Zwei Getränke sind mit dem Landkreis Main-Spessart seit Jahrhunderten fest verwurzelt: Die hervorragenden Weine von den Hängen des Mains und seiner Nebenflüsse und natürlich das heimische Bier, das von Arnstein im Osten bis nach Frammersbach im Westen mit zahllosen kleinen und größeren Brauereien die Getränkekultur bestimmt. Gut 20 davon hat es noch vor 50 Jahren im Landkreis gegeben, heute sind es noch zehn im Familienbesitz. Eine davon ist die Arnsteiner Benderbräu, die mittlerweile seit mehr als 300 Jahren in der zehnten Generation braut.

Dort spitzt vergnügt der Bierbrauer-Azubi Kevin Heger aus einem der riesigen, 100 Hektoliter fassenden Kupferkessel im Sudhaus der Arnsteiner Brauerei Bender. In seiner Lehrzeit muss er nicht nur lernen, gutes Bier zu brauen, sondern ist auch für Instandhaltung und Pflege der Anlage zuständig. Wenig später sieht man den jungen Mann an der Steuerungsanlage, die mit ihren Schaltern und kupfernen Rädern ein ganz klein wenig an Filme von Raumschiff Orion erinnert. Irgendwie ist das ein Symbol für Wandel und Bestand, für klassisches Handwerk und moderner Technik.

Alteingesessene Familienbrauereien in der Region
Die Arnsteiner Benderbräu ist eine der Familienbrauereien in der Region, die den Strukturwandel und das Brauereisterben überstanden hat. Die Seniorchefin Susan Schubert führt den Betrieb seit 1984 und kennt die Gründe dafür: "Das Wichtigste ist die Familie und deren Zusammenhalt - und die lange Tradition", sagt sie. Bei Bender laufen bei den jetzigen Brauereicheffinnen Schubert und deren Tochter Catherine von Schoen drei Familienstränge zusammen und alle haben mit den Braugewerbe zu tun.

Da ist die Linie der Henrich mit der weithin bekannten Marke "Henninger", die Familie Schubert und zuletzt die Nachfahren des Arnsteiner Firmengründers Georg Bender. Der 25-jährige Sohn eines Bierbrauers in Bad Windsheim ersteigerte 1885 den bestehenden Betrieb mit Gastwirtschaft und baute sie den Erfordernissen der damaligen Zeit um.
Ab 1914 nahm er seinen Sohn Max mit in die Geschäftsführung. Während Vater Georg den Arbeitsablauf in der Brauerei regelte, übernahm Max den Vertrieb, dessen Ehefrau Luise führte das "Bräustübl". Max Bender erweiterte die Firma durch den Aufkauf der Brauerei Schmidt, strukturierte den Gesamtbetrieb um und bot schon in den 1930er-Jahren alkoholfreie Getränke an. Nach den schweren Weltkriegsjahren, konnte er den Betrieb neu aufstellen und wieder Fuß fassen. Bis März 2021 gehörte auch die Privatbrauerei Michelsbräu aus Babenhausen in Hessen zur Familie Schubert.
Über ihre Mutter Lore Bender und dem Vater Günther Schubert fiel das Erbe des Großvaters Max an Susan Schubert und damit auch die Verantwortung für einen Betrieb, in dem heute 30 Mitarbeiter jährlich 30 000 Hektoliter Bier brauen und teilweise in fünf Millionen Flaschen abfüllen. Dazu kommen 15 000 Hektoliter an Wasser und Limo.
Viele Brauereien gaben in den vergangenen Jahrzehnten auf
In diese Zeit fiel der Aufstieg der Großbrauereien und damit der Überlebenskampf der kleinen Famlienbetriebe, von denen in den letzten 50 Jahren auf dem Gebiet des Landkreises Main-Spessart sieben zum Opfer fielen: Schmitt Steinfeld, Stumpf Lohr, Frankenbräu Karlstadt, Löwenbrauerei Karlstadt, Schwind-Bräu Hafenlohr und die Werntal-Bräu Gänheim . Das Bier der Bayer-Bräu Rothenfels wird heute in der Brauerei Thüngen gebraut.
Wie konnten die Arnsteiner gegen die Großkonkurrenz bestehen? Seniorchefin Schubert führt dazu mehrere Gründe an: "Natürlich muss das Bier gut sein und dann ist da noch die Nähe zum Kunden wichtig." Schubert verweist auch auf die erfolgreiche Kooperation mit der Braustation der Familie von Thüngen im Jahr 1998. Die neu geschaffene Marke "Herzog von Franken" hätte bestens Fuß gefasst. Das Bier werde in Thüngen gebraut und gemeinsam mit Arnstein vermarktet.

Um im Konkurrenzkampf zu bestehen, musste neben dem traditionellen Handwerk auch auf moderne Technik gesetzt werden. Heute gibt es eine automatische Bierfiltration und eine vollautomatische Flaschenreinigung. Während zur Gründerzeit der Benderbräu tiefe Felsenkeller hinter dem Betriebsgelände gemeinsam mit dem Eis aus dem eigens angelegten "Bendersee" für Kühlung sorgten, findet diese nun in verschiedenen riesigen Edelstahltanks unter automatischer Kontrolle statt.

