Die Apfelernte ist in vollem Gange. Während an den Samstagen je nach Saison das Ladegut auf den Anhängern der Pkws wechselt, vom Scheitholz im Winter und dem Humus und der Gartenerde im Frühjahr, dominieren zur Zeit eindeutig die Säcke mit Mostäpfeln und dem Zubehör Schüttelhaken, Leiter und Fässer das Bild im regionalen Straßenverkehr. Zwischen den kleinen Transportfahrzeugen bewegen sich gelegentlich auch Traktoren sämtlicher Baujahre und PS-Stärken mit größeren Mengen von Boskop, Goldparmäne und Rambour, die teilweise lose auf hochbordigen Anhängern transportiert werden.
Ziel der Fahrzeuge ist meistens eine Kelterei in der Umgebung, zu der man im Regelfall nicht weit fahren muss, obwohl vor allem der Konsum von Apfelmost in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen ist. Das habe mehrere Gründe, sagen die Keltereibesitzer im Gemündener Stadtgebiet übereinstimmend: Früher war der Most das Hausgetränk, Bier gab es nur im Wirtshaus, zuhause höchstens am Dreschtag oder an Kirchweih. Heute ist das Getränkeangebot sehr vielseitig, verhältnismäßig günstig im Preis und somit die Baumpflege und das zeitaufwendige Ernten für viele Grundstücksbesitzer, vor allem in der jüngeren Generation, nicht mehr attraktiv. Dazu kommt, dass in unseren Tagen praktisch jeder auf seinen Führerschein angewiesen ist und der vergorene Apfelwein nicht mehr als Alltagsgetränk taugt.
Apfelsaft statt Most
Hingegen kommt das Haltbarmachen des Süßmosts immer stärker in Mode. Wer bei den Keltereien Theo Betz in Langenprozelten, Arthur Riedmann in Massenbuch oder Roland Huter in Wernfeld zum vereinbarten Termin vorfährt, der keltert heute im Regelfall überschaubare Mengen von etwa ein, zwei Hektolitern – die oft als Apfelsaft konsumiert werden. Um den süßen Saft nicht gären zu lassen, gibt es nach dem Pasteurisieren neben der klassischen Flaschenabfüllung neuerdings auch andere Methoden, die ihre Befürworter und Gegner haben. Dazu zählt das Aufbewahren in einem Edelstahlfass unter einer abdichtenden Ölschicht oder das zunehmende „Bag in Box“ -Verfahren, bei dem der Apfelsaft nach dem Erhitzen auf knapp 80 Grad in einen Plastikbeutel mit Auslass-Hähnchen gefüllt wird und bis zum Verbrauch in der Kartonumhüllung platzsparend stapelbar ist. So hält sich der Saft über ein Jahr lang und ist selbst nach dem „Anzapfen“ noch einige Wochen genießbar.
Insgesamt sei die Qualität in diesem Jahr gut, das Mostgewicht beträgt über 55 Öchsle, also fünf Grad über dem Durchschnitt, beurteilt Roland Huter den Stoff, der zwischen den Tüchern aus der hydraulischen Presse läuft. Der Ernteertrag falle je nach Lage der Grundstücke sehr unterschiedlich aus, was an den Frosteinbrüchen im Frühjahr liegt. Die Äpfel sind relativ trocken, weil zur vermehrten Saftbildung der Regen gefehlt hat. Dafür liege der Säuregehalt mit über sieben Gramm relativ hoch. Die Keltereien sind je nach Bedarf noch bis Ende des Monats in Betrieb, bei der Familie Huter steht der 27. Oktober als letzter Keltertag im Kalender.
Acht Euro pro Doppelzentner
Wer keinen Bedarf an flüssigen Apfelprodukten hat, kann seine Mostäpfel verkaufen. Die Keltereien und Lagerhäuser sind dankbare Abnehmer. Der Preis ist auch vom überregionalen Angebot abhängig und beträgt beim Agrarhandel und Getränkevertrieb Weimann in Gemünden aktuell acht Euro für den Doppelzentner.
Dass die Ernte in der Umgebung in diesem Jahr eher als „unterdurchschnittlich“ zu bewerten ist, bestätigt auch Udo Grund von der Geschäftsführung, während am Samstagvormittag trotzdem an der Fahrzeugwaage und am Lagerplatz reger Betrieb herrscht. Bisher sei die Hälfte der Saison vorbei und man habe etwa 100 Tonnen verladen. Wer seine Äpfel nicht versilbern möchte, kann bei ihm auch am Lohnobstverfahren teilnehmen. Er erhält dann Getränkegutscheine, die man für Fruchtsäfte oder Apfelwein von Keltereien aus der Region einlösen kann.