Solarpark etwa fünf Cent pro Kilowattstunde betragen. Weil eine rund einen Hektar große Fläche wohl herausfällt, wobei es Jungkunz im Unklaren ließ, ob der Eigentümer nicht erreicht wurde oder nicht wollte, würde die Anlage eine Spitzenleistung von rund 14 statt geplant 16 MWp erreichen. Bürger sollen sich entweder über einen Sparbrief oder eine Energiegenossenschaft beteiligen können, die Stadt könnte an der Betreibergesellschaft teilhaben.
Projektentwickler: Module blenden Adelsberger nicht
Jungkunz räumte mit der Angst der Adelsberger auf, dass sie von den PV-Modulen geblendet würden, da diese Richtung Süden geneigt wären. Sie würden nur die Rückseite sehen. Aber die ließen nicht locker. "Das Gestänge müssen wir uns von Adelsberg aus ansehen?", wollte einer wissen. "Ja", sagte Jungkunz. Das sehe man doch nur mit dem Fernglas, rief ein anderer Bürger.
Eine Adelsbergerin fand, das sei "unsagbar stark zu sehen" und gab zu bedenken, dass im Maintal Kreuzfahrtschiffe und Touristen unterwegs seien. Ob das Plateau bei Wiesenfeld nicht besser geeignet wäre oder die Autobahn? Und Stadtrat Risser fragte, ob angesichts neuer Stromtrassen mit Windkraft aus dem Norden die Landschaft so "verschandelt" werden müsse. Ein Bürger rief dazwischen, dass doch weder Stromtrassen noch PV-Anlagen an der Autobahn gewünscht seien. Stadtrat Robert Lampert gefiel nicht, dass sich die Firma die Lichtung als möglichen Standort am PC ausgesucht hat.

Der Projektentwickler wandte ein, dass es in Bayern nur ganz wenige Flächen gebe, die nicht einsehbar sind. "Unsere Dächer reichen nicht aus." Jeder werde sein Scherflein zur Energiewende beitragen müssen. Als Ergänzung zur Windkraft sei, wenn der Wind mal nicht wehe, auch Solarenergie nötig. Es sei schwierig, überhaupt weitere große PV-Anlagen zu errichten, in 80 Prozent der Fälle bekomme sein Unternehmen eine Absage von Gemeinden. In Main-Spessart waren in letzter Zeit beispielsweise auch Flächen bei Birkenfeld, Billingshausen, am Bischborner Hof, in Retzstadt und Thüngen im Gespräch.
Bürgermeister Lippert: "Wie wollen wir die Energiewende schaffen?"
Bürgermeister Lippert sagte, dass sich irgendwer immer gestört fühlen werde. "Wie wollen wir die Energiewende schaffen, wenn wir die Flächen ablehnen, weil wir uns in unserer Wohlfühlsphäre ein Stück weit beeinträchtigt fühlen?" Er habe sich angeschaut, wie die Fläche von Adelsberg aus aussehe, und frage sich, ob die Adelsberger wirklich den ganzen Tag in die Richtung schauen und ob sie sich nicht vielleicht nach drei, vier Wochen an den Anblick gewöhnt haben.

Wenn die Lebenszeit nach 20, 30 Jahren um sei, würden die Module, Gestelle und Leitungen recycelt, so Jungkunz. Alu, Glas, Silizium und Kupfer seien in Deutschland gefragte Rohstoffe. Im Moment gehe man davon aus, dass die Erlöse dann höher als die Rückbaukosten sein werden. Seine GmbH müsse dennoch eine Rückbaubürgschaft abschließen, damit der Rückbau auch gesichert ist, wenn seine Firma pleite gehen sollte.
Fläche der Harrbacher Jagdgenossenschaft würde zu klein
Der Steinbacher Hubert Helfrich ist Jagdpächter im benachbarten Wiesenfeld und sagte, er spreche für das Wild. Durch die umzäunte Anlage gingen Äsungsflächen, vor allem am Waldrand, verloren und dann werde der Verbiss im Wald noch stärker. Laut Jungkunz soll es einen 30 Meter breiten Saum am Waldrand geben, das Grün zwischen den Modulen, eventuell als Trockenrasen angelegt, werde nach den Vorgaben der Naturschutzbehörde gemäht. Aber Helfrich hatte einen weiteren Einwand: Die Harrbacher Jagdgenossenschaft hat derzeit 262 Hektar Gemeinschaftsjagdrevier, mit dem für die Jagd befriedeten Solarpark falle die Fläche unter 250 Hektar. Dies habe zur Folge, dass die Jagdgenossenschaft einer benachbarten angegliedert würde – "dann bestimmen halt andere".
Ein Harrbacher sagte, er habe nichts gegen die geplante PV-Anlage, aber gab zu bedenken, dass sie direkt über der Harrbacher Siedlung liege und dass vielleicht mit einem Graben für das Abfließen des Regenwassers gesorgt werden müsse, damit die Siedlung nicht weggeschwemmt werde. Ein Bürger, der selbst Photovoltaik in Gemünden hat, sagte, man müsse auch den Nebel hier berücksichtigen. In Gemünden etwa habe man deswegen 20 bis 25 weniger Sonnenertrag als etwa in Aschenroth.
Nach der Sommerpause wird das Thema im Stadtrat aufgegriffen
Bürgermeister Lippert dankte abschließend für die vorgebrachten Argumente. Genau dafür, sich die Ängste und Befürchtungen der Bürger anzuhören, sei die Infoveranstaltung auch gedacht gewesen. Nach der Sommerpause entscheide der Stadtrat, ob es ein Bauleitverfahren gebe, bei dem auch noch einmal jeder seine Bedenken einbringen könne. "Ich glaube, die Fläche hat nicht nur Nachteile", sagte Lippert.
