Es war der eigene Nutzgarten, der Jürgen Amthor zur Mikrobiologie brachte. „Unser ohnehin schon sehr lehmhaltiger Boden wurde immer härter, immer verdichteter, die Erträge immer schlechter“, erzählt er über die Ausgangssituation. Zur Abhilfe einen chemischen Dünger einzusetzen, kam für die Familie Amthor nicht in Frage. Die Lösung lieferte schließlich ein Buch. „Ein Freund schenkte mir „Eine Revolution zur Rettung der Erde“ des japanischen Professors für Gartenbau, Teruo Higa, dem Entdecker der Effektiven Mikroorganismen“, sagt Amthor.
Ein bis zwei Jahre probierte der gelernte Baubiologe im privaten Garten daraufhin aus, was Effektive Mikroorganismen (EM) tatsächlich leisten und welche Effekte damit erzielt werden können. Jürgen Amthor war begeistert. Im Jahr 2000 ließ er sich selbst zum zertifizierten EM-Berater ausbilden. Seit zehn Jahren stellt er zusammen mit seiner Frau Andrea und Tochter Lisa nun biozertifizierte Produkte auf Basis Effektiver Mikroorganismen her.
Haushaltsreiniger und Deo
Neben den Produkten für den Garten und für gute Böden, sind das auch Produkte zur Haushaltsreinigung, Körperpflege und im Gesundheitsbereich. Zudem hält Jürgen Amthor Vorträge – mal in der Küche interessierter Gartenfreunde, mal in gewerblichen Gärtnereien, Obstanbaubetrieben oder Weingütern. Einen großen Anerkennungs- und Bekanntheitsschub gab es 2012, als der Biologische Naturdünger des Eußenheimer Betriebs in einem Düngerversuch der Landesanstalt für Garten und Weinbau in Veitshöchheim als bestes Produkt abschnitt.
Was aber ist das Geheimnis der Effektiven Mikroorganismen? Woraus bestehen sie? Wie arbeiten sie? „Effektive Mikroorganismen bestehen aus einer Mischung von hauptsächlich Milchsäure- und Photosynthesebakterien, Hefen und fermentaktiven Pilzen, von denen die meisten auch für die Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden wie zum Beispiel Bier, Sauerkraut oder Joghurt“, erklärt Jürgen Amthor. Wird diese Mischung mit organischem Material zusammengebracht, produzierten die Mikroorganismen eine Fülle von nützlichen Substanzen wie Vitamine, organische Säuren, mineralische Verbindungen und unterschiedliche Antioxidantien. Wissenschaftlich anerkannt sind die Wirkungen von EM hierzulande nicht. Dennoch setzen immer mehr Betriebe und Privatleute EM ein.
„Im Einsatz in der Landwirtschaft und im Garten fördert der Einsatz von EM zum Beispiel die biologische Aktivität im Boden“, erklärt Jürgen Amthor. Damit würden die Stickstoffeinlagerung und die Bodenstruktur verbessert, das Wurzelwerk vergrößert, die Widerstandskraft der Pflanze gestärkt und letztlich Ertrag, Haltbarkeit und Geschmack der Pflanze gesteigert. Entscheidet sich der Gärtner oder Landwirt für den Einsatz von EM, hat er zwei Möglichkeiten: Entweder er besorgt sich die nützlichen Organismen als Urlösung, füttert diese eine Woche lang mit Zuckerrohrmelasse, um sie zur Reifung zu bringen, und kann sie dann, verdünnt mit Wasser, auf das Feld oder den Garten ausbringen.
Oder er entscheidet sich für die einfache Form der Düngung mittels Pellets. Denn das Selberziehen von Mikroorganismen scheint nicht jedermanns Sache und vielen zu kompliziert, berichtet Amthor. „Da greif ich lieber in den Kunstdüngersack und streu aus“, bekam er auf seinen Vorträgen zu hören. Also entwickelte er, angeregt durch im Kachelofenbereich verwendete Holzpellets, den bereits erwähnten Naturdünger in Pelletform.
Bakterien aus Dänemark
„Die Pellets enthalten organisches Material, Bakterien, Kohlenstoff und Mineralien und werden ein bis zweimal im Jahr ausgebracht“, beschreibt Amthor. Die Kohle wirkt in diesem Fall als Träger für die Mikroorganismen, um die Aktivierung und Herstellung von Terra Preta (portugiesisch: schwarze Erde) zu fördern. Die Bakterien selbst kauft er bei einem Labor aus Dänemark ein. In großen Tanks in seinen Räumen in Eußenheim setzt er dann die verschiedenen Lösungen an. Müssen die Bakterien für Pflanzen nur sieben Tage reifen, brauchen die für die Herstellung von Gesundheitsprodukten 18 Monate bis zur Reife.
Rund 40 Landwirte aus der Region nutzen laut Amthor bereits EMs. Vor allem aber Weingüter setzen auf die Hilfe der Organismen. Doch beim Verbraucher ist die Nützlichkeit der Effektiven Mikroorganismen noch nicht präsent. „Die Leute haben in erster Linie Angst vor Bakterien, dass sie Krankheitserreger sind“, sagt Jürgen Amthor. Von ihrem hohen Nutzwert und dem Einsatz auch in Lebensmitteln wüssten viele nicht – noch nicht. Denn das Interesse hat sich bereits in den letzten Jahren sehr verändert.
„Am Anfang ist vielleicht einmal pro Woche jemand in unser Geschäft in Eußenheim gekommen“, berichtet Amthor. Mittlerweile kommen täglich mehrere. „Immer mehr Menschen denken ökologisch, gerade wenn es um die Gesundheit geht“, so der Eußenheimer Unternehmer. Rund 5000 Kunden hat das Unternehmen insgesamt, viele davon kommen aus ganz Deutschland, einige aus dem Ausland. Ob der Preis viele abschreckt? „Unsere Produkte sind billiger als Blaukorn und so manches chemische Spritzmittel.“ Und ein Landwirt, der die Mikroorganismen selbst ansetzt und 60 bis 80 Liter pro Hektar pro Jahr braucht, liegt bei einem Euro pro Liter.
Neben der gerade erst wachsenden Bekanntheit von EM liegt für Jürgen Amthor das Problem eher in der Unwissenheit der Leute. „Viele haben die Folgeeffekte von chemischer Düngung für uns noch nicht erfasst“, sagt er. „Wenn wir unseren Boden gut füttern, haben wir auch gesunde Pflanzen, weitergesponnen somit auch gesunde Tiere und gesunde Menschen.“