Vom Werkschutz war der Eindringling jedoch nicht unbemerkt geblieben; er notierte das Eindringen ohne gültigen Werksausweis um 5.50 Uhr.
Als das Reh in eine Lagerhalle lief, schlossen Braun-Mitarbeiter das Tor. Weil der verständigte Jagdpächter sich nach Aussage des Unternehmens aber für nicht zuständig erklärte, beschlossen Mitarbeiter um 7.30 Uhr, das Tier über die Baumhofstraße in Richtung Maradies zu treiben. Von dort aus sollte es den Weg zurück in den Wald finden. Einige Beschäftigte sicherten zu dieser Zeit die Straße, damit weder Autofahrer noch Wild Schaden nahmen.
Das Reh entschied sich aber anders. Es entdeckte die Grünfläche auf der dem Werkstor gegenüberliegenden Seite der Baumhofstraße. Durch ein offenes Tor schlüpfte es in die Umzäunung. Inzwischen waren auch die drei Polizeibeamten Rudi Heim, Melanie Kurtz und Peter Baier eingetroffen. Sie entdeckten beim Versuch, die Ricke auf der umzäunten Wiese einzufangen, ein weiteres Reh. Während sich dieses Kitz schnell überwältigen ließ, lief die Ricke immer wieder gegen den Zaun. Die Polizei zog daraufhin Tierarzt Dr. Gerhard Armbruster hinzu.
Man entschied sich, den Damwildzüchter Erich Väth aus Erlenbach zu alarmieren, der ein Betäubungsgewehr besitzt. Der 70-Jährige setzte der Ricke einen Betäubungspfeil, so dass die „Tierfänger“ das Reh unverletzt in einen improvisierten Transportkarton legen konnten. Im Beisein des örtlichen BJV-Vertreters Michael Sebert fuhr man Ricke und Kitz in den Wald oberhalb der Baumhofstraße, wo sie – nachdem die Betäubung nachgelassen hatte – wieder frei kamen.
Für den stellvertretenden Marktheidenfelder Inspektionsleiter Heim hat das Abenteuer damit einen glimpflichen Ausgang genommen. Immerhin musste sich die Polizei auch auf den Fall vorbereiten, dass die Tiere in Richtung Äußerer Ring davonlaufen würden – und das zur Zeit des dichten morgendlichen Berufsverkehrs. Doch Heim lehnte in Absprache mit den Fachleuten die Tötung der Tiere ab, da man sie auf dem umzäunten Gelände unter Kontrolle halten konnte.
Als Ersatzmutter für das Kitz musste während der Jagd auf die Ricke Polizeiobermiesterin Melanie Kurtz herhalten. Über eine Stunde lang hielt sie das friedliche Kitz im Arm und beruhigte das Tier, das sich bei ihr wohl zu fühlen schien. „Es hat mir zwar auf die Hose gepinkelt, aber die trocknet wieder“, nahm Kurtz die mangelnde Stubenreinheit des Wildes gelassen. „Nur mein Hund wird sich nach meiner Heimkehr wundern, wenn er an mir schnüffelt.“