Im 1843 erschienenen Meyers "Conversationslexikon für die gebildeten Stände" kann man unter den bedeutsamen Baumaßnahmen in deutschen Landen einen Eintrag zur Alten Mainbrücke in Marktheidenfeld lesen. Sie stand zu diesem Zeitpunkt als erste Brücke am Main zwischen Würzburg und Aschaffenburg kurz vor ihrer Fertigstellung. Dort ist festgehalten:
"Um die durch den Mainstrom unterbrochene Verbindung der sehr frequenten würzburg-frankfurter Hauptstraße (bisher kümmerlich durch eine Nähzwergfahrt zu Lengfurt unterhalten) zu gewinnen, beschloß König Ludwig 1835 den Bau dieser Brücke. Der geheime Rath von Klenze entwarf den Plan in altrömischem Baustyle. Die Brücke hat 7 Bogen, je von 41‘ Spannung. Bezirksingenieur May und Baukondukteur Thelemann leiten den Bau, der ein schönes u. großartiges Werk deutscher Brückenbaukunst seyn wird."
Dieser Eintrag ist in einigen Details richtigzustellen und viel ist darüber spekuliert worden, warum dieses so wichtige Bauwerk bis 1846 bei Marktheidenfeld und nicht am traditionellen Verlauf der Post- und Heeresstraße realisiert wurde. Von Remlingen kommend hätte der Bau auch bei der vom Autoren des Lexikons bemängelten Fähre und Furt zwischen Lengfurt und dem einstigen Kloster Triefenstein hin auf dem Weg nach Altfeld und Esselbach seinen Platz finden können.

Manches Ränkespiel einflussreicher Persönlichkeiten und Politiker jener Tage wurde schon vermutet, aber es waren sicher ganz pragmatische Erwägungen, die für die Standortwahl beim Mainkilometer 179,79 sprachen. Unstrittig hatte Marktheidenfeld seit dem 18. Jahrhundert an Bedeutung gewonnen. Im einstigen Fischer- und Schifferdorf waren mit dem Weinbau und Weinhandel auch das Handwerk, der übrige Handel und das Gewerbe am Marktort sichtlich aufgeblüht. Im frühen Königreich Bayern war man mit der Verlegung des Landgerichts seit Beginn des 19. Jahrhunderts sozusagen zu einem Amtsstädtchen aufgestiegen, ohne das formale Stadtrecht zu besitzen.
Die Wahl fiel auf Marktheidenfeld
Um im Königreich Bayern künftig Truppen problemlos nach Westen verschieben zu können, erachtete man in München eine schnelle Straßenverbindung zwischen Würzburg und Aschaffenburg als notwendig. Im Jahr 1835 wurde dazu von König Ludwig I. wegen der günstigeren Geländeverhältnisse und geringerer Baukosten trotz einiger Proteste aus dem Umland der Bau der Brücke bei Marktheidenfeld genehmigt.
Wie eine frühe Ausschreibung von Werkstücken im folgenden Jahr zeigt, hatte man auch darauf gehofft, diese in den nahe der Baustelle gelegenen Sandsteinbrüchen am rechten Mainufer und am linksmainischen "Dilbisberge" (Dillberg) gewinnen zu können. Das in großem Umfang notwendig werdende Bauholz war ebenso im nahen Spessart ausreichend verfügbar.

Im August 1835 schickte die Regierung des Untermainkreises zwei alternative Entwürfe an das Innenministerium. Man stellte dabei auch eine moderne, eiserne Kettenbrücke zur Diskussion, wie sie wenige Jahre zuvor schon in Bamberg gebaut worden war. Der berühmte Architekt des Klassizismus Leo von Klenze (1784-1864) ließ sich als wichtigster Bauberater des bayerischen Königs die Pläne im Baukunstausschuss vorlegen. Der wegen größerer Solidität und geringerer Baukosten korrigierte Entwurf einer Steinbrücke ging an den König zur Genehmigung.

