Die Staatsanwaltschaft München will Ermittlungen in der Affäre Günther Felbingers einleiten. Der unterfränkische Landtagsabgeordnete hatte, wie berichtet, am Dienstag Selbstanzeige wegen des möglichen Missbrauchs der steuerfreien Mitarbeiterpauschale erstattet. Er selbst war am Mittwoch für keine weiteren Stellungnahmen erreichbar – wohl aber seine politischen Weggefährten.
Am Dienstag hatte Felbinger in einer E-Mail die unterfränkischen Bezirksvorstandsmitglieder von seinen Verfehlungen und der Selbstanzeige gegenüber dem Landtagsamt und der Staatsanwaltschaft informiert und angekündigt, wegen „des laufenden Verfahrens“ keine weiteren Stellungnahmen abgeben zu wollen. Zur Affäre des Freie-Wähler-Landtagsabgeordneten aus Langenprozelten (Lkr. Main-Spessart) befragte die Redaktion am Mittwoch politische Weggefährten:
Hans Jürgen Fahn, stellvertretender Bezirksvorsitzender der Freien Wähler und Landtagsabgeordneter aus Erlenbach (Lkr. Miltenberg): Er habe für Freitag, 6. November, eine Sitzung des Bezirksvorstands einberufen, bei der unter anderem geklärt werden soll, ob tatsächlich, wie von Felbinger zugegeben, Gelder aus seiner steuerfreien Mitarbeiterpauschale an den Bezirksverband der Wählervereinigung geflossen sind. Von den sogenannten Werkverträgen darüber habe er, Hans Jürgen Fahn, keine Ahnung. Dass „nicht alles korrekt“ gelaufen sei, darüber habe Felbinger ihn erst in der oben genannten Rundmail am Dienstag um 13.19 Uhr informiert und sich dafür entschuldigt.
Tamara Bischof, stellvertretende Bezirksvorsitzende der Freien Wähler Unterfranken und Landrätin von Kitzingen: Am Montag habe Günther Felbinger sie informiert über „seine Fehler und die Konsequenzen und Schritte, die er einleiten wird“. Die Affäre habe sie völlig überrascht, sagt Tamara Bischof, denn sie habe den Abgeordneten immer als sehr pflichtbewussten und engagierten Menschen erlebt. „Seine Arbeit ist hoch anerkennenswert, für die ich ihm größten Respekt zollen muss.“ Für die Freien Wähler sei der Vorgang „natürlich unerfreulich“.
Thomas Schiebel, Gesamtvorstandsmitglied der Freien Wähler Gemünden und Landrat von Main-Spessart: „Ich warte vor einer Stellungnahme ab, was das Verfahren des Landtagsamts und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach der Selbstanzeige Günther Felbingers ergeben.“ Zur Frage, ob seiner Meinung nach Felbinger das Landtagsmandat behalten könne, sagt Schiebel: Sollten Konsequenzen angezeigt sein, gehe er davon aus, dass Günther Felbinger selbst die Größe haben werde, diese zu ziehen. Der Abgeordnete habe ihn am vergangenen Sonntag über die bevorstehende Selbstanzeige informiert, es habe jedoch keine näheren Informationen und auch keine weiteren Gespräche innerhalb der örtlichen FW-Verbände gegeben.
Armin Grein (Marktheidenfeld), Altlandrat Main-Spessart und Bezirksrat über Felbinger: „Ich hätte nie gedacht, dass ihm so etwas passiert.“ Auch Grein will vor einer Stellungnahme das Ermittlungsverfahren abwarten, gibt aber zu, dass die Angelegenheit „für die Freien Wähler nicht sonderlich erfreulich ist“. Der Gründer-Vater der Freien Wähler auf Bundesebene konstatiert: „Ich habe immer gepredigt: Wir sind anders als die anderen.“
Helga Schmidt-Neder, Bürgermeisterin von Marktheidenfeld und Vorsitzende der Kreistagsfraktion der Freien Wähler Main-Spessart, will zum laufenden Verfahren keine Stellung nehmen. Sie dementiert, dass Felbinger seinen Rückzug aus der Kreistagsfraktion angeboten habe. Schmidt-Neder kündigte allerdings an, dass sich die Freien-Wähler-Kreisräte treffen wollen, um über Felbinger zu beraten.
Martin Göbel, Gesamtvorstandsmitglied der Freien Wähler Gemünden und Bürgermeister von Karsbach: „Ich bin genauso schockiert, wie alle anderen auch.“ Erfahren von der Affäre habe er erst am Dienstagnachmittag um 16 Uhr durch Medienberichte. Was Günther Felbinger bis jetzt eingestanden habe, „ist für mich nicht nachvollziehbar“. Er schätze den ihm gut bekannten Abgeordneten, der fleißig sei und für den Landkreis Main-Spessart und die Region auch schon viel erreicht habe. Zur Frage nach möglichen Konsequenzen meint Martin Göbel, es sei zunächst abzuwarten, „wie die Sache vom Landtagsamt und von der Staatsanwaltschaft bewertet wird, welches Fehlverhalten vorliegt“.
Er bedaure Günther Felbinger, für den die nächste Zeit „sehr schwierig“ werde.
Hiltrud Zadra, Vorsitzende von Felbingers Freie-Wähler-Ortsverein Gemünden: Von der Affäre habe sie erst am Mittwochmorgen aus der Zeitung erfahren – „und war erschüttert“. Positiv findet Zadra, dass Günther Felbinger Selbstanzeige erstattet hat und folglich selbst eine Aufklärung wolle und er außerdem die nicht wie vorgesehen verwendeten Mittel zurückgezahlt habe. Ein Urteil über das prominente Mitglied „steht mir weder als Vorsitzender noch als Mensch zu“, zumal sie auch noch nicht mit Felbinger geredet habe. Wenn das gesehen sei, wolle sie eine Vorstandssitzung einberufen und auch die Mitglieder in einem Rundschreiben informieren. Hiltrud Zadra betont, dass die „juristisch relevanten Unregelmäßigkeiten“ den Ortsverein nicht betreffen. Man solle bei einer Bewertung nicht vergessen, was Felbinger für die Stadt Gemünden, den Kreis, den Bezirk und das Land geleistet habe.
Ursula von Hahn, langjährige Funktionärin der Freien Wähler/Freien Bürger Gemünden, ehemalige Kreisrätin und Dritte Bürgermeisterin: „Ich bin noch etwas sprachlos. Ich kann mir so etwas (Missbrauch der Mitarbeiter-Pauschale) bei Günther Felbinger überhaupt nicht vorstellen, aber ich bin immer gegen Vorverurteilung.“ Selbstbereicherung schließe sie bei Felbinger aus. „Warten wir erst mal ab, was kommt!“