Einer der wenigen traditionellen Felsenkeller des Landkreises ist in Marktheidenfeld beim Kleinstbrauer "Mäx" Markus Tauberschmitt. Der ist seit 31 Jahren Wirt des " Felsenkeller Zum Neuen Brauhaus 1816". Von 1809 bis 1811 wurde der Eiskeller von Steinhauern über 50 Meter per Hand in den Fels gehauen. Zur Belüftung gibt es noch heute zwei über 20 Meter hohe Entlüftungsschächte nach oben. In dem Gewölbe herrscht immer eine Temperatur von sieben bis acht Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent. Hier wurden das Bier, Lebensmittel und das im Winter im Main "geerntete" Eis gelagert. Es ist heute der größte Felsenkeller im Landkreis und der Spessart-Region.

Die Felsenkellerführungen von Mäx sind sehr beliebt, zumal es anschließend immer eine Brotzeit und Bierverkostung im Garten gibt. Das Bier braut Tauberschmitt übrigens in seiner Küche in einem 200 Liter fassenden Topf. Abgefüllt wird ausschließlich ins Fass, denn Flaschen lohnen sich nicht.

Die enge Verbundenheit mit den Kunden und den Zusammenhalt der Familie stellt auch Maria Martin von der Marktheidenfelder Martinsbräu in den Mittelpunkt. "Die Brauerei ist schon seit ihrer Gründung 1883 in der vierten Generation in Familienhand", sagt sie. Die fünfte Generation mit den Söhnen Luis und Veit sei schon fest eingebunden. Besonders stolz ist Maria Martin auf das traditionelle Handwerk, das in ihrer Braustätte gepflegt wird. Auch hebt sie das sehr gute Verhältnis der Familienbrauereien im Landkreis untereinander hervor.
Aktuell noch zehn Brauereien in Main-Spessart
Heute gibt es in Main-Spessart noch zehn gewerblich betriebene Braustätten. Die größten sind die Benderbräu Arnstein, die Martinsbräu Marktheidenfeld und die Waldschlossbrauerei Frammersbach. Dazu kommen Höpfl in Waldzell, die Gasthausbrauerei "Keiler" in Lohr, und die Spessartbrauerei in Kreuzwertheim. In Lohr-Halsbach machen die Goiklbräu und in Karlstadt-Stadelhofen die Pfarrbräu von sich reden. Hinzu kommt noch Kleinstbrauer "Mäx" Markus Tauberschmitt aus Marktheidenfeld und die Brauerei Thüngen, in der auch die Bayer-Bräu Rothenfels ihr Bier braut.
Markus Metzger, der Bierkenner und langjährige Berufsschullehrer an der Brauereischule Main-Spessart, wird mit seinem Brauhaus im Karlstadter Wurzgrund gelegentlich aktiv.
Einen sehr engen Bezug zum Brauwesen im Landkreis hat auch die Fränkische Malzfabrik "Frama" in Karlstadt. Um die Regionalität und kurze Lieferwege zu fördern, bezieht die Benderbräu ihr Malz aus der eigenen Mälzerei in Schweinfurt und die Gerste für den "Herzog von Thüngen" stammt ausschließlich von der Thüngenschen Domäne.
Bleibt also zu hoffen, dass der Azubi Kevin aus Arnstein noch lange Zeit brauen und einst als Braumeister am Schaltpult stehen kann.
Bier – ein Getränk mit TraditionSchon die ältesten Kulturvölker tranken den Gerstensaft: Ausgrabungen im Gebiet zwischen Euphrat und Tigris aus dem fünften Jahrhundert vor Christus geben Kunde vom Bier als einem Getränk, das schon damals sehr verbreitet gewesen ist. Ein altsumerischer Opfertisch um 2100 vor Christus zeigt ein Trinkopfer für die Göttin der Fruchtbarkeit. Diese Biere waren nicht mit den heutigen zu vergleichen. Zum Beispiel war es nicht so klar und blank, denn das Getreide blieb im Bier. Um die Rückstände beim Trinken nicht in den Mund zu bekommen, benutzten die Babylonier Trinkrohre. Natürlich war das Bier auch das Lieblingsgetränk der Germanen. Cornelius Tacitus berichtete, dass unsere Vorfahren riesige Trinkhörner in den Fäusten hielten, auf Bärenfellen lagen und Honigmet und Bier tranken. Bier, das aus Hirse, Gerste und Weizen gebraut wurde. Gewürzt wurde es mit Myrte, Eschenlaub und Eichenrinde, und um eine stärkere Rauschwirkung zu erzielen, setzte man dem Trank häufig den Honig der wilden Bienen zu.Der älteste Nachweis, dass Bier auf deutschem Boden gebraut wurde, stammt aus der Zeit 800 vor Christus und stützt sich auf die Funde von Bieramphoren der früheren Hallstattzeit. Bierbrauen war in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung ebenso wie das Brotbacken Sache der Frauen. Gelang ein Sud besonders gut, lud die „Dame des Hauses" ihre Nachbarinnen zum Bierkränzchen ein. Ein Brauch, aus dem später das Kaffeekränzchen entstand. Erst im Mittelalter wurde das Bierbrauen zum Gewerbe und damit eher zur Männersache. Im Jahr 1516 erließen die Bayerischen Herzöge das berühmte Reinheitsgebot für Bier.Quelle: Wikipedia
Zum Autor: Günter Roth war lange Lehrer im Werntal und ist mit der Heimatgeschichte vertraut. Er ist zudem stellvertretender Vorsitzender der Geschichtsfreunde Stetten.
Literatur: "300 Jahre Braukultur" Benderbräu 2007.
Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter https://www.mainpost.de/dossier/geschichte-der-region-main-spessart/