Sie hatten fröhlich Geburtstag gefeiert im hessischen Biebergemünd. Als sich das Ehepaar und seine zwei Enkel am frühen Abend wieder auf den Heimweg in die gut 30 Kilometer entfernte Gemeinde im Landkreis Main-Spessart machen wollten, kam es auf dem Weg zum Parkplatz zu einem kurzen Wortwechsel mit einem 49-Jährigen. Was dann folgte, hatte ein juristisches Nachspiel, das nun am Amtsgericht Gelnhausen beendet wurde.
Denn kaum zuhause angekommen, klingelte es schon an der Haustür des Ehepaars: Es waren zwei Beamte der Polizei Gemünden, die von ihren Kollegen in Gelnhausen alarmiert worden waren, um die Fahrtüchtigkeit des 70-jährigen Fahrers zu überprüfen. Ein Atemalkoholtest ergab aber einen Wert von 0,0 Promille: Der Senior war stocknüchtern, die Sache für die Polizei damit erledigt.
Der Vorwurf: Die Polizei bewusst in die Irre geführt
Später kam heraus: Der 49-jährige Biebergemünder hatte die Ordnungshüter auf den Plan gerufen. Er hatte den Mann als „torkelnd und mit rotem Kopf“ wahrgenommen. Auch fröhlichen Gesang will er gehört haben. Daraus schloss er, der 70-Jährige sitze alkoholisiert hinterm Steuer. Dieser Trugschluss brachte ihn nun wegen falscher Verdächtigung auf die Anklagebank des Amtsgerichts Gelnhausen. Die Staatsanwaltschaft mutmaßte, der Biebergemünder habe die Polizei bewusst in die Irre geführt.
Das stritt dieser vehement ab. Das auffällige Verhalten des Mannes habe ihn zu dem Anruf bei der Polizei ermutigt, damit nicht ein alkoholisierter Autofahrer eine Gefahr im Straßenverkehr darstellte. Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig bei den Ordnungskräften anrufen, ergänzte sein Verteidiger.
Dem stand die Aussage des 70-Jährigen entgegen, der seinerseits nicht nur von einem kurzen Wortgefecht, sondern von einem auffälligen Verhalten des Angeklagten sprach. Während er mit den Enkeln an dem Mann vorbeilief, habe dieser laut geredet und wild in seine Richtung herumgestikuliert. Da er einem Streit aus dem Weg gehen wollte, sei er weiter zum Auto gelaufen.
Seit 30 Jahren keinen Alkohol mehr
Im Nachhinein habe ihn die Polizeiaktion so sehr geärgert, dass er am folgenden Tag seinerzeit Anzeige gegen den 49-Jährigen erstattete. Seit 30 Jahren trinke er keinen Alkohol mehr, erklärte er vor Gericht. Von Natur aus sei er ein ehrlicher, friedlicher Mensch. Da müsse man sich so etwas nicht gefallen lassen.
Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war die Sache klar: Der Beschuldigte, der bereits wegen Volksverhetzung vorbestraft ist, habe sich über den 70-Jährigen geärgert und wollte ihm mit dem Anruf bei der Polizei eins auswischen.
Verteidiger droht mit Niederlegung des Mandats
Schließlich kamen fast alle Prozessbeteiligten überein, das Verfahren gegen eine Geldzahlung von 500 Euro an den Tierschutzverein Gelnhausen einzustellen. Nur der Angeklagte haderte mit diesem Vorschlag und fuhr seinem Verteidiger mehrfach in die Parade - was diesen wiederum nervte. „Halten sie jetzt die Klappe“, herrschte er seinen Mandanten an und drohte schließlich mit lauter Stimme das Mandat auf der Stelle niederzulegen. Daraufhin lenkte der Angeklagte ein und kündigte an, „künftig zu überlegen, ob er nicht das Maul“ halte. Die Einstellung mit der Geldzahlung wurde schließlich allseits akzeptiert.