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Alcopops nun mit Wein statt mit Schnaps

Karlstadt

Alcopops nun mit Wein statt mit Schnaps

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    Alcopops kommen in peppigen Fläschchen und bunten Farben daher. Die süßen Getränke sind beliebt bei Jugendlichen. Eine Sondersteuer soll ihren
Konsum eindämmen. Die Getränkeindustrie trickst derweil schon: Im Mixgetränk links im Bild sorgt Wein statt Schnaps für den Alkoholgehalt. Es ist
damit von der Steuer ausgenommen und darf von 16-Jährigen gekauft werden.
    Alcopops kommen in peppigen Fläschchen und bunten Farben daher. Die süßen Getränke sind beliebt bei Jugendlichen. Eine Sondersteuer soll ihren Konsum eindämmen. Die Getränkeindustrie trickst derweil schon: Im Mixgetränk links im Bild sorgt Wein statt Schnaps für den Alkoholgehalt. Es ist damit von der Steuer ausgenommen und darf von 16-Jährigen gekauft werden. Foto: FOTO JÜRGEN KAMM

    Rechtlich ist die Sache klar: Als branntweinhaltiges Getränk dürfen Alcopops nur von Erwachsenen gekauft werden. Wein, Bier und Sekt dürfen Jugendliche über 16 kaufen. Für alle Jüngeren gilt ein striktes Alkoholverbot. "Lassen Sie sich den Ausweis zeigen", rät Kreisjugendpflegerin Andrea Schön den Einzelhändlern. Die Behörde schrieb alle Verkaufsstellen an.

    Der "Schuss" in den Alcopops fällt recht kräftig aus, etwa ein "Doppelter" ist in einem 0,33 Liter-Fläschchen verborgen und sorgt für über fünf Volumenprozent Alkoholgehalt. Zum Vergleich: Pils und Weißbier enthalten etwa 4,9 bis 5,3 Prozent Alkohol.

    Die Steuer macht jede neu abgefüllte Flasche 80 bis 90 Cent teurer. In den Läden stehen kaum noch nach dem Stichtag abgefüllte Alcopops. Dennoch gibt es deutliche Reaktionen in Karlstadt.

    Beim Toom-Getränkemarkt ist auf die Preisschilder im Regal von Hand ein "R" für Räumung geschrieben, die Alcopops werden aus dem Sortiment genommen. "Der Abverkauf läuft sehr schlecht", berichtet Marktleiter Björn Straub. Als über die Sondersteuer diskutiert wurde, habe es noch einmal einen kleinen Schub gegeben, inzwischen werde statt dessen deutlich mehr Bier und Wein gekauft. Helle Biere seien auf einmal stark gefragt. "Die Steuer wirkt", prophezeit Björn Straub: "Wer legt für eine 0,33er Flasche 2,70 Euro hin, wenn er dafür sechs Flaschen Bier haben kann?"

    Dass ab und an Minderjährige Spirituosen kaufen wollen, war schon vor den Alcopops so. "Für einen 15-Jährigen mit einer Flasche Jack Daniels ist die Kasse aber Endstation."

    "Bei uns waren diese Getränke nie ein Renner. Wir haben das Angebot zurückgefahren und nehmen sie aus dem Sortiment", erklärt Dorothea Penz, Leiterin der Tegut-Marktes.

    Auch beim E-Center in Karlstadt ist die Reaktion von Edeka-Nordbayern auf das neue Gesetz offensichtlich. Die Mixgetränke stehen ganz hinten in der Ecke, nicht mehr vorne im Kassenbereich. "Smirnoff an Ice haben wir seit 1. August nicht mehr", berichtet Norman Belz, stellvertretender Marktleiter. Vorher sei diese Marke gefragt gewesen, während die Nachfrage nach Alcopops generell zurückgegangen sei. Die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes ist für Belz, wie für alle befragten Händler, eine Selbstverständlichkeit.

    Der Neukauf-Markt in Karlstadt und die Shell-Tankstelle in Karlstadt gaben keine Auskünfte und verwiesen an die Konzernzentralen. "Keine merklichen Änderung", teilte Shell aus Hamburg mit, Edeka antwortete nicht. "Die Nachfrage ist eigentlich wie immer", berichtet Günter Fray von der Aral-Tankstelle. Anscheinend schrecke die Steuer nicht wirklich ab. "Der Umsatz könnte noch höher sein, wenn wir die Jugend machen lassen würden, was sie möchte", bemerkt er ironisch zu den beständigen Versuchen Minderjähriger. Gar nicht zu bekommen sind Alcopops im Getränkemarkt von Irma Sattelberger und im Video- und Getränkekeller von Rosemarie Reusch.

    Der sich in Karlstadt abzeichnende Trend contra Mixgetränke lässt Jugendschützer und Polizei überraschenderweise nicht jubeln. Peter Kachel, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Karlstadt, ist skeptisch und verweist auf Zigaretten: "Sie werden immer teurer, und die Leute rauchen trotzdem weiter." Generell seien Alcopops bisher schon das Hauptproblem gewesen. Bei Feten endeten Kontrollen für viele Jugendlichen damit, das die Beamten die Fläschchen einkassierten.

    "Die Steuer ist Makulatur", befürchtet Kreisjugendpfleger Bernhard Metz. Oft werde Frankreich als Vergleich angeführt, wo eine ähnliche Steuer die Alcopops vom Markt fegte. Deutsche Jugendliche hätten aber deutlich mehr Geld in der Tasche. Wichtiger sei, auf die Eltern und andere Multiplikatoren einzuwirken. Den wenigsten Jugendlichen seien mögliche Folgen bekannt: "Wer denkt mit 16 schon daran, dass er irgendwann einmal krank werden könnte."

    Doch Idole sind nicht immer gute Vorbilder: "Jetzt feiern wir zwei Wochen durch", sagte die deutsche Hockeymannschaft nach ihrem Erfolg in Athen den Reportern.

    Wie Bernhard Metz weiter erklärt, reagierte die Wirtschaft auf ihre Weise auf die Strafsteuer: Die ersten Mixgetränke mit Wein (und vergleichbar hohem Alkoholgehalt) sind schon im Handel. Sie fallen nicht unter die neue Steuer und dürfen kraft Gesetz sogar schon an 16-Jährige verkauft werden.

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