Nein, ein eigentliches Lieblingsbild habe er nicht unter den Gemälden, die er in den nächsten Wochen im Marktheidenfelder Kulturzentrum Franck-Haus zeigen werde, meint Jürgen Lenssen. Der einstige Würzburger Domkapitular hat als Bau- und Kunstreferent der Diözese seine Spuren in vielen Kirchen und Museen hinterlassen. Sein eigenes künstlerisches Werk blieb in Unterfranken dabei eher im Hintergrund. Im Gespräch lässt er sich dennoch darauf ein, sein Gemälde "Ausschau halten" in den Mittelpunkt seiner Ausstellung mit dem Titel "Spurlegungen" zu rücken.
Als Geistlichem, Mensch und Künstler sei es ihm immer darum gegangen, Spuren auszulegen. Niemand wisse, worauf das Leben hinauslaufe. "Ich will Zuversicht und Hoffnung vermitteln", sagt der Kirchenmann, dessen Wirken nicht immer unumstritten blieb.

Er habe sich sehr darüber gefreut, von der Stadt Marktheidenfeld ins Franck-Haus eingeladen zu werden. Da habe er die mit der Präsentation eigener Werke verbundene Arbeit gerne in Kauf genommen. Er lobt Marktheidenfeld für das außergewöhnliche Engagement für die zeitgenössische Kunst, gerade auch mit dem Kunstpreis der Stadt: "Das ist schon sehr ungewöhnlich und prägt das Städtchen." So mache man eine besondere Qualität von Heimat bewusst, was immer ebenso sein Anliegen gewesen sei. Die Sprache der Kunst habe er gerne auch in die kleinste Dorfkirche getragen.
Lenssens Gemälde tragen oft italienische Titel
Sein Bild "Ausschau halten" ist mit Acrylfarben auf einem Leinwandformat von einem mal einem Meter Größe entstanden. "Das ergibt eine ganz persönliche Aussage", meint Lenssen. Oft tragen seine Gemälde italienische Titel: "Italien ist für mich die Wiege der Kunst, dort habe ich häufiger ausgestellt und viele Freunde gefunden."
"Ausschau halten" – dies entspreche dem Leben als ständigem Ausblick über das unmittelbar Greifbare und rein Materielle hinaus. "Das Bild beschreibt den Prozess, Mensch zu werden, Christ zu werden", sagt der Theologe. "Dem Satz 'Ich bin Christ' begegne ich mit Skepsis". Denn im Mittelpunkt stehe ein Mensch, der aus dem Bild in die Höhe schaut. Er überwinde eingezwängte Verhältnisse, trete aus dem Dunkel in ein helleres Leben als ein ständiger Prozess.

Lenssen malt gestisch mit kräftigen Farben und Kontrasten. Schwarz, blau, rot und rosa sind die Farben auf der Leinwand, lassen eine feste Masse geradezu in Fluss geraten. 2003 hat er sein Werk gefertigt und gerne arbeitet er konzentriert in einem kleinen Atelierhaus in Astheim. "Würzburg liegt dort hinter mir", bekennt der Künstler. Er könne unbefangen im Freien arbeiten und mit der Farbe herumspritzen. "Das ist ein echter Freiraum."
Die Vorstellung im Kopf reicht Lenssen zum Malen
Für seine Gemälde verwendet Lenssen keinerlei Vorzeichnungen: "Ich habe eine Vorstellung im Kopf." Eine Rolle spiele durchaus die Auseinandersetzung mit einem Gedanken, der sich wie im vorliegenden Fall dann auch im Titel wiederfindet. Emotional erlebe er die Freude an der Farbe: "Ich lebe gerne!" Wie in seinem Bild gehe es darum, Grenzen des Raums zu überwinden, eben Ausschau zu halten.
Und das erhofft sich der Künstler auch von seiner Marktheidenfelder Ausstellung. Er glaubt, dass die Betrachtenden die Botschaften seiner Bilder verstehen werden. Wenn wenigstens eines der vielen Bildern jemanden berühre, er sich als Mensch darin wiederfinden könne, dann sei sein Ziel schon erreicht. "Erfahrungen machen ein erfülltes Leben aus", stellt Lenssen fest. Ihm gehe es letztlich um eine Wahrnehmung der Wirklichkeit über die bloße Realität hinaus.
"Spurlegungen" im Franck-HausDie Ausstellung "Spurlegungen" mit Gemälden von Dr. Jürgen Lenssen ist bis 7. Mai im vorderen Galeriebereich des städtischen Kulturzentrums Franck-Haus (Untertorstraße 6) in Marktheidenfeld zu sehen. Öffnungszeiten sind von Mittwoch bis Samstag von 14 bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.Ausstellungseröffnung ist am Freitag, 24. März, um 19 Uhr, die Einführung übernimmt Thomas Lange, die musikalische Begleitung Matthias Ernst. Ausstellungsführungen mit dem Künstler gibt es an den Sonntagen 16. und 23. April um 15 Uhr sowie am 7. Mai um 14 Uhr. Den Vortrag "Kunst legt Spuren" hält Jürgen Lenssen am Sonntag, 7. Mai, um 15 Uhr im Festsaal des Franck-Hauses. Weitere Infos gibt es unter www.marktheidenfeld.de Quelle: Stadt Marktheidenfeld