870 Jahre schon gibt es die Burg Rothenfels hoch über dem Main. Oft wird noch 1148 als ihr Gründungsjahr genannt, verbunden mit dem Namen Markward (Marquard) von Grumbach. So haben es auch Generationen von Schülern und Schülerinnen im Heimatkundeunterricht vermittelt bekommen. An der Gründung durch Markward II. von Grumbach gibt es keine Zweifel. Aber statt 1148 wird 1150 anzunehmen sein.
Zunächst etwas zum Gründer Markward, gestorben am 9. Februar 1171. Er gehörte zur Familie derer von Grumbach und Rothenfels. Die Besitzungen der Familie lagen verstreut, überwiegend im Maindreieck und Mainviereck. Urkundlich wird die Familie zumeist nach Burggrumbach (heute Teil von Unterpleichfeld bei Würzburg) genannt, seltener nach der Burg Rothenfels. Markward II. dürfte eine besondere Vertrauensstellung bei den Königen Konrad III. und Friedrich I. Barbarossa genossen haben.
Der Neustadter Abt war vom Burgenbau nicht begeistert
Das Gründungsjahr 1148 für die Burg Rothenfels nennt der Würzburger Chronist Lorenz Fries im mittleren 16. Jahrhundert. Laut Fries habe Markward II. die Burg als "Jagdhaus" getarnt gebaut. Inzwischen bezieht sich die Forschung auf eine Urkunde vom 8. Juli 1150, die im Original erhalten ist. Danach wollte Markward auf Grundbesitz des Klosters Neustadt am Main eine Burg erbauen, was dessen Abt Richard aber strikt ablehnte.
Als sich König Konrad für Markwards Vorhaben ausgesprochen hatte, blieb dem Neustadter Abt – bei einigen Zusagen Markwards – nichts anderes übrig, als den Bau zu akzeptieren. Weil König Konrad erst Mitte 1149 vom 2. Kreuzzug heimgekehrt war, konnte der Bau der Burg nicht 1148 begonnen worden sein. Markward II. fungierte als Vogt für das Kloster Neustadt, das heißt, als Verwalter und Schutzherr.
Aus der Zeit Markwards blieben bei der Burg Rothenfels der Bergfried, der Südturm, der Stumpf eines Rundturmes sowie Teile der Ringmauer erhalten. Die Geschichtsschreibung sieht die Gründung der Burg in Verbindung mit der Reichslandpolitik der Staufer. Es wird angenommen, dass der Main-Zoll von Neustadt am Main in der Hand Markwards gewesen und die Burg Rothenfels gerade deswegen nahe dem Kloster entstanden ist.

1243 starben die Grumbacher mit Albert von Grumbach in der männlichen Linie aus. Über Alberts Tochter Adelheid (Udelhilt), die mit Ludwig III. von Rieneck verheiratet war, ging die Burg Rothenfels an die Grafen von Rieneck. 1282 wird das Amt Rothenfels erstmals erwähnt, mit Sitz in der Burg. Nachdem die Grafen von Rieneck in der männlichen Linie ausgestorben waren, teilten sich das Haus Wittelsbach und das Hochstift Würzburg die Herrschaft über die Burg und den 1342 erstmals urkundlich erwähnten Ort Rothenfels.
1474 kaufte der Würzburger Fürstbischof alle Pfänder auf
Es folgten Verpfändungen und Teilverpfändungen. Fürstbischof Rudolf II. von Scherenberg konnte 1474 alle Pfänder auf Burg und Amt Rothenfels kaufen. Während der Säkularisation 1802/03 fiel das würzburgische Rothenfels samt Burg an das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, 1806 an das Fürstentum Aschaffenburg (1811 in das Großherzogtum Frankfurt eingegliedert), 1814 erfolgte der Übergang an Bayern.

Eigentümer der Burg blieb bis 1919 das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. 1917 hatte sich der Verein der Quickbornfreunde e.V. mit dem Ziel gegründet, eine Zentrale für den katholischen Jugendbund Quickborn zu errichten. Im Februar 1919 kaufte der Verein die Burg vom Fürsten Aloys zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg und begann, sie als Tagungsstätte und Jugendherberge auszubauen.
Zunächst war beabsichtigt, vom Fürsten ein Wiesen-Grundstück in Pflochsbach zu kaufen, um zelten zu können. Der Fürst bot an dessen Stelle die Burg an, die sich in einem baulich schlechten, sanierungsbedürftigen Zustand befand; manche sprachen von einer "halben Ruine". Schon im August 1919 veranstaltete man dort allerdings den 1. Deutschen Quickborntag.
Der Jugendbund Quickborn, hervorgegangen aus abstinenten Schülerzirkeln, nahm Jungen und Mädchen auf, die gemeinsame Treffen abhielten – für die damalige Zeit im katholischen Bereich höchst ungewöhnlich. Mit dem Umbau und der Sanierung der Burg wurde der Architekt Rudolf Schwarz beauftragt.

