Unmut im Karlstadter Stadtrat: Hermann Knauer sprach die zeitlich unzureichende und unbefriedigende Versorgung der Augenpatienten aus Karlstadt und dem Umland an. In der Neuen Bahnhofstraße 26 gibt es seit dem Weggang von Dr. Klaus Lederer keine täglichen Sprechstunden mehr. Lederer wollte aus Altersgründen seine Praxis an einen Augenarzt verkaufen. Er war darum bemüht, die Versorgung der Karlstadter Patienten vor Ort zu sichern.
Dr. Klaus Lederer gegenüber der MAIN-POST: "Ich hatte Nachfragen junger Ärzte. Doch als sie sich das mal durchrechneten, sind sie wieder abgesprungen." Er verkaufte die Karlstadter Praxis an Dr. Michael Armbrust. Der war Augenarzt in Lohr mit einer Augenklinik und einer Gemeinschaftspraxis mit anderen Kollegen - auch mit Dr. Klaus Lederer bis zu seinem Ruhestand. Lederer betont, dass eine Ein-Arzt-Praxis nicht mehr wirtschaftlich zu führen sei. Mediziner würden sich in Gemeinschaftspraxen zusammenschließen, um Kompetenzen mit ebenfalls spezialisierten Kollegen (wie in der Lohrer Augenklinik) zu bündeln und um gemeinsam die teuren Geräte anzuschaffen und zu nutzen.
"Am 1. April 2005 wurde uns mitgeteilt, dass der Vertragsarztsitz nach Lohr verlegt wurde", berichtet Bürgermeister Karl-Heinz Keller, der sich nun einschaltete. Denn nur noch mittwochs und Freitagnachmittag war ein Augenarzt in Karlstadt. "Gleichzeitig stellte Dr. Lederer bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) in Würzburg den Antrag auf Zweigpraxis. Bis 30. September 2005 genehmigte dies die KVB, eine Verlängerung wurde abgelehnt", zitiert Keller aus seinen Akten. Der Gesetzgeber meint, Patienten sei eine maximal 30 Kilometer weite Anfahrt zum Facharzt zuzumuten. In diesem Radius liegen die Augenarztpraxen in Lohr, Marktheidenfeld, Gemünden, Güntersleben, Veitshöchheim und Würzburg.
Zwischenzeitlich ist Dr. Michael Armbrust aus der Lohrer Gemeinschaftspraxis ausgeschieden und konzentriert sich nur noch auf die Augenklinik. Die neuen Ärzte um den verbliebenen Dr. Stephan Münnich heißen Dres. Gero Krommes, Tilman Littan und Gregor Märker.
Bürgermeister Keller schrieb der KVB einen Brief, in dem er auf Karlstadts Versorgungsfunktion auch für das Umland und das Altenheim hinwies. Keller betonte das sonstige große Facharztangebot in Karlstadt und verwies auf die schlechten Verbindungen mit dem öffentlichen Personennahverkehr aus den dörflichen Bereichen des Altlandkreises Karlstadt nach Lohr.
Nachdem die beiden Bundestagsabgeordneten Heidi Wright und Wolfgang Zöller ebenfalls bei der KVB vorstellig geworden waren, genehmigte der Zulassungsausschuss am 22. September in Karlstadt wenigstens eine Zweigpraxis in Person von Dr. Gero Krommes aus der Gemeinschaftspraxis in Lohr. Auf dem Hinweisschild an der Neuen Bahnhofstraße 26 in Karlstadt steht nun eine Telefonnummer und der Hinweis, die Patienten aus Karlstadt mögen einen Termin ausmachen über die Praxis in Lohr.
"Wir haben dafür gekämpft, überhaupt in Karlstadt praktizieren zu können. Ich bin froh, dass ich den ganzen Mittwoch und Freitagnachmittag in Karlstadt sein darf", erklärt Dr. Gero Krommes. Er müsse nur den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit im Praxis-Hauptsitz Lohr verbringen und den geringeren Teil in Karlstadt, sonst dürfe er in der Lohrer Augenklinik nicht mehr operieren, erklärt der 35-jährige Augenarzt, der zum Jahresende in sein Haus in Karlstadt ziehen wird.
"Wir haben gekämpft, um überhaupt in Karlstadt praktizierten zu können"
Dr. Gero Krommes
"Es ist letztendlich eine Frage der Lohrer Praxis, wie viel Zeit sie in Karlstadt verbringt. Das bleibt allein Dr. Krommes überlassen", erklärt dagegen Dr. Pedro Schmelz, Vorstandsbeauftragter der Bezirksstelle Unterfranken der Kassenärztlichen Vereinigung. Schmelz, selbst praktizierender Augenarzt, erläutert die Ausgangssituation: Der scheidende Klaus Lederer hat seine Praxis in den Kassenarztsitz Lohr eingebracht. Normalerweise dürften in Karlstadt keine Sprechstunden mehr gehalten werden. Im Planungsbereich Main-Spessart reichen für eine Versorgung sechs Augenärzte aus (ein Augenarzt auf 20 000 Bürger). Jeder in Main-Spessart zugelassene Augenarzt könne seine Praxis an den Ort seiner Wahl verlegen, nur mehr Augenärzte werden nicht zugelassen. Diese Zahl setzt der Zulassungsausschuss der Krankenkassen und der KV fest. Er erfülle damit eine gesetzliche Vorgabe. Dr. Schmelz: "Die große Politik will es so. Die KV ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und setzt mit Behördenstatus Gesetze um." Dr. Pedro Schmelz weiß, wohin die Reise im Gesundheitswesen geht: "Der Gesetzgeber will die Einzelfachpraxen eliminieren und hin zu medizinischen Versorgungszentren."
Dr. Pedro Schmelz: "In Karlstadt und Main-Spessart wird es keinen siebten Augenarzt geben."