Die geplante, flache Form der sieben Brückenbogen wurde mit dem Hinweis auf die lokalen Verhältnisse und die häufigen Eisstockungen an der Stelle begründet. Für die weitere Ausführung wurde der Ingenieur Georg Heinrich May (1790-1853) als Leiter der königlichen Bauinspektion in Aschaffenburg zuständig. Sein enger Bezug zur klassizistischen Baukunst kann noch heute im Museum im Aschaffenburger Schloss anhand seiner Korkmodelle (Phelloplastiken) von bedeutenden antiken Bauten bewundert werden. Er war wohl der Richtige, denn der König hatte ausdrücklich verfügt, dass die Steine dieser Brücke wie die "alt-römischen Quader" behauen werden sollten.

Während der Bauzeit bis Ende 1845 wurden einige Veränderungen bei der Ausführung der gut 190 Meter langen Brücke vorgenommen. Hochwasser und Eisgang ließen 1838/39 eine Erhöhung der Brückenpfeiler, von denen drei schon ausgeführt waren und der Flügelmauern der Widerlager als sinnvoll erscheinen. Leo von Klenze reiste mehrfach zur Baustelle nach Marktheidenfeld, "um an Ort und Stelle dem Ingenieur mehrere gewünschte Aufschlüsse über die architektonische Gestaltung zu geben."
Natürlich waren auch damals schon die Baukosten schnell von 265.000 auf 460.000 Gulden davongaloppiert, was im Bayerischen Landtag zu kritischen Anmerkungen geführt hatte. Im Januar 1846 konnte die Brücke mit einigem Brimborium eingeweiht und der Öffentlichkeit übergeben werden. Aus Würzburg setzte sich dazu sogar frühmorgens trotz hohen Wasserstands das moderne Dampfboot "Friedrich Wilhelm" der Main-Dampf-Schifffahrt mit Gästen in Bewegung.
Mit mehr Autos wuchs die Bedeutung der Brücke
Da schon bald die Eisenbahnverbindung von Würzburg über Gemünden und Lohr nach Aschaffenburg wirtschaftlich an Bedeutung gewann, blieb der unmittelbare Nutzen der Brücke für Marktheidenfeld zunächst freilich überschaubar. 1881 wurde die Stadt mit der inzwischen wieder aufgelösten Nebenstrecke von Lohr nach Wertheim auch an die Bahn angebunden. Mit der Zunahme des motorisierten Kraftverkehrs wuchs schließlich die Bedeutung der Brücke im 20. Jahrhundert.

Seit 1883 trägt Marktheidenfeld die Brücke im Gemeindesiegel und im Stadtwappen unter einem Stern des Glücks. Dem Bauherren König Ludwig I. widmete man 1896 ein Denkmal aus der Münchner Erzgießerei Miller über dem westlichen Brückenkopf. Es verschwand in der NS-Zeit bei einer Metallsammlung zu Kriegszwecken und wurde erst 1989 nach einem Entwurf des Bildhauers Heinz Eschenbacher von Historischen Verein mit einer nachempfundenen Büste wieder ergänzt.
Zwei Brückenbogen wurden gesprengt
Am Ende des Zweiten Weltkriegs sprengten die deutschen Truppen am Ostermontag 1945 zwei Bückenbogen. Den bevorstehenden Einmarsch US-amerikanischer Einheiten behinderte dies freilich nicht. Die beiden Bogen wurden in der Folge wieder ergänzt und die jüngst gerade ertüchtigte Fahrbahn nebst zwei Gehsteigen erweitert.
Die Brückenpfeiler waren auf der Wasserstraße Main von Beginn an ein Problem für die Schifffahrt. So wurde schon im April 1841 "das zu Thal in Richtung Wertheim gehende Schiff" des Franz Mehling aus Frickenhausen noch vor Fertigstellung der Brücke bei einer Havarie schwer beschädigt. Noch schwerer traf es einen Kitzinger, dessen Schiff nach einem Anprall 1845 an gleicher Stelle sank. Die Besatzung konnte sich retten. Die Ladung mit Farbwaren ging größtenteils verloren.

