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KARLSTADT: Arbeiten unter Wasser: Taucher müssen starke Nerven behalten

KARLSTADT

Arbeiten unter Wasser: Taucher müssen starke Nerven behalten

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    Taucher Carsten Götte kehr nach erfolgreichem Einsatz an Land zurück.
    Taucher Carsten Götte kehr nach erfolgreichem Einsatz an Land zurück. Foto: Foto: Carsten Götte

    An der Wasseroberfläche sind aufsteigende Luftblasen zu sehen. In rund drei Metern Tiefe presst sich Carsten Götte flach auf den Grund des Mains. Das macht er, um der Strömung möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Zentimeter für Zentimeter tastet er sich so am Flussboden entlang. Der Berufstaucher führt eine letzte Kontrolle durch, um diesen Teil der Unterwasser-Bauarbeiten abzuschließen.

    Vergangene Woche riss die Firma Domarin aus Niederbayern mit einem Schiffsbagger neben der Mainbrücke in Karlstadt einen Düker ab. Das ist ein Rohr, das beispielsweise am Grund eines Flusses liegt. In diesem Fall waren Kommunikationskabel durch den Düker gezogen, die jedoch nicht mehr benötigt werden. Die Schifffahrtssperre auf dem Main aufgrund von Schleuseninstandhaltungen bot eine Gelegenheit, den Düker abzureißen. Der kann dann keine potenzielle Gefahr mehr darstellen, wenn beispielsweise ein Schiff genau an der Stelle seinen Anker wirft oder wenn der Main ausgebaggert werden sollte.

    Zunächst brach ein Schiffsbagger mit einem Meißel die Betondecke auf, die den Düker geschützt hatte. Anschließend zog der Bagger die Kabel aufs Schiff. Drei Taucher der Firma Tauchbetrieb Helgoland aus der Nähe von Cuxhaven in Niedersachsen waren dann im Einsatz. Sie zertrennten noch im Wasser hängende Reste in kleinere Stücke. Eine weitere Aufgabe war zu kontrollieren, ob noch Betonbruchstücke und Rohrteile nach oben ragen und womöglich die Schifffahrt gefährden könnten.  

    Keine leichte Aufgabe für die erfahrenen Unterwasserarbeiter: „Hier haben wir wahnsinnig viel mit der Strömung zu kämpfen“, sagt Taucher Götte. Trotz der 40 Kilogramm an zusätzlichem Gewicht könne er sich unter Wasser nur mit viel Mühe an der Stelle halten. „In der Flussmitte gibt es kaum Steine zum Festhalten“, so der 36-Jährige. Er versuche daher, sich bis zu den Knien im Schlamm einzugraben und möglichst flach am Boden entlang zu robben. „Stehst du auf, bist du sofort abgetrieben“, erklärt Göttes Tauchkollege Reinhold Strzalek.

    Die Taucher sind immer mindestens zu dritt im Einsatz: Einer taucht, ein anderer hält die Schläuche mit Luftversorgung sowie Telefonverbindung und ein dritter steht für den Notfall als Rettungstaucher bereit. Bis auf kleinere Blessuren sei bisher bei ihnen aber noch nie etwas Schlimmeres passiert, sagt der 58-jährige Strzalek.

    Tauchen ist Teamarbeit: Ernst Bodo hält die Versorgungsschläuche und Reinhold Strzalek steht mit dem abgetauchten Carsten Götte per Telefon in Verbindung.
    Tauchen ist Teamarbeit: Ernst Bodo hält die Versorgungsschläuche und Reinhold Strzalek steht mit dem abgetauchten Carsten Götte per Telefon in Verbindung. Foto: Foto: Lukas Will

    Zur Ausrüstung gehören ein Trockentauchanzug mit Helm, eine Sauerstoffflasche für den Notfall – und an diesem Tag eine Säge. Damit haben die Taucher in mehreren Tauchgängen die restlichen Teile des Dükers durchtrennt. Eine kräftezehrende Arbeit. Obwohl das Wasser mit knapp 13 Grad recht kalt ist, frieren die Taucher bei ihrer Arbeit nicht – im Gegenteil. „Da unten schwitz' ich mich fast zu Tode“, meint Götte. Grund dafür sind die anstrengende Handarbeit mit der Säge und der Kampf gegen die Strömung. Neben Kraft und Ausdauer benötigen die Taucher viel Geschick. Denn ihre Augen nützen ihnen am Flussgrund kaum etwas. Die Sicht im aufgewühlten Wasser beträgt nur wenige Zentimeter. Fast blind tasten sich die Taucher am Boden entlang und ertasten ihre Umgebung – trotz ihrer klobigen Handschuhe.

    Außer Sand und Steinen gibt es am Flussgrund ohnehin nicht viel zu sehen. „Wären wir bei der Brücke flussabwärts im Einsatz, würden wir aber sicher viele Dinge finden“, meint Strzalek, der seit 1977 diesen Beruf ausübt. So hätten sie in Bamberg schon 30 Fahrräder aus der Regnitz gezogen, in Frankfurt drei Autos aus dem Main gefischt oder in ihrer Heimat Cuxhaven gar mal einen Pizzabackofen gefunden.

    Carsten Götte in seinem Trockenanzug kurz bevor er sich in die Fluten stürzt.
    Carsten Götte in seinem Trockenanzug kurz bevor er sich in die Fluten stürzt. Foto: Foto: Will

    Neben Kraft, Ausdauer und Geschick brauchen die Taucher außerdem noch starke Nerven. Denn in der Dunkelheit kann es leicht passieren, dass man sich in Kabeln oder Schläuchen verheddert. „Manchmal müssen wir auch in Räume reinschwimmen“, sagt Götte. „Da musst du immer die Ruhe behalten und darfst auf keinen Fall in Panik geraten.“ Ihm mache der Job aber trotz der Anstrengung viel Spaß, denn ihn erwarte jeden Tag etwas Neues.

    Nachdem Götte von seinem rund viertelstündigen Kontrolltauchgang zurückgekehrt ist und sich und die an ihm befestigten Gewichte wieder mit Mühe an Land geschleppt hat, können die Taucher zusammenpacken. Ihren Auftrag haben sie erfüllt.

    In den folgenden Tagen wurde der durch den Abriss entstanden Graben am Flussboden mit schweren Steinen gefüllt, damit sich die Grube nicht unkontrolliert vergrößert.

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