Vieles von dem, was heute im katholischen Gottesdienst selbstverständlich ist, wurde auf der Burg Rothenfels vorbereitet und erprobt. Verantwortung dafür trug besonders Romano Guardini, geboren am 17. Februar 1885 in Verona. 1886 zog die Familie Guardini nach Mainz. Dort erhielt Guardini auch am 28. Mai 1910 die Priesterweihe. Er war Professor für Religionsphilosophie und Christliche Weltanschauung in Berlin, Tübingen und München. Zur Erneuerung der katholischen Theologie im 20. Jahrhundert trug er wesentlich bei.
Romano Guardini war "Burgvater" auf Rothenfels
Guardini kam 1920 mit der Quickborn-Jugend in Kontakt und wurde bald ihr Mentor. Von 1927 bis 1934 übernahm Guardini die Leitung des Quickborn und war "Burgvater" auf Rothenfels von 1927 bis 1939.
Von der Burg aus gab Guardini der Liturgischen Bewegung entscheidende Impulse. Aus einer "abgelesenen" Liturgie, bei der hauptsächlich der Priester aktiv war und mit dem Rücken zum Volk stand, sollte eine lebendige Feier werden: Neue liturgische Formen wurden ausprobiert, die Volkssprache Deutsch drängte Latein zurück. Die Gläubigen bildeten mit dem Zelebranten einen Kreis als "Tischgemeinde".

Die Burgkapelle wurde von Rudolf Schwarz in Abstimmung mit Romano Guardini dem klaren Stil des "Bauhaus" folgend und den Reform-Ideen entsprechend gestaltet. Schon 1922 hatte Guardini beim 4. Deutschen Quickborntag die Eucharistie dem Volk zugewandt gefeiert und nicht vom Volk abgewandt. So wurde Guardini zu einem Wegbereiter der Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965). Der Theologie war als Mitglied der Liturgie-Kommission des Konzils vorgesehen, konnte diese Aufgabe aber krankheitsbedingt nicht mehr wahrnehmen. Guardini starb am 1. Oktober 1968.
Doch zurück in die Mitte der 1930er Jahre und zur Burg Rothenfels: Die "Machtergreifung" der Nationalsozialisten 1933 machte sich auch auf der Burg bemerkbar. Sie wurde zeitweise als Lager des Reichsarbeitsdienstes besetzt. Die Arbeit als christliche Tagungsstätte wurde unter Erschwernissen fortgeführt. Der Verein der Quickbornfreunde löste sich aus taktischen Gründen selbst auf und gründete sich als katholischer Abstinentenverein neu.
Die Burg wurde von NS-Behörden beschlagnahmt
Im August 1939 wurden die Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels und der Bund Quickborn wegen "volks- und staatsfeindlicher Tätigkeit" verboten. Die Burg wurde von den NS-Behörden beschlagnahmt. Sie dienten nun als Lager für Umsiedler und Flüchtlinge. Flüchtlingslager blieb sie auch nach dem Ende des 2. Weltkrieges 1945.
1946 konnte sich der Bund wieder konstituieren. Die Auflösung der Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels wurde für Unrecht erklärt und die Vereinigung wieder in das Vereinsregister eingetragen. In einigen gemieteten Flügeln der Burg begann die Tagungsarbeit neu. Nach langen Verhandlungen gelang 1950 die Rückgabe der Burg durch den Freistaat Bayern an die Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels. Zwei Jahre später erfolgten die endgültige Freigabe und die Auflösung des Flüchtlingslagers.
Die Gebäude wurden in den folgenden Jahren und Jahrzehnten für Tagungszwecke und als Jugendherberge renoviert, saniert und erweitert – um die Burg Rothenfels auch 870 Jahre nach ihrer Gründung als lebendigen Ort erfahren zu können.
Zum Autor: Dr. Michael Deubert ist seit 1995 Vorsitzender des Historischen Vereins Marktheidenfeld und Umgebung. Von Beruf ist er Verwaltungsjurist am Landratsamt Main-Spessart.
Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter www.mainpost.de/geschichte_mspL.
Literatur: Kolb, Peter: Rothenfelser Chronik, Echter Verlag, Würzburg 1992, S. 17-48. Mogge, Winfried: "Dies uralt Haus auf Felsengrund". Rothenfels am Main: Geschichte und Gestalt einer unterfränkischen Burg, Verlag Könighausen & Neumann, Würzburg 2012