Der Konflikt mit der Schifffahrt besteht bis heute, mit besser zu manövrierenden, aber wesentlich größeren Schiffen. Vor zehn Jahren stellte das Staatliche Bauamt Würzburg sein Konzept zur Sanierung der Alten Mainbrücke mit einer Sicherung gegen Rammstöße von Schiffen vor. Ein Jahr später schockierten die Wasser- und Schifffahrtsbehörden mit der Idee, die denkmalgeschützte Alte Mainbrücke durch die Entfernung eines zentralen Brückenpfeilers den Erfordernissen der modernen Schifffahrt anzupassen.
Dies führte zu einem Proteststurm vieler Marktheidenfelder und weiterer traditionsbewusster Menschen. Ein Gutachten zur Zukunft des historisch bedeutungsvollen Bauwerks wurde bei der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe in Auftrag gegeben. Seitdem war nicht mehr viel aus dem zuständigen Bundesverkehrsministerium zu vernehmen.

Heute überspannen, je nach Zählweise allein im Landkreis Main-Spessart über 25 Brücken und Stege aus Stein, Stahl oder Beton den Main. Vor genau 20 Jahren erhielt Marktheidenfeld seine zweite Flussquerung mit der Nordbrücke. In Lohr war 1875 eine Sandsteinbrücke nach Sendelbach entstanden, die heute ebenso vor denkbaren baulichen Veränderung im Zuge einer Sanierung steht. Aus dem Werkstoff Beton ist die Neue Mainbrücke in Lohr (1975).

Seit 1880 gab es eine Brücke zwischen Mühlbach und Karlstadt, die 1953 erneuert wurde und für die seit dem Jahr 2007 beschlossene Neubaupläne schlummern. Seit 2005 gibt es die Karolingerbrücke zwischen Karlstadt und Karlburg. Die Förderbandbrücke des Karlstädter Zementwerks stellt eine rein industrielle Besonderheit dar. Bis 1974 musste Gemünden auf seine Mainbrücke warten, die bereits 2018 erneuert wurde. Ganz in der Nähe befinden sich die beiden Schnellbahnbrücken der Bundesbahn bei Nantenbach (1993) und bei Gemünden (1984).

Seit den späten 1930er Jahren gibt es teils öffentliche Wehrstege an den Schleusen in Himmelstadt, Harrbach, Steinbach, Rothenfels, Lengfurt und Wertheim-Eichel. Bei Hasloch überspannt eine Eisenbahnbrücke den Main. Die Spessartbrücke bei Wertheim gibt es seit 1992. Für die einstige kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke zwischen Kreuzwertheim und Wertheim (1882/1953) ist ein Neubau zwischen Bayern und Baden-Württemberg vereinbart. Bei Bettingen wurde im Jahr 2001 die Autobahnbrücke der A3 aus dem Jahr 1960 ersetzt. Auch Lengfurt erhielt nicht zuletzt wegen der Bedeutung seines Zementwerks im Jahr 1904 eine Brücke, die 1954 durch eine Stahlkonstruktion ersetzt wurde.

Vornehmlich für Fußgänger und Radfahrer gibt es Bauwerke in Neustadt/Erlach (1972), den sanierungsbedürftigen Mainsteg Wernfeld und die Alte Mainbrücke Zellingen (1884), die 2014/15 instandgesetzt wurde. 1993 wurde die neue Mainbrücke zwischen Retzbach und Zellingen in Betrieb genommen. In Himmelstadt wurde die 1907 in Dienst gestellte Mainbrücke im Jahr 1981 neu hergestellt. So unterschiedlich alle diese Bauwerke in ihren Zwecken, Bauarten und Erscheinungsbildern auch sein mögen, eines eint sie alle: Sie schaffen notwendige Verbindungen.
Literatur: Marktheidenfeld – von den Anfängen bis zum Ende des 2. Weltkriegs, Hrsg: Historischer Verein Marktheidenfeld und Umgebung, Marktheidenfeld 2014, Seiten: 111 -119; Leo von Klenze, Architekt zwischen Kunst und Hof 1784-1864, Hrsg. Winfried Nerdinger, München 2000, Seite: 442.
Zum Autor: Martin Harth (63) ist freier Journalist und Stadtrat in Marktheidenfeld. Er befasst sich seit vielen Jahren mit kulturellen und historischen Themen in der Region.
Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter https://www.mainpost.de/dossier/geschichte-der-region-main-spessart/