Was eine sternförmige Schanze bei Frammersbach, mehrere Flurnamen und die Anlage zu einer seltenen Erbkrankheit miteinander zu tun haben, hat Burkhard Büdel rund 45 Zuhörern in der Alten Turnhalle in Lohr erläutert. Alle drei sind Überbleibsel des 30-jährigen Krieges (1618 - 1648) in der Region, hieß es bei der Veranstaltung von Volkshochschule und Geschichts- und Museumsverein.
Nach Angaben von Meinrad Amrheim vom Geschichts- und Museumsverein war der aus Frammersbach stammende Büdel bis 2019 in Kaiserslautern Professor für Botanik und forscht im "Unruhestand" an der Frammersbacher Ortsgeschichte mit, beispielsweise an der Kirchenburg. Er sei kein Historiker, sondern Biologe, betonte der Referent denn auch.
Aufnahmen mit Laserstrahl
Allerdings hätten beide Forschungsbereiche durchaus Berührungspunkte. Bis auf wenige Ausnahmen – etwa an den Polen – sähen Landschaften so aus, wie sie aussehen, weil der Mensch in ihnen gewirkt habe. Sein Sohn, der Geograf Christian Büdel, habe ihm 2017 Fotos geschickt, die von der Landschaft um Frammersbach aus der Luft mit einem Laserstrahl gemacht worden seien.
Aus den Aufnahmen sei die Vegetation herausgerechnet worden, so dass die Einflüsse des Menschen auf die Landschaft zu sehen seien. Auf einem Geländesporn des Wellersbergs am Ortsausgang von Frammersbach in Richtung Flörsbachtal oberhalb der Brauerei seien deutlich Relikte einer sternförmigen Wehranlage zu erkennen. Diese Schanze stamme aus dem 30-jährigen Krieg.
Nach Büdels Angaben hatte Frammersbach vor dem 30-jährigen Krieg knapp 1500 Einwohner und war ein prosperierender Ort mit 15 bis 20 Fuhrleuten, 300 bis 350 Pferden und 400 Stück Vieh – und damit eine lohnende Beute für umherziehende Soldaten. Denn die Soldaten versorgten sich weitgehend aus dem Umland, indem sie die ortsansässige Bevölkerung ausplünderten.
Soldaten auf Durchzug
Was sich als Glück für die Fuhrleute erwiesen hatte, die Lage an Fernhandelswegen durch den Spessart, erwies sich nun als Unglück. Denn der Spessart wurde nach Büdels Worten zur Durchzugsregion für Soldaten der verschiedenen Kriegsparteien. Die Schweden, die auf der Seite der Protestanten kämpften, besetzten Frammersbach von Oktober 1632 bis September 1634.
Auch danach fand der Ort keine Ruhe. Im November 1635 rückten die Schweden beim sogenannten "Hanauischen Ausfall" von ihrem Stützpunkt Hanau aus in den Spessart und auf der alten Wiesener Straße gegen Frammersbach vor. Bei den Kämpfen in den 1630er-Jahren dürfte die Sternschanze eine Rolle gespielt haben, aber laut Büdel ist unklar, auf welcher Seite.
Günstige Lage
Die Befestigung liege sehr günstig, denn von ihr aus ließen sich die alte Wiesener Straße und die Orber Straße kontrollieren und gegebenenfalls beschießen. Die sternförmige Anlage mit einem Durchmesser von rund 45 Metern und einer Innenfläche von etwa 400 Quadratmetern sei von Graben, Erdwällen und Reisigbündeln geschützt worden.
Platz sei für etwa 100 bis 120 Mann gewesen, die aber wohl nicht durchgehend anwesend waren. Sowohl die Schweden als auch die kaiserlichen Truppen, die für die Katholiken kämpften, könnten sie genutzt haben. Vergleichbare Anlagen gibt es nach Büdels Angaben im Lohrer Stadtteil Steinbach bei den Kiesgruben und auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken in der Rhön.
Erbkrankheit hinterlassen
An die Schwedenzeit erinnern in Frammersbach auch zwei Flurbezeichnungen namens "Schwedles": So heißen ein Teil des Wiesengrunds westlich vom Ortsteil Schwartel und ein Weg auf der Säulhöhe. Und die Schweden ließen ihre Gene da und damit die Anlage zur seltenen Erbkrankheit Sjögren-Larsson-Syndrom (SLS).
Ein Drittel der weltweit bekannten SLS-Fälle kommen laut Büdel in einer nordschwedischen Landschaft vor. Ein weiterer Schwerpunkt sei Nordbayern, wo die schwedischen Truppen während des 30-jährigen Krieges waren. Die Auseinandersetzungen seien traumatisch für Frammersbach gewesen. Nach dem Krieg habe der Ort nur noch 400 Einwohner gezählt und die alte Bevölkerungszahl erst 1720 wieder erreicht.