Die Vorfreude wird nur von einer Annehmlichkeit übertroffen: „Es ist ein super Gefühl, dass ich hinterher nicht aufräumen muss“, sagt Barbara Höfling. Sie und ihr Mann Jürgen feiern ihren 19. Hochzeitstag – mit Trauzeugen und Privatkoch Müller. „Essen gehen kann doch jeder“, sagt Jürgen Höfling. Zu seinem Hochzeitstag wollte das Paar aber etwas Besonderes, etwas, das eben nicht jeder macht.
Übernahme der Küche
Letzte Instruktionen in der Küche: „Vorsicht, die Sahne im Kühlschrank ist offen. Und mit diesem Knopf bedient man diese Platte. Das Geschirr ist dort oben . . .“ Es dauert fünf Minuten, bis die Hausherrin merkt, dass sie überflüssig ist. Müller hat die Küche in Beschlag genommen. Töpfe stapeln sich, Kartoffeln und Bohnen stehen schon auf dem Herd, der Blattsalat ist gewaschen und wartet darauf, mit duftendem Holunderdressing verfeinert zu werden.
Eigentlich ist Müller Chefkoch in der Klosterküche der Gemündener Kreuzschwestern. „Die Geschäftsidee kam, als ich während der Fußballweltmeisterschaft bei Feinkost Käfer für VIPs gekocht habe“, sagt der Gemündener. Er lacht und schnippelt, erzählt und arbeitet an drei Speisen gleichzeitig.
Überlegen muss er dabei nicht. Kochen ist sein täglich Brot und auch das Witzemachen: „Auch wenn ich täglich für 280 Leute koche – ich kann auch noch die gehobene Küche“, sagt er schmunzelnd. Blattsalat in Holunderdressing mit gratiniertem Ziegenkäse, Jakobsmuscheln auf Orangennudeln, Lammfilet an Bohnen-Speck-Stapel mit gefüllten Kartoffeln und Karamelpudding mit frischen Beeren stehen heute auf dem Speiseplan.
Im Wohnzimmer vergnügen sich das Ehepaar Höfling und seine Trauzeugen beim Erdbeersekt. Gelächter dringt in die Küche. Jürgen Höfling überlegt, wie viele Haare er seit der Hochzeit verloren hat. Die Trauzeugin erinnert sich an die Schlauchbootfahrt kurz vor der großen Feier, und Barbara Höfling schickt die Kinder wieder auf ihre Zimmer. Die haben schon gegessen – ihre Lieblingsspeise Grießbrei. Für Jakobsmuscheln hätten sie wahrscheinlich wenig übriggehabt.
„Die Idee war, keinen Partyservice aufzumachen, sondern wirklich zu den Leuten nach Hause zu gehen“, sagt Müller. Während die Jakobsmuscheln in der Pfanne dünsten, schält er Orangen ab. Müller liebt es, auch ausgefallene Dinge zu kochen. Und wer lädt schon einen Koch ein, der Kartoffeln und Spinat serviert? „Das Schwierigste ist nicht das Kochen, sondern die Umstellung auf eine andere Küche“, erklärt der Profi. Deswegen bringt er die meisten Zutaten und ein eigenes Kochbesteck mit. Bevor er einem Kunden zusagt, gibt es eine kostenlose Beratung: Wie sieht die Küche aus? Wie viel Platz ist vorhanden? Wie viele Gäste sollen kommen? Das Menü erstellen die Kunden selber, Müller berät oder macht auf Wunsch Vorschläge.
Die Stimmung steigt
Holunderdressing kannte Jürgen Höfling noch nicht. „Lecker“, ruft er in die Küche hinein. Zur Vorspeise gibt es Rotwein und die Stimmung ist ausgelassen. Noch ein Vorteil: Wenn der Koch nach Hause kommt, muss niemand Auto fahren. Man braucht keinen Babysitter und auch um dem Hund muss man sich keine Sorgen machen. Außerdem feiert es sich geselliger – am Nebentisch sitzt keiner, der zuhört. Die Höflings stoßen mit ihren Trauzeugen auf weitere 19 Jahre an. Und Jürgen Höflings Gedanken sind mittlerweile vom Haarverlust zum Alter seiner Tochter gewandert: „Ist das schon so lange her?“
„Das Schwierigste ist nicht das Kochen, sondern die Umstellung auf eine andere Küche“
Friedrich Müller Privatkoch
Müller hört das alles nicht. Er kocht für seine Kunden in lockerer Atmosphäre – bei Geburtstagen, Hochzeitstagen oder Firmenfesten – und er kocht für Kunden, die gehobene Etikette wünschen. Müller schenkt den Wein ein, serviert, erklärt die einzelnen Speisen und hält sich dezent im Hintergrund.
Während im Wohnzimmer das Lamm verspeist wird, putzt er die Küche. Gelernt hat der Koch seinen Beruf im ehemaligen Würzburger Hofbräu in Kitzingen. Anfang der neunziger Jahre ging er nach Kapstadt und kochte ein Jahr lang im berühmten Mount Nelson Hotel. „Die schlimmste Vorstellung, ist, dass etwas schief geht“, sagt er über den Job als Privatkoch. Hier gibt es keinen doppelten Boden, keine Ersatzspeisen, wenn zum Beispiel etwas anbrennt. Passiert ist das allerdings noch nie. „Es darf nicht“, sagt Müller und drapiert Brombeeren und Preiselbeeren auf das Dessert. Die Höflings fachsimpeln derweil über „Kochgemeinschaften im Alter“: „Es wäre doch prima, wenn wir das einmal in der Woche machen könnten.“
Müller hat erreicht, was er wollte: „Ich bin glücklich, wenn die Leute zufrieden sind“, hatte er vor zwei Stunden gesagt. Das sind sie. Jürgen Höfling hat inzwischen Haare und Alter vergessen: „So ein Service zu Hause ist wirklich schön und wenn ich gewollt hätte, hätte ich auch einen Jogginganzug anziehen können.“ Da lacht seine Frau Barbara. „Ganz bestimmt nicht . . .“, dringt es bis in die Küche.
Kontakt: Friedrich Müller, Tel. (0 93 51) 10 72.